"Fortuna für alle": Modell Düsseldorf – Bundesliga umsonst

    "Fortuna für alle":Modell Düsseldorf - Bundesliga kostenlos

    von Ralf Lorenzen
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    Fortuna Düsseldorf bietet Tickets mit Hilfe von Sponsoren demnächst kostenlos an - zunächst für drei Spiele. Das bringt neue Fans und Gelder, aber auch Risiken und Abhängigkeiten.

    Bolzplatz: FC Düsseldorf
    Sportjournalist Manu Thiele analysiert: Kann das Modell der kostenlosen Tickets von Fortuna Düsseldorf auch für die Bundesliga funktionieren?18.05.2023 | 14:10 min
    Der frühere Manager von Werder Bremen, Willi Lemke, hat in seiner Amtszeit einige Innovationen auf den Weg gebracht - zum Beispiel VIP-Logen und Einlaufkinder. Eine Marketingidee musste allerdings 34 Jahre warten, bis sie wieder aufgegriffen wurde: der komplette Verkauf eines Bundesliga-Spiels an einen Sponsor. Im Ergebnis war das Weserstadion bei Werders Heimspiel gegen den Tabellenletzten Waldhof Mannheim im März 1989 voll statt halbleer und in Werders Kassen klingelte statt 50.000 Mark mehr als das Doppelte.

    45 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre

    Weitere Sponsoren für diese Aktion fand Lemke genauso wenig wie Nachahmer in anderen Klubs. Bis Fortuna Düsseldorf vor ein paar Wochen eine ähnliche Idee präsentierte. "Fortuna für alle" heißt das Modell, in dessen Rahmen in der kommenden Saison zunächst bei drei Heimspielen die Ticktes verschenkt werden sollen.
    Möglich ist dies durch eine Zahlung von 45 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre von drei Sponsoren. Die erwerben damit das "Image eines antikommerziellen Fußballs", wie Sportökonom Christoph Breuer im Bolzplatz by Manu Thiele sagt. "Das kann wirklich sehr spannend sein, weil es speziell ist und nicht an jedem Standort angeboten wird."

    Ziele: Aufstieg und alle Spiele frei

    Durch weitere Sponsoren erhofft sich die Fortuna perspektivisch "bei allen Liga-Heimspielen freien Eintritt zu ermöglichen." Die eingenommenen Gelder sollen nicht nur die Ticketeinnahmen kompensieren, sondern zusätzlich in Infrastruktur, Kader, Nachwuchsarbeit, Frauenfußball, Breitensport und Nachhaltigkeitsprojekte fließen. Das übergeordnete Ziel ist die Rückkehr und Etablierung in der 1. Bundesliga.
    Stadion Fortuna Düsseldorf
    Zweitligist Fortuna Düsseldorf wird ab nächster Saison zunächst ausgewählte Partien und langfristig alle Heimspiele für Zuschauer kostenfrei anbieten. Sponsoren machen es möglich.26.04.2023 | 0:50 min
    Damit verbunden ist ein zweites Ziel: die Gewinnung neuer Fans durch die größere Auslastung des Stadions mit einer Kapazität von knapp 55.000 Zuschauern.

    Das ist eine Konsequenz eines so großartigen Erlebnisses, wenn du mit Vati, Mutti, deinen Brüdern oder Schwestern ins Stadion gehst.

    Willi Lemke im Bolzplatz

    Mehr Fans, mehr Kohle

    Mehr Fans bringen nicht nur mehr Emotionen, sondern auch Geld in die Kasse. "Wenn ich sonst 20 Euro für ein Ticket gezahlt hätte, jetzt aber 20 Euro mehr n der Tasche habe, werden sich die meisten noch eine Pommes mehr leisten und ein Bier mehr bestellen", sagt Thomas Kessen von der Fan-Organisation "Unsere Kurve".
    Bei den erhofften Zusatzeinnahmen geht es längst nicht mehr nur um Bratwurst und Schals. In der Premier League hat man errechnet, dass weltweit 150 bis 250 Millionen Zuschauer bereit wären, bis zu 100 Pfund im Jahr für digitale Angebote rund um den Fußball zu zahlen.

    Risiken: Schwarzmarkt und unfaire Verteilung

    Eine große Herausforderung bei der Umsetzung des Modells besteht neben der Eindämmung eines Schwarzmarktes bei ausgelasteten Spielen in einer möglichst fairen Verteilung der Karten. "Egal, ob in der Kurve, oder der Opa mit der Sitzplatzdauerkarte - sie sind seit Jahren oder Jahrzehnten dort und sollen gerade bei den spannenden Spielen nicht für irgendwelche Touristen weichen, die gerade zufällig in Düsseldorf sind", formuliert Thomas Kessen den Anspruch der Fans. Geplant ist, dass Vereinsmitglieder Vorrang bei der Verteilung haben.
    Als weiteres Risiko nennt Manu Thiele die Abhängigkeit von den Sponsoren. "Insgesamt fünf Jahre ist es abgesichert. Aber: Was ist dann? Wenn die Sponsoren die Lust verlieren, ist es vorbei", sagt Thiele und verweist auf das sogenannte Crowding-Out-Phänomen. Kurz: Wenn etwas einmal kostenlos war, wird es schwierig, dafür wieder Geld zu verlangen.

    Kein Modell für alle

    Das Fazit von Manu Thiele zum Düsseldorfer Modell lautet:

    Es wirkt wie ein neuer Schritt in der Kommerzialisierung.

    Manu Thiele

    Eine Nachahmung scheint auch diesmal fraglich, da nur wenige Klubs ähnlich günstige Voraussetzungen dafür mitbringen wie die Fortuna. Neben dem großen, unausgelasteten Stadion sind dies laut Christoph Breuer "ein starker Wirtschaftsstandort, um zusätzliche Sponsoren zu generieren" und "ein großes Einzugsgebiet mit potenziellen Besuchern".

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