Sunak unter Druck: Herbe Wahlschlappe für Tories in England

    Parteichef Sunak unter Druck:Herbe Wahlschlappe für Tories in England

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    Die Konservative Partei erleidet bei den Kommunalwahlen in England eine drastische Niederlage. Premierminister und Tories-Chef Rishi Sunak stehen damit unruhige Zeiten bevor.

    Der britische Premierminister Rishi Sunak verlässt seine Wahlkampfzentrale in London
    Mit den deutlichen Verlusten bei der Wahl in England ist der Stimmungstest für Tories-Chef Rishi Sunak gescheitert.
    Quelle: Reuters

    Bei den Kommunalwahlen in England muss die konservative Partei von Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak eine deftige Niederlage einstecken. Bis zum Abend verloren die Tories bereits mehr als 1.000 Sitze in Gemeinderäten. Dadurch ist die Oppositionspartei Labour mit einem Plus von bislang 500 Sitzen auf Lokalebene erstmals seit 2002 die stärkste Kraft im Land.
    Die Briten hätten Sunak eine klare Absage erteilt, sagte ein Labour-Sprecher. Manche verglichen den Wahlausgang bereits mit den Kommunalwahlen von 1996, die dem überwältigenden Sieg von Labour unter Ex-Premier Tony Blair bei der Parlamentswahl ein Jahr später vorausgingen.

    Stimmungstest für Sunak fehlgeschlagen

    Die Abstimmung galt als erster Stimmungstest für Sunak - und auch diesmal folgt in gut einem Jahr eine Parlamentswahl. Von einem "Alptraum-Szenario" sprach die Sky-News-Korrespondentin Beth Rigby.
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    Mit der herben Schlappe gerät deshalb auch der Premier unter Druck, der in seinen knapp 200 Tagen im Amt die Partei eigentlich wieder stabilisiert hatte. Nach den Skandalen seiner Vorgänger Boris Johnson und Liz Truss schaffte es Sunak, die Partei zu stabilisieren. Das Wahlergebnis könnte nun die gute Stimmung zunichtemachen.

    Beobachter: Wahlergebnis "Katastrophe" für Tories

    Doch parteiinterne Kritiker werfen dem 42-Jährigen vor, ihm fehle die Wahlkampfstärke seines Vorvorgängers Johnson. Zwar tritt Sunak betont locker und smart auf. In Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern aber kommt der wohlhabende Ex-Investmentbanker bei weitem nicht so natürlich rüber wie der hemdsärmelige Populist Johnson.
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    In einer ersten Reaktion zeigte sich der Premier betont optimistisch und sprach von guten Ergebnissen in einigen umkämpften Bezirken. Doch Beobachter sahen das anders: "Die heutigen Lokalwahlen sind eine Katastrophe für die Konservativen", betonte etwa das Portal "Byline Times".

    Konservative Partei ringt um geeigneten Premierminister

    Die Frage nach den Schuldigen für das Wahldesaster könnte nun zu einem neuen Streit in der Konservativen Partei führen. Aus dem rechten Flügel werden bereits Stimmen laut, mit dem "Sturz" zweier Premierminister durch das Sunak-Lager werde das 2019 von Boris Johnson gewonnene Mandat der Tories selbst zunichte gemacht.
    Klare Kante sei nun angesagt, aber Sunak liefere "superhohe Steuern, hohe Ausgaben, offene Grenzen", wie der frühere Europaabgeordnete John Longworth kritisierte.
    Wegen seines harten Flüchtlingskurses handelte Rishi Sunak sich auch Kritik ein:
    Ex-Premier Johnson lauert seit seinem erzwungenen Abschied aus der Downing Street auf eine neue Chance, und auch Kurzzeit-Regierungschefin Truss meldet sich mittlerweile wieder zu Wort. Der ehemalige Brexit-Minister David Davis nimmt die Ex-Premierminister ins Visier:

    "Es ist offensichtlich, dass wir den Preis zahlen für das Ende der Ära von Boris Johnson und Liz Truss.

    David Davis, ehemaliger Brexit-Minister

    Dafür werde die Partei nun abgestraft, sagte Davis.

    Neben Labour legen auch Liberaldemokraten in England zu

    Klarer Wahlgewinner ist Labour, die Partei konnte - wie die bei Kommunalwahlen traditionell starken Liberaldemokraten - im ganzen Land zulegen. Die Sozialdemokraten eroberten nicht nur mehrere alte Bastionen zurück, die als Hochburgen von Anhängern des Brexit gelten und zuletzt zu den Tories gewechselt waren. Auch manche Kommunen, die seit Jahrzehnten im Tory-Blau glänzten wie East Staffordshire in den Midlands strahlen nun im Labour-Rot.
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    Irland profitiert vom Brexit:
    Parteichef Keir Starmer sieht seine Partei auf dem Weg zu einer klaren Mehrheit im Parlament. Deutlich zurückhaltender äußerten sich Analysten. Der Sender Sky News rechnete die Ergebnisse auf eine landesweite Wahl um. Resultat: Labour wäre zwar die stärkste Partei im Parlament, eine eigene Mehrheit hätte die Partei, die zuletzt bis 2010 regierte, aber nicht.
    Quelle: Benedikt von Imhoff und Christoph Meyer, dpa

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