Flicks Kader-Nominierung - Gesucht sind: 26 Mann für die WM

Hansi Flick hat sich dazu entschieden, in dieser Englischen Woche kein Bundesliga-Spiel mehr in Augenschein zu nehmen. Somit bekommt der Bundestrainer auch den Protest gegen das umstrittene WM-Turnier in den Stadien nicht zu Gesicht.

Flick hat ungeachtet aller Bauchschmerzen und Boykottaufrufe der Fanszene einen anderen Auftrag: Bei der WM in Katar die deutsche Nationalelf zurück in die Weltspitze zu führen. Und auch da gibt es vor der Reise ins Emirat wieder mehr Baustellen als Flick lieb ist.

Deshalb wird die Kaderbekanntgabe am Donnerstag (12 Uhr/ZDF-Livestream) in Frankfurt nun doch mit einer gewissen Spannung erwartet.

Viele schauen auf die Abteilung Mittelfeld und Angriff, die seit geraumer Zeit - eine Folge des Stürmerproblems in Deutschland - stets zusammengefasst ausgewiesen wird.

Der Ausfall von Timo Werner (Syndesmosebandriss) hat Planspiele für die Offensive zunichte gemacht, denn Flicks Spielphilosophie war auf einen laufstarken Mittelstürmer ausgerichtet, der mit Tempo die Tiefe sucht.

Der Ersatz könnte Thomas Müller heißen, doch die Probleme mit Hüfte und Becken erlauben bis zur WM kein Bundesligaspiel für den FC Bayern mehr. Berufen wird Flick seinen Lieblingsspieler in den 26-köpfigen Kader trotzdem.

Müller ist nicht der Einzige, der nicht im Vollbesitz seiner Kräfte ist. Das könnte letztlich Marco Reus den Kaderplatz kosten, denn mit ihm würde es dann zwei 33-Jährige geben, die nur eingeschränkt belastbar sind.

Auch Lukas Nmecha ist keine Option mehr. Wie sein Verein am Donnerstag bekannt gab, hat sich der Wolfsburger beim 2:0-Sieg gegen den BVB tags zuvor einen Teilabriss der Patellasehne im rechten Knie zugezogen und steht damit für die WM nicht zur Verfügung. Nmecha galt zuletzt aber ohnehin nicht als ganz heißer WM-Kandidat.

Absolute Fitness ist für dieses eng getaktete Turnier, bei dem nach einem fünftägigen Kurztrainingslager im Oman bald das erste WM-Spiel gegen Japan (23. November/14 Uhr) wartet, nun mal eine Grundvoraussetzung. Das hat Flick jedenfalls gebetsmühlenartig gepredigt.

Vieles deutet inzwischen darauf hin, dass zwei Angreifer berufen werden, die noch kein A-Länderspiel bestritten haben, sich aber seit Wochen in starker Form präsentieren. Youssoufa Moukoko, fintenreicher, talentierter Stürmer von Borussia Dortmund, und Niclas Füllkrug, kopfballstarker, robuster Stoßstürmer von Werder Bremen. Der eine noch 17, der andere schon 29 Jahre alt.

Beide haben ihrer Karriere zuletzt einen Schub gegeben, beide sollen auf der vorläufigen Kaderliste stehen - und beide hatten Kontakt mit dem Bundestrainer.

Flick plant wohl keinen der beiden in der Stammelf ein, aber er sieht Bedarf für die so genannte "Wenn-dann"-Option: Wenn es gegen Japan oder Spanien in der Gruppenphase stockt oder im Achtelfinale einen Rückstand gibt. Mit Moukoko hätte er die kleine, wendige, mit Füllkrug die große, wuchtige Variante. Ist dann noch Platz für weitere Überraschungsgäste?

Mindestens 16 Akteure haben ihren WM-Platz sicher, dazu zählen drei Torhüter (Manuel Neuer, Marc-André ter Stegen, Kevin Trapp), drei Innenverteidiger (Antonio Rüdiger, Niklas Süle, Nico Schlotterbeck), drei zentrale Mittelfeldspieler (Joshua Kimmich, Ilkay Gündogan, Leon Goretzka) sowie jene Akteure mit Allround-Qualitäten, denen Flick oft vertraut hat (Thilo Kehrer, Jamal Musiala, Leroy Sane, Serge Gnabry, Kai Havertz, Jonas Hofmann und Müller).

Das größte Kopfzerbrechen bereitet dem Bundestrainer die linke Außenbahn, sonst hätte er nicht über den Notfallplan mit Jonas Hector nachgedacht. David Raum wirkt zu eindimensional, Robin Gosens war lange verletzt.

Es könnte ausgesprochen knifflig werden, für wen sich der Bundestrainer auf einer weiteren Problemposition des deutschen Fußballs entscheidet.

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