Westjordanland: Ausschreitungen nach Anschlag mit zwei Toten

    Israelis im Westjordanland:Ausschreitungen nach Anschlag mit zwei Toten

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    Bei einem Treffen zwischen Israelis und Palästinensern in Jordanien kommt es zu einer Annäherung. Doch noch am selben Tag finden ein Anschlag und daraufhin Ausschreitungen statt.

    Nach einem tödlichen Anschlag auf zwei Israelis im nördlichen Westjordanland ist es am Sonntag zu schweren Ausschreitungen israelischer Siedler gekommen. Ein Palästinenser wurde nach Angaben des Gesundheitsministeriums durch Schüsse tödlich verletzt. Es war zunächst unklar, ob diese von Siedlern oder Soldaten abgegeben worden waren.
    Mindestens 100 Palästinenser wurden nach Angaben von Sanitätern verletzt, als israelische Siedler in Huwara und Ortschaften in der Umgebung zahlreiche Häuser, Läden und Autos von Palästinensern in Brand setzten. Sie übten damit Rache für den Anschlag auf die beiden Brüder im Alter von 20 und 22 Jahren, die zuvor in der Huwara, das südlich von Nablus liegt, erschossen worden waren. Sie stammten aus der nahegelegenen israelischen Siedlung Har Bracha.
    Die Suche nach dem palästinensischen Tatverdächtigen dauerte derweil an. Angesichts der gefährlichen Eskalation der Lage teilte die Armee am Abend mit, sie werde ihre Truppen im Westjordanland um zwei weitere Bataillone verstärken.

    Annäherung bei Treffen zwischen Israelis und Palästinensern

    Der Vorfall ereignete sich, während in der jordanischen Hafenstadt Akaba ein Treffen stattfand, dessen Ziel eine Beruhigung der Lage im Westjordanland war. Daran waren Repräsentanten Israels und der Palästinenser sowie Jordaniens, Ägyptens und der USA beteiligt. Bei dem Treffen konnte in einigen Punkten eine erste Annäherung erzielt werden.
    Israelis und Palästinenser wollten "einseitige Maßnahmen" für drei bis sechs Monate aussetzen, hieß es ohne Nennung weiterer Details in einer gemeinsamen Erklärung. Israel verpflichtete sich demnach, vier Monate lang keine Diskussionen über den Bau neuer Siedlungen im Westjordanland zu führen und sechs Monate lang keine neuen Siedlungs-Außenposten zu genehmigen.

    Netanjahu: Kein verpflichtender Baustopp

    Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte dagegen auf Twitter, Israel habe sich zu keinem Baustopp verpflichtet. Der Ausbau und die Legalisierung von Siedlungen im Westjordanland sollten wie geplant weitergehen. Auch Finanzminister Bezalel Smotrich, der unter anderem den Siedlungsbau kontrolliert, schrieb bei Twitter:

    Der Ausbau und die Entwicklung des Siedlungsprojekts wird nicht für einen einzigen Tag eingefroren.

    Bezalel Smotrich, Finanzminister von Israel

    Die israelische Armee werde außerdem ohne jede Einschränkung im gesamten Westjordanland gegen Terror vorgehen, betonte er. Eine Erklärung für den offensichtlichen Widerspruch zwischen den Erklärungen der Regierungspolitiker und der israelischen Verhandlungsdelegation in Akaba wurde nicht abgegeben.

    Angespannte Sicherheitslage

    Netanjahu rief seine Landsleute am Sonntagabend dazu auf, "das Gesetz nicht selbst in die Hand zu nehmen". Die Vorsitzende der oppositionellen Arbeitspartei, Meirav Michaeli, sprach von einem "Pogrom" der Siedler gegen die Palästinenser. Das Treffen in Akaba kam rund drei Wochen vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan. In vergangenen Jahren hatten die Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern in dieser Zeit häufig noch stark zugenommen.
    Die Sicherheitslage in Israel und den Palästinensergebieten ist seit langem extrem angespannt. Im Westjordanland war die Gewalt zuletzt eskaliert. Am Donnerstag waren bei einem israelischen Militäreinsatz in Nablus elf Palästinenser getötet und mehr als 100 verletzt worden. Aus dem Gazastreifen war es wiederholt zu Raketenangriffen gekommen, auf die Israel wiederum mit Beschuss reagiert hat. Die USA hatten bereits Anfang Februar vor den Gefahren einer Eskalation in Nahost gewarnt.
    Quelle: dpa, AFP, Reuters