China-Debatte bei "Lanz":Geheim-Papier gegen Kuschelkurs mit Peking
von Felix Rappsilber
|
In einem geheimen Dokument malt das Wirtschaftsministerium China als Bedrohung, die Folgen für deutsche Firmen seien drastisch. Jürgen Trittin verteidigt das "realistische Papier".
Zum deutsch-katarischen Gas-Deal, zur Diversifizierung der Energieimporte, zur China-Strategie des Wirtschaftsministeriums sowie zur Zeitenwende in der Verteidigungspolitik 06.12.2022 | 74:42 min
Der Journalist Michael Bröcker ist in den Besitz eines geheimen Papiers des Bundeswirtschaftsministeriums gelangt. Es enthält die neue China-Strategie nach den Vorstellungen von Robert Habeck.
Geheimes Dokument: "De facto Bruch mit China"
Bröcker machte seine Recherchen bei Markus Lanz öffentlich:
Das 100-seitige Papier gebe die "internen China-politischen Leitlinien" des Bundeswirtschaftsministeriums wieder und sei damit "de facto der Bruch mit China", sagte der Chefredakteur von "The Pioneer".
Empfehlung zur Abnabelung
Bröcker zufolge handele das Papier davon, deutsch-chinesische Wirtschaftsbeziehungen nicht mehr politisch zu flankieren und Unternehmen dazu zu zwingen, Sonderberichtspflichten in ihre Bilanzen einzuführen. Man wolle das Chinageschäft dieser Unternehmen "transparent machen, wenn es zu dominant ist".
China-Knigge soll deutsche Unternehmer schützen
Im Anhang des Dokuments befinde sich ein "richtiger China-Knigge", so der Journalist. Darin werde die wirkliche Bedeutung der Wörter und Begriffe erläutert, die von chinesischen Verhandlungsteilnehmern genannt werden. Bröcker dazu: "Man kann wirklich lesen, wie wir von China in Verhandlungen über den Tisch gezogen werden."
Michael Bröcker berichtete von einer "völlig neuen Sprache", gar einem "harten Papier":
Grünen-Politiker Jürgen Trittin widersprach, es sei ein "realistisches Papier". Denn: "Das Papier stellt in Rechnung, was es an Veränderungen – gerade in den letzten 20 Jahren – in China gegeben hat und dass sich diese Veränderungen dann auch im Umgang mit China niederschlagen müssen."
Auf der Asien-Pazifik-Konferenz habe Bundeskanzler Scholz an die Wirtschaft appelliert, sich zu diversifizieren und "nicht alle Karten auf China zu setzen", so ZDF-Korrespondentin Shakuntala Banerjee.14.11.2022 | 1:43 min
Versuch Marktabhängigkeit zu reduzieren
Viele Unternehmen hätten das bereits begriffen. Trittin bezog sich auf Papiere des Bundesverbandes der Deutschen Industrie:
Auf der anderen Seite hätten fünf deutsche Unternehmen – drei Autokonzerne, BASF und Siemens – alleine dazu beigetragen, dass die Auslandsinvestitionen in China gestiegen seien. Eine Situation, die Trittin als "riesengroßes Problem" bezeichnete:
Um die Beteiligung der chinesischen Staatsreederei Cosco an einem Containerterminal in Hamburg gibt es heftigen Streit. Im Hamburger Hafen zeigt ZDF-Korrespondent Ralf Zimmermann von Siefart, was die Investition bedeuten könnte.04.11.2022 | 8:30 min
Debatte um Hamburger Hafen als Vorbild
Daher sei der Umgang mit China eine "ganz komplizierte Operation". Eine, in der es vonseiten der Unternehmen "nicht klug" sei, "die Abhängigkeit von China zu vergrößern, anstatt sich wenigstens umzugucken, wo man hingehen kann".
Die Debatte um den China-Deal am Hamburger Hafen habe gezeigt, dass Deutschlands China-Strategie europäisch orientiert sein müsse, so der Grünen-Politiker. Denn der Druck auf die Europäer, mit China umzugehen, wachse. Trittin mahnte: "Innerhalb der Bundesregierung ist genau diese europäische Orientierung durchaus umstritten. Und ich sage: Sie ist in deutschem Interesse. Das wird der deutlichste Bruch sein gegenüber der alten Haltung."
Invasion in Taiwan als Szenario
Habecks neues Positions-Papier erhöht jetzt offenbar massiv den Druck. Bröcker zufolge wird darin ein konkretes Szenario einer chinesischen Invasion in Taiwan skizziert. Bis spätestens 2027. "Ich habe mich sehr gewundert, dass diese Zahl in einem Wirtschaftsministeriums-Papier steht", betonte Bröcker.
Trittin erklärte:
sagte der Außenexperte der Grünen. Auf diese Gefahr müsse Deutschland schnell reagieren können: "Und man wird dafür Staatsgeld in die Hand nehmen müssen, weil sich das betriebswirtschaftlich nicht rechnet."
Themen
Nachrichten | Thema:China
Strenge Corona-Regeln:China lockert landesweit Covid-Beschränkungen
von Miriam Steimer