Care-Arbeit und Finanzen: So können Paare sich aufstellen

    Finanzen und Sorgearbeit:So können Paare sich fair aufstellen

    von Karen Grass
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    Viele Paare wollen Gleichberechtigung. Doch sobald ein Kind kommt, steckt oft die Frau im Job zurück. Drei Ideen, um finanzielle Schieflagen in der Partnerschaft auszugleichen

    Frau mit Kleinkind sitzt am Tisch
    Faire Paarfinanzen- so kann's gehen!06.03.2023 | 5:55 min
    "Am Ende hat doch das patriarchale System zugeschlagen", sagt Frederike. Sie und ihr Freund Lennart hatten bei der Familienplanung keine klassische Rollenverteilung im Kopf. Aber eine Beratung während der Schwangerschaft zeigte: Angesichts der höheren Kosten mit Kind und ihrer jeweiligen Verdienstaussichten wäre es absurd, wenn er Elternzeit nimmt.
    Also geht Lennart arbeiten und Frederike betreut größtenteils die Tochter, kann so ihr Masterstudium nur reduziert fortsetzen und nicht mehr jobben. Ihr richtiger Jobeinstieg verzögert sich.

    Das hat uns beide frustriert, dass diese Zwänge dann doch so groß sind.

    Lennart

    Lennart wäre gern bei seiner Tochter geblieben.

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    Männer und Frauen an ihrem Arbeitsplatz
    Grafiken

    Finanzen bei Paaren mit Sorgearbeit oft ungleich verteilt

    Solch unfreiwillige Muster können sich leicht verfestigen, so die Finanzexpertin Birgit Happel: "Eine Studie der Antidiskriminierungsstelle zeigt, dass Sorgearbeitleistende am Arbeitsmarkt diskriminiert und weniger ernst genommen werden, sodass sie im Job schlechter Fuß fassen."
    On top sind die Finanzen innerhalb der Paare während der Sorgearbeit oft ungleich verteilt. Bei Frederike und Lennart sehen sie so aus: Sie hat mit BAföG und Elterngeld etwas mehr als die Hälfte seines Einkommens. Was also tun, damit das Gefälle zumindest paarintern nicht zu groß wird? Drei Ideen:

    Das Drei-Konten-Modell

    Dieses Modell sieht eigene Konten für beide Partner*innen vor, über die sie jeweils die Hoheit haben - und ein gemeinsames für Fixkosten. Auch Lennart und Frederike überweisen ihre Fixkosten bisher hälftig von ihren jeweiligen Konten auf ein gemeinsames.
    Doch es gäbe noch Spielraum für mehr Fairness: So könnten die Fixkosten etwa anteilig der Finanzkraft der Partner*innen aufgeteilt werden. Oder die zweite Alternative: Es fließen erstmal alle Einnahmen auf das gemeinsame Konto, um damit zunächst die Fixkosten zu begleichen. Der Rest kann danach auf die individuellen Konten aufgeteilt werden - zum Beispiel hälftig. "Dann hätten beide gleich viel für eigene Bedarfe und private Vorsorge übrig", sagt Expertin Birgit Happel.

