Prüfbericht: Britisches Parlament droht zu zerbröseln

    "Verschleppte Sanierung":Britisches Parlament droht zu zerbröseln

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    Das britische Parlamentsgebäude ist in einem besorgniserregenden Zustand: asbestverseucht, marode und auch beim Brandschutz hapert's. Ein Ausschuss schlägt Alarm.

    Houses of Parliament
    Das Parlamentsgebäude in London ist ein imposanter Bau aus dem 19. Jahrhundert - doch der Zahn der Zeit nagt an ihm.
    Quelle: AP

    Dem britischen Parlament droht einem neuen internen Gutachten zufolge buchstäblich der Zerfall. Es gebe ein "echtes und steigendes Risiko, dass ein katastrophales Ereignis" das Gebäude zerstören könnte, noch ehe seit langem verschleppte Sanierungen abgeschlossen seien, hieß es in einem Bericht des Public Accounts Committee, einem Unterhausausschuss, der Regierungsausgaben überwacht und auf Transparenz und Effizienz abklopft.
    Das Gremium monierte fahrlässig langsame Instandsetzungsarbeiten, die sich vor allem auf Nachbesserungen am Palace of Westminster beschränkten, die aber rund zwei Millionen Pfund (rund 2,29 Millionen Euro) pro Woche kosteten.

    Brandgefahr: 44 Vorfälle seit 2016

    Am Mauerwerk bröckele der Putz ab. Außerdem gebe es so viel Asbest, dass nur für dessen Beseitigung "schätzungsweise 300 Personen notwendig sein könnten, die zweieinhalb Jahre arbeiten müssten, während das Gebäude nicht benutzt wird", hieß es in dem Gutachten vom Mittwoch.
    Auch anhaltende Brandgefahr bestehe im Parlamentsgebäude. Seit 2016 habe es 44 derartige Vorfälle gegeben, schrieben die zuständigen Abgeordneten. Rund um die Uhr patrouillierten derzeit daher Wachleute, um die Feuergefahr zu bannen. Zudem sei das Dach undicht, mehr als 100 Jahre alte Dampfrohre seien geplatzt. So manche mechanischen und elektrischen Systeme seien zuletzt in den 1940er Jahren modernisiert worden.

    Ausschuss fordert Taten, "bevor es zu spät ist"

    Das Komitee beklagte "Jahre der Verschleppung" im Hinblick auf die Zukunft des altehrwürdigen Gebäudes, das zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Nach langem Ringen stimmten die Abgeordneten zwar 2018 einem Auszug aus dem Parlamentssitz bis Mitte der 2020er Jahre zu, um auf Jahre angelegte Sanierungsarbeiten zu ermöglichen. Doch ist diese Entscheidung seither wiederholt von Abgeordneten infrage gestellt werden, die das Gebäude nicht verlassen wollen. Erst im vergangenen Jahr wurde ein Gremium, das das Instandsetzungsprojekt betreuen sollte, wieder aufgelöst.
    Der britische Parlament ist jedoch lang nicht der einzige Sanierungsfall im Land:
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    Die Warnungen rund um den Sanierungsfall in Westminster sind nicht neu, doch werteten Beobachter den aktuellen Report als den bislang dringlichsten Weckruf. Der zuständige Unterhausausschuss forderte Politiker und die Parlamentsverwaltung auf, einen konkreten Kosten- und Zeitrahmen für die notwendigen gewaltigen Renovierungsarbeiten auszuarbeiten, "bevor es zu spät ist". Die Abgeordnete Meg Hillier von der oppositionellen Labour-Partei, die dem Komitee vorsitzt, warnte, das gesamte Gebäude könnte sogar zerfallen, noch ehe die Arbeiten überhaupt begonnen hätten.

    Sicherheit der Besucher soll gewährleistet werden

    Doch scheuen sich Abgeordnete, einem ambitionierten Sanierungsplan in Milliardenhöhe in einer Zeit zuzustimmen, in der viele Menschen finanziell kaum über die Runden kommen. Dem hielt der Ausschuss entgegen, dass die Kosten für Renovierungen zwar hoch seien, doch weitere Verzögerungen für den Steuerzahler äußerst teuer kämen.
    Die Parlamentsverwaltung erklärte, sie setze Arbeiten im gesamten Komplex fort, um die Sicherheit jener zu gewährleisten, die dort arbeiteten und das Gebäude besuchten. Dutzende Wartungs- und Sanierungsprojekte seien bereits im Gange.
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    Geschichte könnte eine Warnung sein

    Andere Funktionäre betonten, sie planten "großangelegte und komplexe Renovierungen am Palace of Westminster, um ihn für künftige Generationen zu bewahren". Im Unter- und Oberhaus werden zudem noch in diesem Jahr Abstimmungen über das künftige Vorgehen erwartet.
    Die Geschichte könnte den Abgeordneten eine Warnung sein. Das jetzige Gebäude im Stil der Neugotik nach den Plänen des Architekten Charles Barry wurde erbaut, nachdem der Vorgängerkomplex 1834 abgebrannt war.
    Quelle: AP

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