Financial Intelligence Unit:Kritik an Lindners Anti-Geldwäsche-Plänen
von Julia Klaus
|
Finanzminister Lindner will seine träge Anti-Geldwäsche-Einheit reformieren. Fachleute aus der eigenen Koalition schmettern seine Pläne als "rechtsstaatlich nicht tragbar" ab.
Deutschland als Geldwäsche-Paradies: Rund 100 Milliarden Euro werden jedes Jahr hier gewaschen.
Quelle: dpa
Sie hatte Geldwäsche-Verdachtsmeldungen jahrelang verschleppt, nun soll sie reformiert werden: Die Anti-Geldwäsche-Einheit "Financial Intelligence Unit" - kurz FIU - war am Mittwoch Thema im Bundeskabinett. Doch selbst der eigene Koalitionspartner fürchtet, dass die Mängel in der Pannen-Behörde von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) damit eher zementiert werden.
ZDFheute liegt der aktuelle Gesetzentwurf vor. Darin wird ein "risikobasierter Ansatz" für die Aufgaben der FIU festgelegt. Das bedeutet: Die Meldungen sollen nur bearbeitet und weitergegeben werden müssen, wenn sie bestimmte Verdachtskriterien erfüllen. Welche das sein sollen: geheim.
Kritik aus SPD: "Kriminalpolitische Bankrotterklärung"
Fachleute fürchten, dass Hinweise auf andere Straftaten dann erst Recht bei der Behörde in Köln liegen bleiben. Auch beim Koalitionspartner ist man entsetzt:
Ein Insider aus einem der beteiligten Ministerien schreibt ZDFheute:
Sehen Sie hier, warum Deutschland als Geldwäsche-Paradies gilt - und was das konkret heißt:
Deutschland gilt als Paradies für Geldwäsche. Interne Fälle aus Deutschlands Anti-Geldwäsche-Einheit zeigen, was schief läuft. Was plant Finanzminister Lindner dagegen?16.05.2023 | 12:12 min
Wo liegt das Problem mit der FIU?
Die FIU hat eine sehr wichtige Rolle im Kampf gegen Geldwäsche. Wenn Banken, Schmuckhändler oder Notare einen Geldwäsche-Verdacht schöpfen, müssen sie das bei der Behörde in Köln melden. Die FIU schaut sich den Fall an, steuert weitere Infos bei und leitet ihn an Polizei und Staatsanwaltschaften weiter. So die Theorie. Das Problem: Die deutsche Behörde ist viel zu langsam.
Nachdem der damalige FIU-Chef Christof Schulte im Dezember 2022 überraschend zurückgetreten war, kam heraus: Knapp 290.000 Verdachtsmeldungen hatten sich angestaut - manche waren mehr als zwei Jahre alt. Ein riesiger Skandal. Die Abarbeitung des Bergs erfolgte recht zügig, doch nur mithilfe einer eilig gebildeten Taskforce. Kritiker vermuten auch: Viele Meldungen könnten ohne weitere Prüfung im "Infopool" gelandet sein, in solchen Fällen auch "Papierkorb" genannt.
Was könnte das für den Kampf gegen Geldwäsche bedeuten?
Der Konflikt ist auch einer zwischen den Interessen der Sicherheitsbehörden und der Einheit von Lindner. Plastisch beschreibt das Sebastian Fiedler, der auch einmal Polizei-Gewerkschafter war:
Fiedler findet Lindners Gesetz "überflüssig" und "rechtsstaatlich nicht tragbar". Auch die CDU ist maximal unzufrieden:
Der Kampf gegen Geldwäsche geht schleppend voran. Die zuständige Behörde FIU sitzt auf einem Berg an Verdachtsmeldungen - das Abarbeiten dürfte viel länger dauern als geplant.
von Julia Klaus
Exklusiv
Ermittlungen gegen FIU-Mitarbeiter
Das Gesetz soll auch mehr Rechtssicherheit für die FIU-Mitarbeiter schaffen, argumentiert das Finanzministerium. Denn in Köln war man zutiefst verunsichert, die Stimmung schlecht. Gegen FIU-Mitarbeiter war wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt worden - das Verfahren wurde erst kürzlich eingestellt. Das Problem der vielen Meldungen dürfte indes weiter anwachsen und damit virulent bleiben: Für 2023 rechnet das BMF mit 350.000. Das wäre ein neuer Rekord.
Das sei sehr wohl machbar, argumentieren dagegen viele. Deutschland hat eine der weltweit größten FIUs. Finanzpolitiker Hauer glaubt: Das langsame Tempo liege auch an der mangelnden IT. Im Gesetzentwurf wird deshalb auch der Einsatz von "automatisierten Verfahren" geregelt. Das BMF hatte immer wieder von KI gesprochen, die angeblich eingesetzt werde - Fachleute hatten an deren Existenz gezweifelt. Hauer betont: "Damit ist noch keine Aussage verbunden, ob die notwendige Technik vorhanden ist und eine KI auch tatsächlich zum Einatz kommt."
Ein Hauptargument für den risikobasierten Ansatz sieht das BMF darin, dass viele der Meldungen aus kaum relevanten Kleinstbeträgen bestehen, die den gesamten Prozess verstopfen. Also aus kleinen Guppies statt der "dicken Fische", die Finanzminister Lindner doch eigentlich fangen will.
Ob das Gesetz zur FIU so durch das Parlament geht, bleibt offen. Klärungsbedarf gibt es - auch in der Ampel.