Frankreich: Neue Nacht der Gewalt nach Tod von Jugendlichem

    Frankreich:Vierte Krawallnacht - 1.300 Festnahmen

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    Nach den tödlichen Polizeischüssen auf einen 17-Jährigen kommt Frankreich nicht zur Ruhe. In der Nacht kam es wieder zu schweren Ausschreitungen, es gab 1.300 Festnahmen.

    Frankreich: Ein ausgebranntes Auto in Montreuil, nahe Paris.
    In Frankreich ist es die vierte Nacht in Folge zu Krawallen gekommen. Schwere Ausschreitungen gab es vor allem in Lyon und Marseille.01.07.2023 | 0:18 min
    In Frankreich ist es die vierte Nacht in Folge zu schweren Krawallen gekommen. Nach Angaben des Innenministeriums wurden mehr als 1.300 Menschen festgenommen. Trotz massiver Polizeipräsenz wurden Autos und Gebäude angezündet sowie Geschäfte geplündert. Randalierer lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei. Fast 80 Beamte wurden nach Behördenangaben verletzt.
    Die französischen Behörden hatten ihre Maßnahmen am Freitag nochmals verschärft, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen. 45.000 Beamte wurden mobilisiert. Innenminister Gerald Darmanin ordnete an, im ganzen Land den Verkehr mit Bussen und Straßenbahnen ab 21 Uhr einzustellen. Auch wurden mehrere Großveranstaltungen abgesagt. Mehrere Orte verhängten nächtliche Ausgangssperren.
    SGS Walde 30.06.2023
    Die Krawalle und Unruhen in Frankreich halten an. Eine Einschätzung von ZDF-Korrespondent Thomas Walde.30.06.2023 | 1:03 min

    Straßburg: Apple-Geschäft geplündert

    Dennoch kam es am Abend und in der Nacht wieder in mehreren Städten zu Ausschreitungen. In Grenoble, Lyon und Marseille plünderten herumziehende Gruppen Geschäfte. Demonstranten setzten erneut Autos und Mülltonnen in Brand. In Straßburg wurde ein Apple-Geschäft geplündert, die Polizei setzte Tränengas ein. In einem Einkaufszentrum im Großraum Paris wurden die Schaufenster eines Fast-Food-Restaurants zertrümmert. Beamte hielten Personen davon ab, in einen demolierten Laden in der Mall einzubrechen.
    Zu den heftigsten Ausschreitungen kam es nach Angaben der Behörden in Marseille. In einem Supermarkt sei ein größeres Feuer ausgebrochen, der Brand stehe "mit den Ausschreitungen in Verbindung", hieß es. Im Zentrum der Stadt schleuderten junge und oft maskierte Demonstranten Objekte auf Polizeitransporter. Die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Tränengas.
    Frankreich: Ein ausgebrannter Aldi-Markt im Norden von Marseille.
    Zerstörter Supermarkt in Marseille
    Quelle: AFP

    Macron kritisiert Online-Netzwerke

    Die Krawalle der vergangenen Tage sind die schlimmsten in Frankreich seit Jahren. Auslöser war der Tod eines 17-Jährigen durch eine Polizeikugel in Nanterre. Gegen den mutmaßlichen Schützen wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
    Präsident Emmanuel Macron prangerte auf einer Krisensitzung eine "inakzeptable Instrumentalisierung des Todes eines Jugendlichen" an. Rund ein Drittel der Festgenommenen sei "jung, manchmal sehr jung". Macron appellierte an Eltern, ihre Kinder von den gewaltsamen Protesten fernzuhalten. Onlinenetzwerke wie Snapchat oder Tiktok rief er zu einem "verantwortungsbewussten Umgang" mit den Protesten auf. Auf diesen Plattformen würden "gewalttätige Versammlungen" organisiert.
    Die französische Nationalmannschaft rief am späten Abend dazu auf, die Gewalt zu beenden und stattdessen Raum für "Trauer, Dialog und Wiederaufbau" zu geben. Es müssten sich "friedlichere und konstruktivere Wege" finden lassen, "sich zu äußern", heißt es in der von Kapitän Kylian Mbappé veröffentlichten Erklärung.

    Wütende Proteste und Krawalle
    :"Dies ist Frankreichs George-Floyd-Moment"

    Seit dem Tod eines 17-Jährigen durch einen Polizisten kommt Frankreich nicht zur Ruhe. Die Wut der Menschen sitzt tief. Experten erklären, warum der Fall das Land so aufwühlt.
    Lisa Louis, Paris
    Am 30. Juni 2023 kam es an der Porte d'Aix in Marseille, Südfrankreich, zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der CRS-Bereitschaftspolizei, weil die französische Polizei am 27. 06. in einem Pariser Vorort einen jugendlichen Fahrer erschossen hatte.
    mit Video
    Quelle: AFP, AP, Reuters, dpa

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