Finnland vor Wahl-Krimi: Warum Sanna Marin um ihr Amt bangt

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    Finnland vor Wahl-Krimi:Warum Sanna Marin um ihr Amt bangt

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    Finnland wählt ein neues Parlament. Dass Sanna Marin weiter Regierungschefin im angeblich glücklichsten Land der Welt bleibt, ist alles andere als sicher. Was Sie wissen müssen.

    Finnland wählt an diesem Sonntag ein neues Parlament. Dabei wird über den Fortbestand der Mitte-Links-Regierung von Ministerpräsidentin Sanna Marin entschieden. Die wichtigsten Informationen zu der Wahl:

    Tritt Finnland der Nato bei?

    In einer historischen Kehrtwende gab Finnland im Mai 2022 seine Politik der militärischen Bündnisneutralität auf und beantragte den Beitritt zur Nato. Jahrzehntelang hatten nur 20 bis 30 Prozent der Finninnen und Finnen eine Mitgliedschaft in der westlichen Allianz befürwortet. Das änderte sich durch den Ukraine-Krieg - danach stieg die Zustimmung auf über 75 Prozent.
    Die nationale Sicherheit war ein zentrales Wahlkampfthema, dabei herrscht über den Nato-Beitritt allerdings breiter Konsens. Finnland und Russland teilen eine 1.300 Kilometer lange Grenze. Am Donnerstag stimmte die Türkei als letztes Nato-Mitgliedsland dem Beitritt Finnlands zu.

    Sanna Marin: Polit-Star für die einen, Amateurin für die anderen

    Bei ihrem Amtsantritt 2019 war Marin mit 34 Jahren die jüngste Regierungschefin der Welt. Die Sozialdemokratin entwickelte sich seither zum weltweiten politischen Superstar. Doch die Finnen sind geteilter Meinung über Marin: Die einen loben sie als Krisenmanagerin, die Finnland souverän durch die Corona-Pandemie und den Nato-Beitrittsprozess geführt habe.
    Andere kritisieren ihr angeblich unangemessen jugendliches Verhalten - vor allem seit im August 2022 Videos einer ausgelassen tanzenden Marin im Internet auftauchten.

    Finnland wählt
    :Drei Parteien fast gleichauf an der Spitze

    Am 2. April wird in Finnland ein neues Parlament gewählt. Die Fünf-Parteien-Koalition mit Sozialdemokratin Sanna Marin an der Spitze könnte abgewählt werden.
    von Heike Kruse
    Frauen mit Kinderwafen gehen an Wahlpalkate vorbei

    Kopf-an-Kopf-Rennen mit rechten Parteien

    Die jüngsten Umfragen sahen Marins Sozialdemokraten (SDP) in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit zwei rechten Parteien. Die SDP, die Mitte-Rechts-Partei Nationale Koalition und die zuwanderungsfeindliche populistische Partei Die Finnen lagen demnach bei jeweils etwa 20 Prozent.
    Die Zentrumspartei, derzeit einer von Marins Koalitionspartnern, hat signalisiert, nicht mehr unter Führung der Sozialdemokratin weiter regieren zu wollen. Marin könnte damit für eine Mehrheit auf die Unterstützung der Nationalen Koalition angewiesen sein - eine in der konsensorientierten finnischen Politik durchaus übliche Zusammenarbeit. Die Nationale Koalition könnte aber auch eine Rechtsregierung mit der Partei Die Finnen bilden.
    Riikka Purra
    Riikka Purra und ihre Partei "Die Finnen" wollen verbesserte Bedingungen für finnische Bürger. (Archivbild)
    Quelle: ZDF

    Migration und Schulden als Wahlkampf-Schwerpunkte in Finnland

    SDP und Nationale Koalition verbindet die Ablehnung der Anti-Migrations-Politik der Partei Die Finnen. Mit Verweis auf massive Bandengewalt im Nachbarland Schweden lehnen die Populisten Einwanderung ab - für Marin eine "offen rassistische" Position. Die Nationale Koalition hält Zuwanderung für notwendig, um der Überalterung der finnischen Bevölkerung entgegenzuwirken.
    In der Wirtschaftspolitik vertreten SDP und Nationale Koalition jedoch gegensätzliche Positionen. Die Nationale Koalition wirft Marins Regierung unverantwortlich hohe Ausgaben vor. Bei Amtsantritt 2019 lag die finnische Schuldenquote noch bei rund 64 Prozent des BIP - Corona und die Folgen des Ukraine-Kriegs haben sie auf 73 Prozent ansteigen lassen.
    Die Nationale Koalition will die Ausgaben um sechs Milliarden Euro kürzen - für die linken Parteien eine Bedrohung für den großzügigen finnischen Sozialstaat.
    Warum die Menschen in Finnland als die glücklichsten der Welt gelten:

    Finnland: Glücklichstes Land der Welt?

    Zum sechsten Mal in Folge landete Finnland dieses Jahr beim Weltglücksbericht auf Platz eins. Das Land mit seinen tausenden Seen und weiten Wäldern ist bekannt für sein hochentwickeltes Sozialsystem. Das Vertrauen der 5,5 Millionen Einwohner in den Staat ist hoch, die Ungleichheit gering.
    Da die Temperaturen fast die Hälfte des Jahres unter dem Gefrierpunkt liegen, gibt es in Finnland rund drei Millionen Saunen - mehr als Autos. Viele Finnen beschreiben sich selbst jedoch als wortkarg, melancholisch und introvertiert.

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