Experte: Trump-Anklage "kann sich auf Wahlchancen auswirken"

    Interview

    Experte zu Trump-Anklage:"Kann sich auf Wahlchancen auswirken"

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    Was bedeutet die Anklage gegen Ex-Präsident Donald Trump für dessen Wahlchancen und wie nimmt die amerikanische Gesellschaft den Prozess auf? Amerika-Experte Depkat im Interview.

    Donald Trump wurde als erster ehemaliger Präsident der USA angeklagt. Der im texanischen El Paso geborene Amerika-Historiker Volker Depkat sagt im Interview mit dem ZDF heute journal, der Prozess um mutmaßliche Fälschungen von Geschäftsunterlagen könne sich negativ auf einen möglichen Wahlkampf Trumps für die Präsidentschaft 2024 auswirken.
    Das Interview zur Trump-Anklage sehen Sie in voller Länge oben im Video oder lesen Sie hier in Auszügen:
    ZDFheute: Geordnetes Verfahren oder Tiefpunkt eines PR-Spektakels?
    Depkat: "Ich glaube, dass es Ausweis der Polarisierung des Landes ist, dass man nicht so genau sagen kann, was aus diesem Prozess jetzt entsteht. Es ist historisch präzedenzlos: Noch nie ist ein ehemaliger Präsident vor Gericht angeklagt worden. Und wird auch nicht als Präsident angeklagt, sondern als Privatmann. Die ihm vorgeworfenen Vergehen sind wirtschaftskrimineller Art.

    Es geht also nicht um Amtsmissbrauch.

    Volker Depkat, Amerika-Historiker

    Und wir sehen ja an den Aufläufen in New York: Es gibt Trump-Befürworter, es gibt die Trump-Gegner und man kann wirklich nicht so ganz sagen, in welche Richtung sich die ganze Sache jetzt entwickelt."
    ZDFheute: Verfolgt die Justiz Trump nur wegen einer "Lappalie"?
    Depkat: "Es sind eher geringfügige Vergehen, die ihm jetzt hier vorgeworfen werden. Es laufen gleichzeitig Ermittlungen gegen ihn im Staate Georgia wegen direkter Wahlfälschung. Es gibt auch eine Bundesermittlung gegen ihn auf der Basis des Untersuchungsberichts des Kongressausschusses, der im Dezember veröffentlicht worden ist.

    Da stehen also ganz andere Vorwürfe im Raum, die wirklich Kapitalverbrechen höchster Art sind.

    Volker Depkat, Amerika-Historiker

    Insofern ist das hier vielleicht der Auftakt einer Prozessserie, die immer höhere und immer schwerwiegendere Vorwürfe erreicht."
    ZDFheute: Werden alle Amerikaner ein Urteil akzeptieren?
    Depkat: "Man muss auf jeden Fall sehen, dass sich das nicht so einfach einsortieren lässt in die Demokraten gegen die Republikaner. Es ist ein Geschworenengericht. Ihm sitzen Geschworene gegenüber, die aus der Mitte der Gesellschaft kommen."

    Je klarer, je regelkonformer und je transparenter dieses Verfahren läuft, desto schwerer wird es für Trump und sein Lager auf Dauer dieses Narrativ der Hexenjagd durchzuhalten.

    Volker Depkat, Amerika-Historiker

    ZDFheute: Was bedeutet der Prozess für die Chancen Trumps bei der Wahl 2024?
    Depkat: "Formal spricht jetzt erst einmal nichts dagegen, dass selbst ein verurteilter Mensch nochmal sich um das Präsidentenamt bewirbt. Es hängt hier jetzt, glaube ich, sehr stark von Zeitplänen hab. Das kann noch Monate dauern, bis dieses Verfahren überhaupt beginnt."

    Wenn dieses Verfahren in den Vorwahlkämpfen, die ja dann im nächsten Jahr beginnen werden, dann ständig noch neue Schlagzeilen produziert, kann sich das auf die Wahlchancen auswirken.

    Volker Depkat, Amerika-Historiker

    "Ich glaube ja immer noch, dass es einen Großteil von Amerikanerinnen und Amerikanern gibt, die entlang von Law & Order denken, die vielleicht politisch polarisiert sind, die dann aber doch die Urteile der Gerichte anerkennen, sofern sie denn auf regelkonforme und transparente Weise zustande gekommen sind. Das kann sich dann schon auch noch gegen Trump richten."
    Quelle: ZDF

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