Nach elf Jahren: Bayern droht Wachablösung

Der Titelkampf ist so spannend wie seit vielen Jahren nicht mehr. Zehn Mal nacheinander streckte der FC Bayern zum Saisonende die Meisterschale in die Luft - doch die aktuelle Lage ist alles andere als komfortabel für den Rekordmeister. Mit dem Trainerwechsel von Julian Nagelsmann zu Thomas Tuchel vor knapp einem Monat ging es sportlich fast nur noch abwärts: Tuchel gewann nur zwei seiner bislang sieben Spiele. Zuletzt verloren schwache Bayern gegen Mainz verdient mit 1:3.

Auf der Gegenseite ist Borussia Dortmund in der Rolle des Gejagten. Nach dem souveränen 4:0-Sieg gegen Eintracht Frankfurt vergangenen Spieltag übernahm der BVB die Tabellenspitze und geht mit einem Punkt Vorsprung in den Schlussspurt.

In den vergangenen Jahren hat Dortmund schon ähnliche Phasen unter den Ex-Trainern Lucien Favre oder auch Thomas Tuchel erlebt. Doch entweder haperte es an der nötigen Konstanz in Drucksituationen - häufig als Mentalitätsproblem abgestempelt - oder es scheiterte an der überwältigenden Münchener Dominanz. Offen, wie Edin Terzics Mannschaft nun agiert. Immerhin spielen die heimstarken Dortmunder noch drei Mal vor eigenem Publikum, was viele Experten als Vorteil sehen.

Hart umkämpft ist auch das Rennen dahinter um die internationalen Plätze. Die besten Chancen auf ein Ticket zur Champions League haben aktuell Union Berlin und der SC Freiburg. Beide Teams spielen mit viel Teamgeist und Leidenschaft eine konstantere Saison, als ihnen von vielen zu Saisonbeginn zugetraut worden ist.

Eine übertriebene Euphorie kommt dabei allerdings nicht auf, woran die Trainer Urs Fischer sowie Christian Streich einen großen Anteil haben. Forsche Ziele, wie die Meister-Ansage von Sebastian Kehl für den BVB, sprechen die Verantwortlichen der vermeintlichen Underdogs öffentlich nicht aus - wohl wissend, dass bei fünf ausstehenden Spieltagen noch zwei spielerisch starke Teams in ihrem Nacken lauern.

Gemeint sind RB Leipzig und Bayer Leverkusen, deren direktes Duell am vergangenen Spieltag zugunsten der Leverkusener (2:0) ausging. Infolgedessen ist Leipzig auf den Europa-League-Rang fünf abgerutscht. Wie zuletzt gegen Bochum verschenkte RB Punkte in einem Spiel, in dem sie eigentlich die bessere Mannschaft waren.

Zum Trumpf im Saisonfinale könnte der wiedergenesene Christopher Nkunku werden: Obwohl er in neun Spielen verletzungsbedingt nicht auflaufen konnte und in fünf Partien nur eingewechselt wurde, ist er mit zwölf Treffern noch immer der beste Torschütze der Sachsen.

Die Werkself hingegen bestätigte ihre phänomenale Form: In den letzten 13 Pflichtspielen blieben sie ungeschlagen und holten zehn Siege. Bleibt Xabi Alonsos Team im Saisonfinale ähnlich stabil, könnte sogar mehr als nur die Qualifikation zur Europa League drin sein.

Chancen auf die Europa League oder den Conference Cup rechnen sich außerdem der FSV Mainz 05, VfL Wolfsburg und Eintracht Frankfurt aus. Die SGE steckt allerdings aktuell in einem Tief, der letzte Sieg ist neun Spieltage her. Um die Wölfe steht es besser, zuletzt haben sie mit dem Remis in Leverkusen und dem Sieg gegen Bochum wichtige Zähler einfahren können. In Topform befinden sich ebenfalls die Mainzer: Bo Svenssons Team ist seit zehn Spielen ungeschlagen und hat dabei die Top-Mannschaften allesamt - teils deutlich - geschlagen. Dadurch ist der FSV von Platz zwölf auf Rang sieben geklettert.

Wie schon in den letzten Jahren könnte der siebte Platz für die Europa-Qualifikation reichen. Dieser Fall tritt ein, wenn der diesjährige DFB-Pokal-Sieger einen der ersten fünf Tabellenplätze belegt. Schaffen könnten das die beiden Halbfinalisten Freiburg oder Leipzig, deren direktes Duell das ZDF kommenden Dienstag live überträgt.