Und wieder geht in vielen französischen Städten fast nichts mehr: Proteste gegen die geplante Rentenreform von Präsident Macron legen erneut Teile das öffentlichen Lebens lahm.
Zehntausende protestieren im ganzen Land gegen die von Präsident Macron geplante Rentenreform. Unter anderem soll das Renteneintrittsalter von 62 auf 64 Jahre angehoben werden.
Am zweiten großen Protesttag gegen die geplante Rentenreform haben Streiks weite Teile des öffentlichen Lebens in Frankreich lahm gelegt. Dabei blieb die Zahl der Streikenden am Dienstag in mehreren Branchen leicht unterhalb der Zahl vom ersten Protesttag Mitte Januar.
Weniger Streikende als am ersten Protesttag
Bei der französischen Bahn SNCF legten etwa 37 Prozent der Beschäftigten die Arbeit nieder, zuvor waren es 46 Prozent gewesen. Auch an den Schulen traten weniger Lehrkräfte in den Streik als zuvor. Trotz der geringeren Streikbeteiligung fielen zahlreiche Bahnen, Busse und Flüge aus. In vielen Schulen gab es keinen Unterricht.
Studierende der Pariser Hochschule Sciences Po besetzten in der Nacht zu Dienstag das Schulgebäude. Die Beschäftigten des Energiekonzerns EDF verringerten aus Protest die Stromproduktion, was jedoch zunächst nicht zu Stromausfällen führte. In den Raffinerien und Treibstoffdepots von TotalEnergies legte ein Großteil der Beschäftigten die Arbeit nieder. Bereits am Vormittag kam es an mehreren Orten zu Demonstrationen.
In Frankreich haben die Gewerkschaften erneut zu landesweiten Streiks aufgerufen. Die französische Regierung plant das Renteneintrittsalter bis 2030 anzuheben.
Protestmärsche in über 200 Orten
Insgesamt waren in mehr als 200 Orten Protestmärsche angemeldet. Etwa 11.000 Sicherheitskräfte sollen Ausschreitungen verhindern, 4.000 allein in Paris. Dort sammelte sich am frühen Nachmittag eine Menschenmenge am Place d'Italie. Das sozialistisch geführte Pariser Rathaus blieb aus "Solidarität mit der sozialen Bewegung" geschlossen.
Das sagte CGT- Gewerkschaftschef Philippe Martinez den Sendern BFM und RTL.
Macron: Zur Rettung notwendig
Die Gewerkschaften fordern, auf die geplante Erhöhung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre zu verzichten. Präsident Emmanuel Macron hatte am Vorabend betont, dass die Reform nötig sei, "um das System zu retten".
Die französische Regierung plant, das Renteneintrittsalter auf 64 Jahre anzuheben. Die Franzosen gehen dagegen auf die Straße, Gewerkschaften rufen zum Streik auf.
Die Rentenkasse weist derzeit ein Plus auf, soll nach Schätzungen von Experten aber bis 2030 in ein Defizit von 14 Milliarden Euro rutschen. Daher sei die Reform "unumgänglich", sagte Macron und verwies auf die übrigen EU-Länder, in denen das Renteneintrittsalter bereits deutlich höher liege.
Zustimmung für Macron sinkt
Laut einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage sind Macrons Zustimmungswerte in Folge der Debatte um die Rentenreform um fünf Punkte gefallen. Er kommt nun nur noch auf 36 Prozent. Fast zwei Drittel der Bevölkerung machte die Regierung für die Streiks und die Lähmung des öffentlichen Lebens verantwortlich, heißt es in der Umfrage des Instituts Odoxa. Experten rechnen damit, dass die Protestbewegung sich noch ausweiten könnte.
Beim ersten Reformversuch 2019 hatte Frankreich die längsten Streiks seit den Studentenprotesten 1968 erlebt.
Das sagte der Sozial-Experte Raymond Soubie der Zeitung "Le Parisien".
Obwohl die Rentensysteme sehr unterschiedlich sind, haben sie ein Problem gemeinsam: Die hohe Alterungsrate und die niedrige Geburtenrate in den Ländern.
Reform mit Erhöhung der Mindestrente
Die Reform umfasst neben der Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre auch eine Erhöhung der Mindestrente auf 1.200 Euro. Zudem soll die Beschäftigung von Senioren gefördert werden.
Am ersten Protesttag am 19. Januar waren mehr als eine Million Menschen auf die Straße gegangen. Für Macron ist die Rentenreform eines der wichtigsten Vorhaben seiner zweiten und letzten Amtszeit.