mit Video
Geschlossene deutsche Botschaft:Hunderte Sudanesen ohne Pässe für Ausreise
von Kevin Schubert, Jan Schneider
|
Die deutsche Botschaft in Khartum ist seit der Evakuierung geschlossen - das hat Folgen für Hunderte Sudanesen: Sie kommen nicht mehr an ihre Dokumente, um das Land zu verlassen.
In der sudanesischen Hauptstadt Khartum wird weiterhin gekämpft.
Quelle: AFP
Tausende Sudanesen verlassen aktuell angesichts der schweren Kämpfe ihr Land - die nun ausgehandelte, siebentägige Waffenruhe wird daran so schnell nichts ändern. Auch Omar möchte raus aus Khartum. Er hat Familie in Kairo, da wäre er in Sicherheit. Doch Omar kann den Sudan nicht verlassen: Sein Reisepass befindet sich in der deutschen Botschaft - die ist aber seit der Evakuierung durch die Bundeswehr geschlossen.
Omar heißt eigentlich anders, doch um seine Sicherheit nicht zu gefährden, bleibt er hier anonym. Er ist Arzt und spricht fließend Deutsch. In Deutschland will er eine Fachsprachprüfung ablegen und anschließend eine Facharztweiterbildung beginnen.
Die Vereinten Nationen warnen, im Sudan entwickle sich die humanitäre Krise zur Katastrophe. Hunderttausende fliehen in die Nachbarländer, die selbst mit Instabilität kämpfen.03.05.2023 | 2:29 min
Dokumente in verlassener Botschaft eingeschlossen
Anfang April hat er die dafür benötigten Original-Dokumente in der deutschen Botschaft abgegeben, seinen gültigen Reisepass sowie seine akademischen Abschlüsse. Das entspricht dem Protokoll. "Der Termin lief gut", erinnert sich Omar:
Doch am 15. April eskalierte der Machtkampf der Generäle in Khartum. In der Stadt wurde gekämpft - die deutsche Botschaft wurde evakuiert. Omar sei an dem Tag erstmal damit beschäftigt gewesen, sich bei seinen Freunden und seiner Familie zu melden. Erst später versucht er, die Botschaft zu erreichen, schreibt eine E-Mail, die unbeantwortet bleibt. Auch Kontaktanfragen an das Auswärtige Amt bleiben wegen eines technischen Fehlers erfolglos, angeblich habe er zu viele Formulare abgeschickt. Ein Screenshot, der ZDFheute vorliegt, belegt das.
So wie Omar geht es aktuell mutmaßlich Tausenden Sudanesinnen und Sudanesen. Auf Twitter kursieren mehrere Berichte von sudanesischen Staatsbürgern, deren Reisepässe aktuell - unerreichbar - in Botschaften westlicher Länder liegen.
Die Chancen für den neu ausgehandelten Waffenstillstand stünden schlecht, sagt ZDF-Korrespondentin Golineh Atai zur Lage im Sudan. Es bestehe die Gefahr eines ethnischen Konflikts.03.05.2023 | 3:47 min
Westliche Botschaften offenbar hilflos
Wenn es Reaktionen gibt, sind diese oft hilflos. Das niederländische Außenministerium etwa erklärte einem sudanesischen Journalisten auf Twitter, dass die Botschaft evakuiert sei, Reisepässe folglich nicht ausgehändigt werden könnten. "Wir raten dazu, einen neuen Reisepass bei Ihren örtlichen Behörden zu beantragen", empfahl das Ministerium - und erntete dafür heftige Kritik.
Tweet des niederländischen Außenministeriums
Ein Klick für den Datenschutz
Erst wenn Sie hier klicken, werden Bilder und andere Daten von Twitter nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Twitter übertragen. Über den Datenschutz dieses Social Media-Anbieters können Sie sich auf der Seite von Twitter informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
Auch das Auswärtige Amt kann betroffenen Sudanesen aktuell keine schnelle Unterstützung anbieten. In einem weiteren Fall, der ZDFheute vorliegt, heißt es in einem standardisierten Antwortschreiben des Auswärtigen Amtes:
Es sei daher nicht möglich, Dokumente zurückzugeben. "Wir bedauern zutiefst die Unannehmlichkeiten, die durch diese Umstände entstanden sind, und werden Sie informieren, sobald wir einen Vorschlag zur Lösung dieser unglücklichen Angelegenheit gefunden haben."
Aufgrund der anhaltenden Kämpfe können Bewohner der Hauptstadt Khartum ihre Wohnungen kaum verlassen. Die humanitäre Lage ist dramatisch.02.05.2023 | 1:38 min
Auswärtiges Amt sucht Weg zur Pass-Ausgabe
Was sagt das Auswärtige Amt selbst dazu? Gegenüber ZDFheute heißt es, es sei aufgrund der gefährlichen und unübersichtlichen Lage nicht möglich gewesen, die noch in der Botschaft vorliegenden Pässe auszuhändigen.
Aktuell sollen noch Pässe im "dreistelligen Bereich" in der Botschaft liegen. Zusammen mit lokalen Beschäftigten werde geprüft, wie die Ausgabe der Pässe möglichst sicher gestaltet werden könne.
Omar konnte das technische Problem mit den Online-Formularen der Botschaft mittlerweile überwinden. Als Antwort erhielt er jedoch ebenfalls nur ein automatisiertes Standardschreiben.
Wegen der anhaltenden Gewalt spricht sich die Hilfsorganisation Pro Asyl nun für einen bundesweiten Stopp von Abschiebungen in das Land aus.30.04.2023 | 0:24 min
Thema
Mehr zur Lage im Sudan
mit Video