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Korruptionsvorwurf und Rücktritt : Warum sich die russische Opposition streitet

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Ausgerechnet der bisherige Vorsitzende der Anti-Korruptionsstiftung von Alexej Nawalny geriet in den Verdacht, korrupt zu sein. Auslöser ist ein Konflikt innerhalb der Opposition.

Leonid Wolkow und Alexei Nawalny
Leonid Wolkow und Alexej Nawalny (Archivfoto aus dem Jahr 2017)
Quelle: imago

Trotz der Lagerhaft, in der Alexej Nawalny nun seit schon fast 800 Tagen sitzt, Repressionen des Kremls und der Flucht vieler seiner Mitstreiter ins Ausland, hat ein Teil seines Teams mit Leonid Wolkow an der Spitze den Kampf gegen die Korruption der russischen Eliten fortgesetzt. Im Oktober feierte das Nawalny-Team mit einem Film über das Vermögen der russischen Vize-Ministerpräsidentin Tatjana Golikowa ein Comeback.

Doch seit zwei Wochen muss sich vor allem Leonid Wolkow die Frage gefallen lassen, inwieweit er selbst unabhängig und frei von Korruption ist. "Seit nun fast 30 Jahren gehören Michail Fridman und seine Geschäftspartner sowohl zu den größten Investoren als auch den Initiatoren und Unterstützern der wichtigsten charitativen Projekte in der Ukraine", schrieb Wolkow in einem vom 14. Oktober 2022 datierten Brief an Josep Borrell, dem Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik.

"Kurz nach der russischen Invasion, in den ersten Tagen des Krieges, spendeten Michail Fridman und seine Partner 10 Millionen US-Dollar für die Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge", heißt es weiter in dem insgesamt vierseitigen Schreiben, an dessen Ende Wolkow als Vorsitzender von Nawalnys Anti-Corruption Foundation die Bitte äußert, den auf ein Vermögen von 12 Milliarden Dollar geschätzten Bankier Fridman und seine Geschäftspartner von der Sanktionsliste der EU zu nehmen.

Wie hat sich Russland seit Kriegsbeginn verändert? Stehen die Russen hinter Putin? ZDF-Korrespondentin Phoebe Gaa reist durch das Land auf der Suche nach Antworten.

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Schreiben an Ursula von der Leyen

Es war nicht der einzige Brief solcher Art. Auch in einem Schreiben an Ursula von der Leyen, der Präsidentin der Europäischen Kommission, warb Wolkow dafür, den Oligarchen Michail Fridman von der EU-Sanktionsliste zu nehmen. Nur mit dem Unterschied, dass diesen Brief noch acht weitere russische Oppositionelle unterschrieben haben.

"Fridman stand Boris Nemzow nah, der bis zu seinem Tod 2015 der wichtigste und bekannteste russische Oppositionspolitiker war. Das erklärt, warum viele Oppositionelle heute Fridman gegenüber positiv stehen", erklärt Fabian Burkhardt, Politikwissenschaftler des Leibniz-Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung in Regensburg, ZDFheute.de. "Fridman und seine Geschäftspartner haben bisher aber weder Putin noch den russischen Einmarsch in die Ukraine eindeutig verurteilt", erläutert der Osteuropaexperte.

Schlammschlacht zwischen Nawalny-Team und Alexej Wenediktow

Dass Wolkows Briefe an die ranghohen EU-Vertreter überhaupt publik wurde, ist das Ergebnis einer seit einem halben Jahr ausgetragenen Schlammschlacht zwischen dem Nawalny-Team und Alexej Wenediktow, dem ehemaligen Chefredakteur des kurz nach Kriegsende geschlossenen liberalen Radiosenders "Echo Moskwy".

Nachdem das Nawalny-Team Wenediktow im Oktober zuerst auf die "Liste der korrupten Bürger und Kriegstreiber" setzte, folgte Anfang März nun die Recherche "Die schwarze Kasse". In dem einstündigen Film wird unter anderem Wenediktow vorgeworfen, sich vom Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin bezahlen zu lassen. Wenediktows Antwort auf die Vorwürfe war die Veröffentlichung der zwei Wolkow-Briefe.

Seit mehr als zwei Jahren ist der russische Oppositionelle Alexej Nawalny in Haft. Sein Team gilt in den Staatsmedien als extremistisch verboten, doch auf Social Media nutzen sie seine Strahlkraft.

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Wolkow tritt von Posten zurück

"Wenediktow war immer gut vernetzt mit Vertretern des Regimes. Nach dem russischen Einmarsch hat er sich aber klar gegen den Krieg positioniert", erklärt Burkhardt, der die jüngsten Vorwürfe des Nawalny-Teams gegen Wenediktow persönlich nur teilweise überzeugend findet.

"Wenediktow hat Nawalny bei Echo Moskwy eine Bühne für seine Positionen geboten. Nawalnys Protestwahlaufruf 'Smart-Voting' bei den Parlamentswahlen 2021 hat er jedoch kritisiert. Kann sein, dass dies die langjährige Fehde zwischen dem Nawalny-Team und Wenediktow befeuert hat", vermutet der auf Osteuropa spezialisierte Politikwissenschaftler. "Man sollte auch nicht vergessen, dass sowohl das Nawalny-Team als auch Wenediktow nun mit ihren Projekten in den sozialen Medien agieren. Man steht daher durchaus in Konkurrenz zueinander", so Burkhardt weiter.

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Konsequenzen hatte diese Schlammschlacht für Leonid Wolkow. Er bezeichnete nicht nur die Fridman-Briefe als einen Fehler, sondern trat auch von seinem Posten als Vorsitzender der Nawalny-Stiftung zurück. Seine Nachfolgerin wurde diese Woche Maria Pewtschich.

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