Hunter Biden angeklagt: Ein Schnäppchen-Deal?

    Hunter Biden angeklagt:Ein Schnäppchen-Deal für den Präsidentensohn?

    Autorenbild: Elmar Theveßen
    von Elmar Theveßen
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    Verstöße gegen Steuer- und Waffenrecht: Hunter Biden ist angeklagt, kommt aber wohl mit einer Bewährungsstrafe davon. Die Einigung mit der Staatsanwaltschaft empört Republikaner.

    Hunter Biden, aufgenommen am 04.02.2023 in Syracuse (USA)
    Ins Gefängnis muss Hunter Biden aller Voraussicht nach nicht.
    Quelle: Reuters

    David Weiss müsste eigentlich stinksauer sein. Ausgerechnet seine Parteifreunde werfen ihm vor, einen grottenschlechten Job zu machen, seine Pflichten zu verletzen, ja, sich möglicherweise von US-Präsident Joe Biden beeindrucken, beeinflussen oder gar kaufen zu lassen. Genau so hat das zwar keiner gesagt. Aber so muss es Weiss eigentlich verstehen, wenn führende Republikaner seine Vereinbarung mit dem Sohn des Präsidenten einen "Sweetheart-Deal" nennen - als wären sie sich herzlich zugetan, der Verdächtige und der Staatsanwalt.
    Der Republikaner David Weiss wurde von Donald Trump höchstpersönlich ins Amt berufen und während dessen Präsidentschaft mit Ermittlungen gegen Hunter Biden beauftragt. Nach einer mehrjährigen und aufwändigen Untersuchung hat Weiss nun eine Einigung bekanntgeben lassen: Biden bekennt sich schuldig, in den Jahren 2017 und 2018 die fälligen Steuern von jeweils 100.000 Dollar auf sein jährliches Einkommen von 1,5 Millionen Dollar nicht pünktlich bezahlt zu haben.
    Nach Begleichen der Schuld würde er nun mit einer Bewährungsstrafe von bis zu zwei Jahren davonkommen. Ein weiterer Vorwurf - auch das Teil des Deals - könnte getilgt werden, wenn Biden bestimmte Auflagen erfüllt. Er hatte beim Kauf einer Waffe angegeben, niemals Drogen genommen zu haben. Eine glatte Lüge, mit der sich der über lange Zeit drogenabhängige Präsidentensohn strafbar machte.

    Donald Trump reagiert empört

    Dass dieser nun fast ungeschoren davonkommen soll, empört natürlich zuallererst Donald Trump. Er spricht vom "Knöllchen" für einen Mann, den er sonst gern als Verbrecher bezeichnet. Der Sprecher des Repräsentantenhauses Kevin McCarthy und weitere Republikaner nennen es einen 'Schnäppchen-Deal': "Wenn Du der führende politische Gegner des Präsidenten bist, versucht Dich das Justizministerium ins Gefängnis zu bringen", so McCarthy beim US-Fernsehsender CNN, "wenn Du aber der Sohn des Präsidenten bist, bekommst Du einen 'Sweetheart-Deal'. (…). Halten Sie das für gleichwertig und fair?"
    Eine solche Gleichsetzung ist nach Ansicht von Rechtsexperten aus vielerlei Gründen weit überzogen: In vergleichbaren Fällen werden verspätete Steuerzahlungen auch nur selten mit Gefängnisstrafen geahndet. Und die Lüge beim Kauf einer Waffe wird in der Regel nur dann bestraft, wenn mit dieser Waffe später ein Gewaltverbrechen begangen wird.
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    Dagegen sind die aktuellen Anklagepunkte gegen den abgewählten US-Präsidenten Donald Trump viel schwerwiegender als eine versuchte Steuerhinterziehung. Die Anklageschrift mit 37 Punkten des Sonderermittlers Jack Smith beinhaltet erdrückendes Beweismaterial, dass Trump zahlreiche, geheime und streng geheime Dokumente im vollen Bewusstsein der Unrechtmäßigkeit seines Handelns behielt, sie teils völlig ungesichert lagern ließ, die nationale Sicherheit gefährdete, indem er einige besonders sensible Schriftstücke Besuchern seines Golfclubs in Florida zeigte, und die entwendeten Akten vor den Ermittlungsbehörden versteckte.

    Republikaner wollen Einsicht in Hunter Bidens Bankakten

    Aber all das geht ihm Wahlkampfgetöse unter. Bei vielen Amerikanern wird der Eindruck hängenbleiben, dass die Strafverfolgungsbehörden mit zweierlei Maß messen. Dabei wird der Deal zwischen Staatsanwalt Weiss und Hunter Biden in den nächsten Tagen sogar noch von einem Bundesrichter eingehend geprüft. Selbst wenn er dann zustimmt, dient die Einigung den Republikanern als Munition. Es könnte weitere dazukommen. Denn ein Ausschuss des Repräsentantenhauses nimmt die Finanzen der gesamten Biden-Familie ins Visier.
    Die republikanischen Abgeordneten verlangen Einsicht in die Bankakten von Hunter Biden und weiterer Familienmitglieder, die in den Jahren 2015 bis 2017 insgesamt rund zehn Millionen Dollar von Geldgebern im Ausland kassiert haben sollen. Dabei soll, so der Vorwurf, Joe Biden selbst seine Hände im Spiel gehabt haben.
    Kommt es bei der kommenden US-Präsidentschaftswahl erneut zum Duell zwischen Joe Biden und Donald Trump?
    Führende Republikaner behaupten, dass Bidens Stimme auf mindestens zwei Gesprächsmitschnitten zu hören ist, bei denen es um Bestechungsgelder gegangen sein soll. Ob diese Aufnahmen existieren und wo sie sich befinden, ist völlig offen. Die Behauptung stammt von einem angeblichen Informanten des FBI. Dessen Hinweisen waren die Ermittlungsbehörden allerdings schon während der Amtszeit von Donald Trump nachgegangen - offenbar ergebnislos. 

    Justizministerium verfolgt weitere Spuren

    Für Hunter Biden ist die Sache mit dem Deal längst nicht abgeschlossen. Das Justizministerium verfolgt, so heißt es, weitere Spuren, auch wenn Staatsanwalt David Weiss trotz intensiver Bemühungen zu dem Schluss kam, dass eine Einigung mit dem Verdächtigen angemessener war als ein Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang.
    Dass seine Parteifreunde an seinem Mut und seinen Fähigkeiten zweifeln, müsste ihn - wie gesagt - eigentlich empören. Aber er schweigt, wohl weil er sich nicht in das politische Kampfgetümmel stürzen und seine Unabhängigkeit verlieren will.

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