Europawahl: Mannheim, die Angst vor Migration und die AfD

    Einfluss auf Europawahl?:Mannheim, die Angst vor Migration und die AfD

    Katja Belousova
    von Katja Belousova
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    Die tödliche Messerattacke in Mannheim kurz vor der EU-Wahl hat Wähler laut eigener Aussage beeinflusst. Gibt es einen Zusammenhang zum AfD-Erfolg? Und welche Rolle spielen Medien?

    Junge Wähler und die AfD
    Bei der Europawahl erreichte die AfD 17 Prozent der Stimmen der 16- bis 24-Jährigen in Deutschland. Woran liegt das?17.06.2024 | 5:05 min
    Auch eine Woche nach den Ergebnissen der Europawahl in Deutschland steht eine Frage im Raum: Was sind die Gründe, dass ausgerechnet die AfD so starke Zuwächse feiern konnte?
    Ein zentraler Grund, der immer wieder als Erklärung genannt wird, ist die Diskussion über Migration. Je heftiger und häufiger über das Thema debattiert wird, desto eher profitiert die AfD. Vor allem, wenn Kriminalität hinzukommt.

    Mannheim - Einfluss auf den AfD-Erfolg?

    Im ZDF erklärte sich ein junger Mann in Rheinland-Pfalz den AfD-Erfolg auch damit, "dass es in Deutschland mehr kriminelle Fälle in letzter Zeit gegeben hat und die AfD sich ja dahingehend einsetzen möchte". Ein anderer ergänzte: "Dieser Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, war auch in Mannheim."
    Gegenüber dem "Spiegel" brachte es ein Jungwähler noch konkreter auf den Punkt: "Das Attentat in Mannheim war für mich ausschlaggebend: Ich habe aus Protest gegen die aktuelle Migrationspolitik die AfD gewählt."
    Kerzen und Blumen liegen am Marktplatz in Manngeim an der Trauerstelle für den getöteten Polizisten.
    Tausende verabschiedeten sich heute in Mannheim von Rouven Laur. Der Polizist wurde bei einer Messerattacke am Mannheimer Marktplatz vor zwei Wochen tödlich verletzt. 14.06.2024 | 1:25 min

    Wahlforscherin: AfD spielt mit Ängsten

    Wahlforscherin Andrea Römmele sieht dabei durchaus einen Zusammenhang zwischen Berichterstattung über Ausländer-Kriminalität und AfD-Erfolg: "Besonders anfällig sind natürlich diejenigen, die keine klare Parteipräferenz haben. Und das sind immer mehr Menschen, die sich noch nicht darüber im Klaren sind, was sie wählen", erklärt Römmele, die als Professorin an der Hertie School in Berlin lehrt.
    Es sei nicht so sehr die Tat an sich, als vielmehr die Frage nach den Verantwortlichkeiten, die dabei eine Rolle spiele.

    Hätte der Täter schon früher ausgewiesen werden müssen, können, sollen? Hat die Politik hier was verpasst? Und damit einhergehend kommt es dann zu Ängsten.

    Andrea Römmele, Hertie-School Berlin

    Mit diesen Ängsten spiele die AfD, erklärt Andrea Römmele.
    Amtl. Endergebnis
    Vorl. amtl. Ergebnis
    Gewinne und Verluste
    Gewinne und Verluste
    Sitzverteilung
    Europawahlen seit 1979
    Wahlbeteiligung
    Bisheriges Europaparlament Sitzverteilung
    Neues Europaparlament: Vorläufige Ergebnisse
    Bewertung von Spitzenpolitikern
    Bewertung der Parteien
    Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP ...
    Die AfD wird hauptsächlich gewählt wegen ...
    Allgemeine wirtschaftliche Lage in Deutschland
    Im Vergleich zu den westeuropäischen  Nachbarn geht es Deutschland wirtschaftlich ...
    Wichtiger für meine Wahlentscheidung: Politik in ...
    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ...
    Die wichtigsten Probleme der EU
    Die EU-Mitgliedschaft bringt für die Bevölkerung in Deutschland eher ...
    Im Bereich ... ist die EU für uns wichtig:
    Erfolge für EU-kritische und rechtspopulistische Parteien sind ein großes Problem für die EU:
    Wen wählten die ...
    Wen wählten die ...
    Wer wählte die CDU/CSU
    Wer wählte die Grünen
    Wer wählte die SPD
    Wer wählte die AfD
    Wer wählte die Linke
    Wer wählte die FDP
    Wer wählte das BSW
    Wer wählte die CDU/CSU
    Wer wählte die Grünen
    Wer wählte die SPD
    Wer wählte die AfD
    Wer wählte die Linke
    Wer wählte die FDP
    Wer wählte das BSW
    Wer wählte die CDU/CSU
    Wer wählte die Grünen
    Wer wählte die SPD
    Wer wählte die AfD
    Wer wählte die Linke
    Wer wählte die FDP
    Wer wählte das BSW

    Flucht und Migration als Sicherheitsrisiko?

