Inkontinenz bei jungen Frauen: Was sie tun können

    Was man dagegen tun kann:Inkontinenz: Auch junge Frauen sind betroffen

    von Corinna Klee
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    Viele Frauen leiden daran, aber kaum eine spricht darüber: Harninkontinenz. Was hilft, damit die ständige Suche nach der nächsten Toilette nicht zum Problem wird.

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    Harninkontinenz wird häufig auch als Blasenschwäche bezeichnet. Das ist allerdings irreführend, denn die Inkontinenz hat kaum etwas mit einer schwachen Blase zu tun. Meist ist ein geschwächter Beckenboden oder eine überaktive Blase die Ursache.

    Dranginkontinenz und Belastungsinkontinenz

    Man unterscheidet verschiedene Formen der Inkontinenz. Bei der Dranginkontinenz müssen Betroffene ständig, oft panikartig auf die Toilette. Viele kennen jede Möglichkeit dafür im Umkreis. Kommt es bei körperlicher Belastung, beim Husten, Niesen, Treppensteigen oder Heben zu einem unwillkürlichen Urinverlust, spricht man von einer Belastungsinkontinenz. Oft treten auch Mischformen auf.
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    Expertin: Beckenboden nach Geburt unterstützen

    Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Der Grund: Vorangegangene Schwangerschaften und Geburten belasten und schwächen den Beckenboden.
    "In Vorbereitung auf die Schwangerschaft wird der Beckenboden weich, um das Kind durchzulassen. Er zieht sich dann auch wieder zusammen in seine Ausgangsfestigkeit. Aber das dauert und das muss man unterstützen", erklärt Christiane Schiffner vom Beckenbodenzentrum am Klinikum Kassel.

    Tut man dies nicht oder nicht ausreichend oder belastet sich zu schnell zu stark, kann es zu einem dauerhaften Schaden kommen.

    Dr. Christiane Schiffner, Beckenbodenzentrum Klinikum Kassel

    Um den Beckenboden zu stärken und einer Harninkontinenz vorzubeugen, sollte deshalb nach jeder Schwangerschaft ein Rückbildungskurs besucht werden.
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    Konservative Behandlungsmöglichkeiten

    Bei der Dranginkontinenz können Medikamente die Blase entspannen. Bei der Belastungsinkontinenz muss der Beckenboden gestärkt werden. Kann man den Beckenboden gut spüren und weiß, wie man ihn anspannt und entspannt, gibt es eine Reihe von Übungen sowie Hilfsmittel unter anderem mit Gewichten, um den Beckenboden aktiv zu trainieren.

    Ich empfehle diese Hilfsmittel gerne, wenn ich weiß, dass die Patienten den Beckenboden gut anspannen können und in der Lage sind, diese Gewichte auch zu halten und damit zu trainieren.

    Dr. Christiane Schiffner, Beckenbodenzentrum Klinikum Kassel

    Es bringe nichts, diese Gewichte anzuwenden, wenn der Beckenboden zu schwach sei, so die Gynäkologin. Auch spezielle Apps, Kurse oder Bücher mit entsprechenden Übungen seien hilfreich, um den Beckenboden zu trainieren und damit zu stärken. Zudem bieten speziell ausgebildete Physiotherapeutinnen und -therapeuten gezieltes Beckenbodentraining an. Die entsprechende Therapie kann vom Facharzt verordnet werden.

    Drei Übungen, die den Beckenboden stärken




    Hilfsmittel, um den Beckenboden wahrzunehmen

    Können Frauen den Beckenboden nicht spüren, gibt es zwei effektive Hilfsmittel, die die Wahrnehmung des Beckenbodens erleichtern und die Kräftigung der Muskulatur fördern:
    Bei der Elektrostimulation des Beckenbodens wird ein Applikator vaginal eingeführt, der den Beckenboden stimuliert. Er wird dadurch gekräftigt. Nach einiger Zeit kann die Betroffene ihn dann auch selbst anspannen.
    Eine andere Möglichkeit ist das Biofeedback: Dabei werden die Muskelaktivitäten während einer Übung mit einer Vaginalsonde gemessen und angezeigt. Die Betroffene erhält also unmittelbar eine Rückmeldung, wie gut der Beckenboden während des Trainings angespannt werden kann.

    Scheidentampons können helfen

    Kommt es in bestimmten Situationen, zum Beispiel beim Sport immer wieder zu unkontrolliertem Urinverlust, können Frauen auch einen speziellen Scheidentampon oder ein Pessar nutzen. Beide Varianten werden bei Bedarf eingeführt und erzeugen einen Druck gegen die Scheidenwand. Dadurch wird der Harnverlust für die Zeit, in der das Hilfsmittel getragen wird, verringert oder vermieden. Diese Hilfsmittel kommen infrage, wenn eine Operation umgangen oder aufgrund von Familienplanung herausgezögert werden soll.

    Zeigen konservative Behandlungsmöglichkeiten keinen Erfolg oder ist der Leidensdruck aufgrund der Inkontinenz sehr hoch, kann eine Operation helfen. Seit einigen Jahren gibt es dafür eine recht einfache Methode, das Einlegen eines TVT-Gewebebands. TVT steht für "tension free vaginal tape", also spannungsfreies Vaginalband. Es besteht aus Polypropylen, wird um die Harnröhre gelegt und hinter dem Schambein hochgezogen. Die Harnröhre wird dadurch gestützt und kann sich bei Belastungen nicht mehr senken. Ein solcher Eingriff sollte erst nach abgeschlossener Familienplanung erfolgen. Der Eingriff dauert etwa 20 Minuten und kann auch in Lokalanästhesie erfolgen. Das Band verbleibt dauerhaft im Körper.

    Tipps für den Alltag bei Inkontinenz

    • Regelmäßig trainieren: Neben speziellen Übungen kann man auch im Alltag den Beckenboden jederzeit anspannen und loslassen, zum Beispiel beim Warten an der Ampel oder an der Kasse.
    • Husten und Niesen: Um den Beckenboden nicht zu stark zu belasten, eine möglichst aufrechte Position einnehmen und über die Schulter nach hinten niesen oder husten.
    • Richtig Heben: Gerade bei schweren Gegenständen rückengerecht heben und den Beckenboden beim Aufrichten anspannen.

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