EuGH zu Migration: Ungarns Asylverfahren vor Gericht

    FAQ

    Klage und Brüssel-Treffen:EU nimmt Ungarns Asylrecht unter die Lupe

    von Jan Henrich
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    Vor dem Europäischen Gerichtshof muss sich Ungarn erneut für sein Asylsystem verantworten. Gleichzeitig werden in Brüssel neue Regeln in der Migrationspolitik verhandelt.

    Arbeiter befestigen Stacheldraht am Zaun entlang der ungarischen Grenze zu Serbien in der Stadt Roszke, aufgenommen am 28.10.2022
    Die EU-Kommission verlangt von Ungarn Reformen in der Migrationspolitik. (Archivfoto)
    Quelle: AP

    Für seine rigide Asylpolitik wurde Ungarn bereits mehrmals von der Europäischen Kommission gerügt und auch verklagt. Am Donnerstag verhandelt der Europäische Gerichtshof über die Frage, ob Ungarn den Zugang zu einem fairen Asylverfahren absichtlich erschwert. Gleichzeitig diskutieren Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel über neue Regeln in der Migrationspolitik. Ein Überblick.

    Worum geht es in dem aktuellen Verfahren?

    Ungarn hatte während der Corona-Pandemie ein Gesetz erlassen, wonach Schutzsuchende zunächst in einer ungarischen Botschaft außerhalb der EU eine Absichtserklärung abgeben müssen. Nur nach einer daraufhin erteilten Einreisegenehmigung können sie überhaupt erst einen Asylantrag stellen.
    Die Europäische Kommission sieht darin einen Verstoß gegen europäisches Recht und hatte ein Vertragsverletzungsverfahren auf den Weg gebracht. Die Kommission wirft Ungarn vor, mit der Regelung den Zugang zu einem Asylverfahren in unzulässiger Weise zu beschränken und damit gegen die sogenannte Asylverfahrensrichtlinie der EU zu verstoßen.

    Wie hat der EuGH in den vorherigen Verfahren entschieden?

    Bereits in mehreren Fällen musste sich Ungarn vor dem Europäischen Gerichtshof für seine Asylpolitik rechtfertigen. Zuletzt hatten die Richter in Luxemburg im September vergangenen Jahres entschieden, dass Schutzsuchenden ein ordentliches Verfahren und eine begründete Entscheidung der ungarischen Asylbehörde zustehen.
    Eine Ablehnung, nur weil Sicherheitsbehörden Bedenken äußern, ohne weitere Angaben zu machen, reicht nicht aus. Auch der Umgang von Flüchtlingen an Ungarns Grenze ist immer wieder Thema. Unter anderem hatte der EuGH ungarische Transitlager für rechtswidrig erklärt.
    Damit steht Ungarn aber nicht allein da. Der Europäische Gerichtshof hat auch einer zu rigiden Asylpolitik in anderen EU-Staaten bereits Absagen erteilt und auch die deutschen Regeln im Umgang mit Schutzsuchenden standen schon auf dem Prüfstand.

    Welche Regeln kennt das europäische Asylsystem?

    Das europäische Asylsystem ist in vielen Bereichen harmonisiert. Allgemein gewährt die Europäische Grundrechte-Charta ein Recht auf Asyl. Eine ganze Reihe von Richtlinien und Verordnungen sollen zudem einheitliche Mindeststandards garantieren.
    Unter anderem beinhaltet die EU-Asylverfahrensrichtlinie das Recht auf einen fairen Zugang zum Asylverfahren. Allen Personen muss die Möglichkeit gegeben werden, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Die sogenannte Dublin-Verordnung klärt, welches europäische Land für die Bearbeitung der Anträge zuständig ist. Auch die Frage, wann überhaupt die Kriterien für einen internationalen Schutz erfüllt sind und wie mit minderjährigen Schutzsuchenden umzugehen ist, regelt das EU-Recht.
    Allerdings werden die Regeln in den Mitgliedsstaaten unterschiedlich ausgelegt, was sich auch auf den Zugang zu den Verfahren und die Verteilung in Europa auswirkt. So wurden beispielsweise 2021 in Ungarn, obwohl das Land eine EU-Außengrenze hat, insgesamt nur 40 Asylanträge gestellt.

    Was wird beim EU-Treffen diskutiert?

    Migration ist eines von drei Hauptthemen des aktuellen Gipfeltreffens in Brüssel, das Donnerstag und Freitag stattfindet. Dabei soll die Arbeit an einem umfassenden Migrationskonzept fortgesetzt werden. Ein Schwerpunkt der Verhandlungen liegt auf der wirksamen Kontrolle der EU-Außengrenze und der besseren Zusammenarbeit mit Drittstaaten. Auch sollen Personen, die nicht als Flüchtlinge anerkannt werden, schneller in ihre Heimatländer zurückgeführt werden.
    Insgesamt plant die EU an einer ganzen Reihe neuer oder überarbeiteter Regeln im Asylrecht. In einer Erklärung des Europäischen Parlaments heißt es, man wolle die Reform bis zu den Europawahlen 2024 abschließen.
    Jan Henrich arbeitet in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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