    • Partner*in A arbeitet wegen der Kinderbetreuung nur Teilzeit und hat 1.500 Euro netto zur Verfügung, Partner*in B 2.500 Euro. Zahlen sie beide hälftig die Fixkosten von 1.500 Euro, so bleiben für A noch 750 Euro für eigene Bedarfe und Vorsorge, für B dagegen 1.750 Euro pro Monat.
    • Zahlen die Partner*innen entsprechend ihrer Finanzkraft anteilig die Fixkosten, hieße das für A: Es verbleibt ein Budget von ca 935 Euro und für B von 1.565 Euro pro Monat.
    • Zahlen die Partner*innen alle Einnahmen aufs gemeinsame Konto, ziehen alle Fixkosten ab und überweisen danach den Rest hälftig auf die individuellen Konten zurück, hieße das: Beide, A und B, bekommen 1.250 Euro zur persönlichen Verfügung auf ihre Konten.
    • Achtung Schenkungssteuer: Bei unverheirateten Paaren liegt die Freibetragsgrenze der Schenkungssteuer anders als bei Ehepaaren bei nur 20.000 Euro auf zehn Jahre gerechnet. Sobald es um größere Beträge geht, die aufgeteilt werden sollen, kann deshalb Schenkungsteuer fällig werden. Verdient ein Part über längere Zeiträume deutlich mehr, kann deshalb Variante 2 - die anteiligen Einzahlungen aufs Fixkostenkonto und ansonsten getrennte Finanzen und Konten - sinnvoller sein. Solange die Eingänge auf das Gemeinschaftskonto nämlich lediglich der gemeinsamen Haushaltsführung dienen, unterliegen sie keiner Schenkungssteuer.

    Vorsorge-Ausgleich

    Lennart bespart ganz frisch eine Betriebsrente und hat ein paar Ersparnisse auf dem Konto. Ansonsten haben beide bisher keine private Vorsorge getroffen. Ein Einstieg in die Geldanlage könnten für junge Paare wie sie günstige Fondssparpläne sein. Der finanzkräftigere Part kann für sich sparen - und auch für den oder die Partner*in, etwa um verringerte gesetzliche Rentenansprüche aufgrund der Carearbeit auszugleichen.
    Wenn die Sorgeperson über ein faires Drei-Konten-Modell mehr persönliches Budget zur Verfügung hat, kann sie auch selbst einen Sparplan starten. Oder das Paar richtet einen gemeinsamen ein, auf beide Namen. "Gut wäre, wenn der oder die abzusichernde Partner*in bei dem Vorsorgeprodukt namentlich genannt oder eingetragen wird, damit die Person im Ernstfall gesicherte Ansprüche hat", sagt Birgit Happel.



    Partnerschafts-, Erb- und Ehevertrag

    Lennart und Frederike sind nicht verheiratet. In einer solchen Konstellation hat ein*e Partner*in bei Trennung oder einem Unglücksfall kaum gesicherte Ansprüche, etwa auf steten Unterhalt, Güterteilung oder Erbanteile. Um vorzusorgen, können solche Aspekte zwischen den Partner*innen vereinbart werden. Und zwar in einem Partnerschaftsvertrag und eventuell einem zusätzlichen Erbvertrag. Eheleute sind besser abgesichert, können aber Regelungen über gesetzliche Bestimmungen hinaus in einem Ehevertrag festhalten.

    Beides sind zivilrechtliche Verträge zwischen den Partner*innen. Sie können sehr individuell gestaltet sein und im Falle des Partnerschaftsvertrags etwa Anteile am Einkommen, Vermögen, Regelung der Haushaltsführung oder Unterhaltsansprüche regeln. Ausgenommen sind etwa Sorgerechtsfragen.

    Um in unverheirateten Partnerschaften das Erbe zu regeln, kann ein von beiden Seiten aufgesetzter und anders als ein persönliches Testament nur einvernehmlich zu ändernder Erbvertrag Sinn ergeben. Um rechtsverbindlich zu sein, braucht er eine notarielle Beglaubigung. Beim Partnerschaftsvertrag ist die ebenfalls sinnvoll, wenn eine gemeinsame Immobilie im Spiel ist.

    Frederike und Lennart sind unsicher, ob sie so etwas wollen - auch die Geldanlage ist noch Zukunftsmusik. "Am greifbarsten für uns wäre, unsere Anteile an den Fixkosten anzupassen", sagt Frederike.
    Ihre größte Hoffnung aber: beruflich möglichst bald Fuß zu fassen. Wenn ihre Tochter in die Krippe kommt, können sich Care-Arbeit, Lohnarbeit und Finanzen neu rütteln.
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