Vorrundenbilanz zur EM:Push von den Rängen hat Außenseiter beflügelt
von Frank Hellmann
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Fußballerisch teilweise, hat die EM-Vorrunde vor allem atmosphärisch voll überzeugt. Kleinere Nationen haben die Stimmung auf den Rängen auch in Leistung auf dem Rasen umgemünzt.
Das mächtige Gewitter über dem Frankfurter Stadtwald hatte sich längst verzogen, als sich bei der Fußball-EM gestern Abend Hunderte Rumänen vor der Haupttribüne nach dem Gruppenspiel gegen die Slowakei (1:1) mit ihren sonnengelben Trikots sammelten. Ihre Smartphones hielten sie in der Abenddämmerung bereits im Anschlag, denn jeden Moment musste der Bus des rumänischen Nationalteams ausparken.
Nationaltrainer Edward Iordanescu hat nun genau solche Sequenzen erwähnt, die seiner Mannschaft so viel Motivation zum sensationellen Gruppensieg gegeben hätten. "Normalerweise beginne ich damit, unseren Spielern ein Kompliment zu machen. Dieses Mal möchte ich mit unseren Fans beginnen. So etwas erlebt man nur einmal im Leben."
Der in Bukarest geborene Iordanescu spürt seit dem ersten Tag des Turniers, wie emotional seine Landsleute die Spiele erleben - und wie viel Inspiration der Fußball stiftet. 35.000 Anhänger erlebten in der Mainmetropole, wie eine neue Generation es Idolen wie Gheorghe Hagi nachmacht, die einst bei der WM 1994 bis ins Viertelfinale kamen. Für ihn ist jetzt eine "Generation der Seele" am Werk. Zeit für eine neue Erfolgsgeschichte der Rumänen, die sich auf ein Achtelfinale gegen die Niederlande freuen.
Österreich gegen Türkei sogar Favorit
Auch der Gruppensieg von Österreich ist eine Sensation. Deren Protagonisten berichten, dass sie gar nicht anders können, als den Support als Ansporn zu sehen, ans Limit zu gehen. Der österreichische Antreiber Marcel Sabitzer erzählte in Berlin, dass man sich die Videos als Motivation anschaue:
Wir fühlen uns mit dem Land sehr verbunden: Wenn so viele Österreicher zugucken ist das sehr besonders - dann wollen wir etwas zurückgeben.
Marcel Sabitzer, Österreich
Gegen die Türkei trägt das Team von Ralf Rangnick sogar die Bürde des Favoriten.
Gute Stimmung, schlechte Organisation
Dänemarks Abräumer Pierre-Emil Højbjerg gab sich schier beeindruckt von der Atmosphäre, die vielen Kickern aus kleineren Nationen Beine macht: "Ich muss ehrlich sagen, dass die Stimmung, die Fans, das Land einfach sehr toll sind. Man hat das Gefühl, die Menschen kommen her, um Fußball zu feiern."
Insbesondere nach der für Europa eher unliebsamen WM 2022 in Katar, den Covid-Beschränkungen bei der verstreuten EM 2021 ist dieses Turnier endlich wieder eines, bei dem eine Wechselwirkung von den Rängen auf den Rasen schwappt. Ein gut erreichbares Austragungsland im Herzen von Europa ist insofern ein Glücksfall.
Störend nur, dass es so viele Probleme mit dem öffentlichen Transport gab. Gar nicht mal so sehr die Fernzüge, aber oft die Anbindung mit Straßenbahnen und Bussen von Bahnhöfen zu den Stadien erwuchs sich zum Problem. Dass Turnierchef Philipp Lahm einmal im Zug feststeckte, als in Düsseldorf ein Fernsehinterview auf dem Feld zu geben, war bezeichnend. Doch Lahm will nicht meckern: "Insgesamt sind wir doch sehr zufrieden, wie alles abläuft."
Georgien möchte ganz Europa etwas beweisen
Auch er freut sich an Mannschaften, die mit Lust und Leidenschaft aufspielen, um weit zu kommen. So überrascht Georgien gleich bei der ersten EM-Teilnahme. Der Franzose Willy Sagnol ist mit der Devise gekommen: "Wir wollen ganz Europa etwas beweisen."
Herzerfrischend wirkt seine Herangehensweise, weil Angriff die beste Verteidigung ist. Auch die Slowakei hat mit dem Italiener Francesco Calzona einen, der eine andere Mentalität verankert hat: "Wir wollen immer offensiv sein." Der Lohn ist für beide Außenseiter das Achtelfinale.
Fast alle Favoriten im Achtelfinale
Im Achtelfinale stehen mit Ausnahme von Kroatien dennoch alle Favoriten, allerdings sind nicht alle Gruppensieger geworden. Auch Frankreich als Topfavorit landete nicht ganz vorne. "Wir sind Zweiter, also haben wir unser erstes Ziel erreicht", sagte Nationaltrainer Didier Deschamps fast trotzig.
Sein Team hat genau wie England, Italien oder die Niederlande kaum Akzente mit spielerischer Leichtigkeit gesetzt. Das kann mit dem Modus zu tun haben. Oder der Tatsache, dass deren Spieler zum Großteil aus Topklubs mit einer kräftezehrenden Saison kommen.
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