    Zu dieser Angst würde auch die mediale Debatte beitragen, erklärt Thomas Hestermann, Professor für Journalismus an der Hochschule Macromedia in Hamburg. "Als Medienwissenschaftler beobachte ich die Strukturen der Berichterstattung. Sie zeigen, wie vermehrt über Nichtdeutsche unter Tatverdacht berichtet wird", erklärt er ZDFheute.

    Es ist naheliegend, dass diese Berichte das Gefühl von Unsicherheit schüren und dass Menschen vermehrt Flucht und Migration als Sicherheitsrisiko empfinden.

    Thomas Hestermann, Hochschule Macromedia Hamburg



    Eine Auswirkung auf das Wahlverhalten lasse sich aber nur schwer messen. Denn wie Menschen Ereignisse einordnen, sei sehr individuell. "So zeigt beispielsweise die Dunkelfeldforschung des Bundeskriminalamts, dass sich Menschen in den östlichen Bundesländern stärker gefährdet sehen als Menschen in den westlichen Bundesländern", sagt Hestermann.

    Dieses Sicherheitsgefühl korrespondiert aber vielfach nicht mit der Kriminalstatistik.

    Thomas Hestermann, Hochschule Macromedia Hamburg

    Polizeiliche Kriminalstatistik 2023 vorgestellt
    Die steigende Ausländerkriminalität löste eine Debatte über die Migrationspolitik aus. Innenministerin Faeser kündigt ein härteres Vorgehen und konsequentere Abschiebungen an. 09.04.2024 | 2:52 min

    Medienforscher: Verzerrung in Fernsehbeiträgen

    Seit Jahren untersuchen Hestermann und sein Team die Berichterstattung über Gewaltkriminalität in Deutschland. Dabei beobachtet er eine "deutliche Veränderungen der Haltung zu Flucht und Einwanderung".

    Die Redaktionen spiegeln sehr stark die gesellschaftliche Stimmung mit all ihren Schwankungen wider.

    Prof. Dr. Thomas Hestermann, Hochschule Macromedia Hamburg

    Darauf basierend erklärt Hestermann, dass ...
    • 2014 die Herkunft von Tatverdächtigen in der Berichterstattung "praktisch keine Rolle" gespielt habe - mit der Kölner Silvesternacht 2015 habe sich das verändert.
    • 2017 die Herkunft von Tatverdächtigen in jedem sechsten Fernsehbeitrag zu Gewaltkriminalität erwähnt wurde. "Gegenüber 2014 hat sich der Anteil nahezu vervierfacht", so Hestermann.
    • 2019 fast jeder dritte Fernsehbeitrag zu Gewaltkriminalität auf die Herkunft der Tatverdächtigen verwiesen habe.
    Dabei lasse sich eine Verzerrung mit Blick auf die Kriminalstatistik beobachten. "2019 erfasste die Polizei mehr als doppelt so viele deutsche wie ausländische Tatverdächtige. Im Fernsehen hingegen kamen 2019 mehr als acht ausländische auf einen deutschen Tatverdächtigen", fasst Hestermann zusammen.

    2023 wurde die Herkunft wieder seltener genannt, doch weiterhin vor allem bei ausländischen Tatverdächtigen.

    Thomas Hestermann, Hochschule Macromedia Hamburg

    Ein Jugendlicher in grünem Pulli steht in einer U-Bahn-Haltestelle mit dem Rücken zur Kamera. Um ihn herum stehen drei Polizisten.
    Im Winter die Silvesternacht, im Sommer Freibad-Prügeleien. Jenseits solcher Ereignisse zeigen neue Zahlen: Gewalt ist unter Jugendlichen wieder akzeptierter.03.08.2023 | 43:05 min

    Wann ist die Nationalität tatrelevant?

    Daraus zu schlussfolgern, dass man gar nicht mehr über Gewalttaten ausländischer Bürger berichten solle, sei dabei "keine Lösung und völlig berufsfremd", sagt Hestermann.
    "Daher wäre meine Empfehlung: Die Nationalität grundsätzlich nicht nennen, außer wenn sie wirklich tatrelevant ist - das ist allerdings fast nie der Fall. Oder sie immer nennen. Dabei Verzerrungen vermeiden", fordert der Medienforscher.

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