Fußball: Der Glaube ist zurück bei Klopps FC Liverpool

"Erleichterung". Das war das Wort, das Jürgen Klopp nach dem ersten Sieg in der Premier League in diesem Jahr herausstellte. 2:0 hieß es durch Tore von Mo Salah und Neuzugang Cody Gakpo im Merseyside-Derby gegen den FC Everton. "Das fühlte sich an wie wir, das sah nach uns aus", sagte Klopp.

Trotz dieses Statements bleibt der FC Liverpool auf Platz neun der Tabelle stecken, der Abstand zu den Champions League-Plätzen ist enorm. Aus Liga- und FA-Cup sind die Reds schon raus – so bleibt nur noch die Champions League, um die Saison zu retten. Am Dienstag kommt Real Madrid an die Anfield Road.  

"Der FC Liverpool versinkt tief in der Krise", beginnt Manu Thiele seine aktuelle Bolzplatz-Sendung. In der englischen Presse waren in den vergangenen Wochen schon Vergleiche mit dem Ende von Klopp bei Borussia Dortmund aufgetaucht, wo er nach sieben Jahren gegangen war. In Liverpool befindet er sich gerade in seiner achten Saison.

Definitiv vergleichbar waren Klopps Anfänge in den Arbeiterstädten Dortmund und Liverpool. Auch die Reds befanden sich 2015 wie der BVB 2008 im tiefsten Mittelmaß. Laut Klopp war das Grundgefühl: "Wir gewinnen ohnehin nichts mehr!" Er versprach hingegen, innerhalb von vier Jahren einen Titel zu holen. 

Eine Vorahnung auf das, was dann folgen sollte, gab es schon in der ersten Saison, als die Reds im Viertelfinale der Europa League ausgerechnet gegen den BVB aus einem 1:3 noch ein 4:3 machten und ins Halbfinale einzogen. "Jeder hat geahnt, hier passiert noch etwas, man konnte es fühlen, man konnte es schmecken", sagte Klopp über diesen Abend.

Nach und nach baute er seine Mannschaft mit dem Wundersturm Mohamed Salah,  Sadio Mané und Roberto Firmino auf, die 2019 die Champions League und 2020 den Meistertitel gewann. "Es gibt kaum einen Trainer, dessen Stil so unverwechselbar ist", sagt Manu Thiele über Klopp.  

In der Corona-Saison 2020/21 gab es die erste tiefere Delle in Klopps Amtszeit. Zum Ausschluss der Fans kam großes Verletzungspech. Bis zum 34. Spieltag lag das Team noch auf Platz sieben, konnte sich aber noch auf den dritten Platz retten.

Verletzungssorgen in allen Mannschaftsteilen prägen auch die aktuelle Saison, aber die Probleme liegen tiefer. Die letzte Saison mit 63 Spielen hat viel Kraft gekostet. Nicht nur körperlich, auch mental: Vier Titel waren möglich, Meisterschaft und Champions League wurden im letzten Moment verspielt. "Es wirkt so, als ob die Energie und die Frische fehlen", sagt Manu Thiele.

Dazu wurde der Umbruch verpasst, auf dem Transfermarkt wurden die Besitzer, die sparsamer agieren als die Investoren der Konkurrenz, kaum tätig. "Liverpool hat an entscheidenden Punkten im Kader nicht nachgebessert - vor allem im Mittelfeld", sagt der Journalist und Premier League-Experte Hendrik Buchheister. "Es ist seit Jahren ein Problem, dass man eine große Abhängigkeit von Spielern wie Fabinho, Henderson oder Thiago hat."

Auf der anderen Seite konnte der Abgang von Mané zum FC Bayern erst jetzt durch die Winter-Verpflichtung des Niederländers Cody Gakpo einigermaßen kompensiert werden. Abgesänge auf Jürgen Klopp sind allerdings verfrüht. Er wirkte in den letzten Wochen zwar zunehmend genervt, aber nicht resigniert.

"Jeder fängt heute Abend an, wieder ein bisschen mehr an sich zu glauben", sagte er nach dem Sieg gegen Everton. Und die Liverpooler glauben sowieso an ihn. So schrieb kürzlich die Zeitung "The Guardian": "Klopp bleibt das wertvollste Kapital des Vereins, der stärkste Faden zwischen dem gerade vergangenen Liverpool und dem, das aufgebaut werden muss."