Halloween: Wie viel Angst und Grusel vertragen Kinder?

    Horror an Halloween:Wie viel Grusel vertragen Kinder?

    von Usha Jain
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    Monster, Geister und Hexen - sich an Halloween zu erschrecken und zu gruseln, macht Kindern großen Spaß und Eltern große Sorgen. Fünf Tipps für den richtigen Umgang mit dem Horror.

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    Halloween wird in Deutschland immer beliebter. Laut einer Statista-Umfrage, in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut YouGov, waren im Oktober 2022 etwa ein Fünftel der Erwachsenen auf kleine Schreckgestalten an der Tür vorbereitet. Doch ist Grusel überhaupt etwas für Kinder? ZDFheute fragt nach bei Kinderpsychologin Karen Krause.
    Eines vorneweg: Ängste sind etwas Gesundes, Wichtiges. Sie warnen vor Gefahren, versetzen den Körper in Alarmbereitschaft und mobilisieren Energiereserven für Flucht oder Angriff.

    Tipp 1: Kinder sollten Angst üben

    "Kinder müssen lernen, ein Angst-Signal wahrzunehmen und einzuordnen", sagt Karen Krause, geschäftsführende Leiterin des Zentrums für Kinder- und Jugendpsychotherapie am Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit der Ruhr-Universität Bochum.
    Im Klinikalltag erlebt sie viel zu oft, dass Eltern versuchen, ihre Kinder vor schwierigen Situationen zu beschützen. Sie dagegen betrachtet das Üben vom Umgang mit Angst und schwierigen Situationen als wichtige Herausforderung und Aufgabe in der Erziehung von Kindern.

    Halloween ist eine gute Gelegenheit zu üben, wie man mit beängstigenden Gefühlen umgeht und dass man sie sowohl aushalten als auch überwinden kann.

    Karen Krause, Kinderpsychologin

    In der Psychologie wird Angst als emotionaler Zustand beschrieben, der sich auf verschiedenen Ebenen zeigt:

    1. Auf der Verhaltensebene: Durch sogenanntes "Freezing", also Erstarren oder die Vermeidung einer Handlung oder Situation.

    2. Auf der körperlichen Ebene: Durch Zittern, Schwitzen, Magengrummeln etc.

    3. Auf der gedanklichen Ebene: Durch Angstgedanken wie "Ich schaffe das nicht" oder "Mir wird etwas Schlimmes passieren".

    Diese drei Ebenen beeinflussen sich gegenseitig. Wer wovor Angst hat und wer nicht, ist von vielen Faktoren abhängig. Zum Beispiel von der kindlichen Entwicklungsstufe, von individuellen Erfahrungen, wie eine Situation erlebt wurde, vor allem aber auch davon, wie sie von der erlebenden Person bewertet wurde.

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    Tipp 2: Trauen Sie Ihren Kindern etwas zu!

    "Durch die Bewältigung schwieriger Situationen erfahren Kinder Selbstwirksamkeit und solche Erfahrungen sind enorm wichtig für ein gesundes Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen", sagt Karen Krause. Sie ermutigt Eltern, ihren Kindern etwas zuzutrauen. "Manche Kinder entdecken dabei sogar Spaß am Gruseln, wenn sie wissen, dass sie in Sicherheit sind", erläutert die Kinderpsychologin.

    Wenn nach der Angst die Erkenntnis einsetzt, dass man eine kritische Situation gut überstanden hat, schüttet der Körper Endorphine aus, die für Glücksgefühle sorgen. Psychologen sprechen in diesem Zusammenhang von Angst-Lust. Ob eine Fahrt in der Geisterbahn oder ein Bungee-Sprung - immer dann, wenn nach einem Angstmoment Erleichterung einsetzt, wird das von vielen Menschen als "Kick" empfunden, von anderen aber nicht.

    Tipp 3: Auf die Grusel-Dosis kommt es an

    Die Mischung macht’s - auch beim fröhlichen Gruseln. "Eine professionelle Halloween-Party mit Sound- oder Lichteffekten und haarsträubenden Kostümen schießt sicher weit über das Ziel hinaus", sagt die Diplom-Psychologin. "Aber eine private Grusel-Party mit selbst gebastelter Deko und Verkleidung ist völlig in Ordnung." Hilfreich für die kindliche Entwicklung sei es auch, mit dem Rollentausch zu spielen und das eigene Kind mal Monster sein zu lassen.
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    Tipp 4: Kinder auf Halloween vorbereiten

    Das Herantasten ans Schaurige kann auch über gemeinsames Basteln und Verkleiden passieren. "So erfahren die Kinder, dass nicht alles so gefährlich ist, wie es vielleicht auf den ersten Blick aussieht", sagt Karen Krause.
    Die Kinderpsychologin rät Eltern, mit kleineren Kindern außerdem vorher zu besprechen, dass man heute mal mit der Angst spielen wolle. "Gemeinsam lässt sich so herausfinden, was dem Kind Angst macht, und was es braucht, um damit umgehen zu können. Wichtig ist es aber, in Kontakt mit seinem Kind zu bleiben, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was es aushalten kann und was nicht."
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    Tipp 5: Gefühle der Kinder ernst nehmen

    Aussagen wie "Feigling" oder "Stell dich nicht so an" hält die Kinderpsychologin für kontraproduktiv: "Gefühle können niemals falsch sein", sagt Karen Krause.

    Es ist wichtig, dass Eltern die Empfindungen ihrer Kinder ernst nehmen.

    Karen Krause, Kinderpsychologin

    Die Kinderpsychologin erklärt: "So können schon die Kleinen den Umgang mit ihren Gefühlen lernen und das ist essenziell, für eine gute psychische Gesundheit und ein hohes Maß an Selbstwertgefühl."
    Ob ein Kind Dunkelheit beängstigend oder spannend findet, hängt letztendlich auch davon ab, wie die gedankliche Ebene die Dunkelheit bewertet. "Und dieser Bewertung entsprechend wird ein Schrecken als beklemmend oder angenehm empfunden", sagt Karen Krause. Genau das könnten Eltern mit Kindern in einer Halloween-Situation erleben und besprechen.

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