Die Zahl der Toten nach den Erdbeben im syrisch-türkischen Grenzgebiet steigt auf über 20.000. Helfer und Retter tun ihr Möglichstes. Doch die Hoffnung schwindet.
Die Rettung von Erdbebenopfern in der Türkei und Syrien dauert an. Doch es gibt Lichtblicke: Ein Zweijähriger und eine 76-jährige Frau wurden aus den Trümmern lebend geborgen.
Mehr als drei Tage nach dem katastrophalen Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet schwindet die Hoffnung auf Überlebende - und die Zahl der Toten steigt unaufhörlich. Tausende Gebäude waren durch die Erdstöße in der Türkei und Syrien eingestürzt - unter den Trümmern werden noch zahllose Opfer vermutet. Bislang sind mehr als 20.000 Tote gemeldet worden. Hinzu kommen um die 70.000 Verletzte.
Die Rettungskräfte kämpfen gegen die Zeit. Mit jeder Stunde, die verstreicht, sinken die Chancen, noch Lebende unter den Trümmern zu finden. Mehr als 100.000 Helfer sind in der Türkei nach Regierungsangaben im Einsatz. Sie werden von Suchhunden unterstützt. Die kritische Überlebensgrenze liegt laut Experten normalerweise bei rund 72 Stunden, also etwa drei Tagen.
Nach den schweren Beben auch in Syrien kommt Hilfe dort sehr zögerlich an. Nur ein Grenzübergang zur Türkei ist offen. Hilfslieferungen sind wegen der politischen Lage dort schwer umzusetzen.
Am frühen Montagmorgen hatte ein Beben der Stärke 7,7 das türkisch-syrische Grenzgebiet erschüttert. Montagmittag folgte dann ein weiteres Beben der Stärke 7,6 in derselben Region.
Es gebe inzwischen 17.134 Tote allein in der Türkei, sagte am Donnerstag Präsident Recep Tayyip Erdogan laut der Nachrichtenagentur Anadolu. Aus Syrien waren zuletzt mindestens 3.317 Tote gemeldet worden.
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Rettungsarbeiten in Syrien weiter schwierig
Im Nordwesten Syriens bleibt die Rettung von Menschen auch drei Tage nach der Erdbebenkatastrophe wegen des Mangels an Ausrüstung eine Herausforderung.
In Adana, eine der größten Städte im Süden der Türkei, hat das Beben viele Opfer gefordert. Für die Überlebenden gibt es in den bitterkalten Nächten kaum Zelte und Decken.
"Es fehlt uns am Wesentlichen. Wir brauchen große Kräne, um große (Trümmer-)Brocken zu beseitigen. Wir brauchen schwere Ausrüstung, um mit dieser Tragödie umzugehen", sagte Munir Mustafa, stellvertretender Leiter der Rettungsorganisation Weißhelme. Ubadah Sikra, der die Rettungseinsätze bei den Weißhelmen koordiniert und inzwischen selbst mit anpackt, berichtet:
Sikra weiter: "Einige Freiwillige weigern sich, eine Pause zu machen, weil sie versuchen wollen, mehr Leben zu retten." Einige der Freiwilligen würden auch Freunde und Angehörige aus den Trümmern ziehen.
Dem Sender TRT World zufolge konnten in der Türkei bislang etwa 8.000 Menschen aus den Trümmern gerettet werden. Eine Reporterin des Fernsehkanals berichtete über den verzweifelten Kampf gegen die Zeit: "Die Retter weigern sich aufzugeben." Aber die Momente der Freude über eine weitere Rettung würden immer seltener.
Vielerorts ist Hilfe angelaufen. Auch in Hamburg haben Helfer Transporte organisiert, die Lebensnotwendiges in das Katastrophengebiet an der türkisch-syrischen Grenze bringen.
Mutter und sechsjährige Tochter aus Trümmern gerettet
Trotzdem gibt es noch immer kleine Erfolgsmeldungen: Deutsche und britische Helfer befreiten etwa in der Nacht zu Donnerstag in der türkischen Stadt Kahramanmaras eine Mutter und ihre sechsjährige Tochter aus den Trümmern eines eingestürzten Hauses. Das teilte die Hilfsorganisation @fire in Wallenhorst bei Osnabrück mit. Die Organisation ist nach Angaben ihres Sprechers Sebastian Baum mit insgesamt 40 Helfern aus ganz Deutschland und dem angrenzenden Ausland in der Erdbebenregion tätig. Zuvor seien bereits am frühen Mittwochmorgen zwei Menschen von @fire-Helfern gerettet worden.
Mutter und Kind seien in den Trümmern des Hauses geortet worden. Fast 20 Stunden hätten sich die Helferinnen und Helfer von @fire und der britischen Organisation Saraid durch die Trümmer gearbeitet, berichtete Baum. Bei Minustemperaturen drohten Mutter und Kind zu erfrieren.
"In der derzeitigen Situation, wo es auf Schnelligkeit ankommt, sind Geldspenden das Wichtigste, weil jetzt die Organisationen schnell handeln können", sagt Dagmar Pruin, Diakonie Katastrophenhilfe.
Erste Bundeswehr-Flüge gestartet
Die ersten drei Hilfsflüge der Bundeswehr starteten am Donnerstag vom niedersächsischen Wunstorf aus in die Türkei. Die drei Flugzeuge vom Typ Airbus A 400M waren mit insgesamt 50 Tonnen Hilfsgütern beladen, darunter knapp 2.000 Feldbetten, Schlafsäcke und Decken. Auch Zelte, Heizgeräte und Isomatten wurden in das Krisengebiet gebracht.
Die türkische Regierung habe Materialien zur Unterbringung der vom Erdbeben betroffenen Bevölkerung bei der Bundesregierung angefordert, sagte der Präsident des THW, Gerd Friedsam. Zuvor waren schon Teams verschiedener Hilfsorganisationen in die Türkei geflogen.
- "Grenzübergänge müssen geöffnet werden"
Die Erdbeben-Hilfe für Nordsyrien stellt sich schwierig dar. Die Menschenrechtsbeauftragte Amtsberg appelliert im ZDF an Assad. Auch Außenministerin Baerbock macht weiter Druck.