Fußball-WM: DFB-Kapitän Neuer spielt ohne "One Love"-Binde

    Fußball-WM in Katar:Manuel Neuer spielt ohne "One Love"-Binde

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    Kapitän Manuel Neuer wird bei den WM-Spielen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Katar nun doch nicht mit der "One-Love"-Kapitänsbinde auflaufen.

    Der Deutsche Fußball-Bund verzichtet nach der Androhung von Sanktionen durch die FIFA auf die "One Love"-Kapitänsbinde für Manuel Neuer.
    Nach Beratungen der Arbeitsgruppe der Europäischen Fußball-Union UEFA mit dem Fußball-Weltverband entschieden die beteiligten UEFA-Nationen, das Risiko einer möglichen Gelben Karte oder anderer sportlicher Sanktionen während der WM in Katar nicht einzugehen.

    Neuendorf: Machtdemonstartion der FIFA

    "Es handelt sich aus meiner Sicht um eine Machtdemonstration der FIFA", sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf am Montag am Trainingsplatz der deutschen Nationalmannschaft im Norden Katars.

    Das ist aus unserer Sicht mehr als frustrierend und auch ein beispielloser Vorgang der WM-Geschichte.

    Bernd Neuendorf, DFB-Präsident

    "Wir wollen nicht, dass der Konflikt, den wir zweifellos haben, auf den Rücken der Spieler ausgetragen wird. Wir stehen zu unseren Werten", sagte Neuendorf. DFB-Geschäftsführer Oliver Bierhoff äußerte, es fühle sich "schon stark nach Zensur an".

    Deutschland und "One Love"-Binde
    :Ein Hoch auf die Feigheit

    Nach dem Verbot der "One Love"-Binde durch die FIFA sind der DFB und seine europäischen Mitstreiter eingeknickt. Es lebe der Kleingeist, kommentiert Béla Réthy.
    von Béla Réthy
    Manuel Neuer mit "One Love"-Kapitänsbinde
    Kommentar

    Harry Kane gegen Katar ohne Binde

    Neben dem DFB verzichten wegen des massiven FIFA-Drucks auch die weiteren sieben europäischen Verbände auf die Kapitänsbinde. Der erste betroffene Profi war Englands Kapitän Harry Kane am Montagnachmittag beim 6:2-Sieg gegen Iran. Statt des Stürmers trug die ehemalige Nationalspielerin Alex Scott am Spielfeldrand bei einer Live-Übertragung im englischen Fernsehen die "One Love"-Binde und wurde in den sozialen Medien gefeiert.
    "Wir waren bereit gewesen, Strafen zu zahlen, was normalerweise bei Verstößen gegen Kleider-Regularien der Fall wäre. Dennoch konnten wir unsere Spieler nicht in eine Situation bringen, in der sie eine Gelbe Karte bekommen könnten oder gar gezwungen werden, das Spielfeld zu verlassen", hieß es in der von der englischen FA verbreiteten gemeinsamen Stellungnahme.

    Meinungsverschiedenheiten mit der FIFA

    DFB-Präsident Bernd Neuendorf hatte bereits am Sonntag von Meinungsverschiedenheiten mit der FIFA gesprochen, aber noch geäußert: "Wir haben gesagt, wir bleiben dabei, dass wir mit der Binde auflaufen. Wir haben mit langem Vorlauf die FIFA immer wieder darauf hingewiesen, dass wir mit dieser Binde auflaufen wollen, es gab keine Reaktion der FIFA dazu."
    Nach Beratungen am Montag änderten die Verbände ihre Meinung. Die Kampagne war eine im September angekündigte gemeinsame Aktion der Teams aus Deutschland, England, den Niederlanden, Belgien, Schweiz, Wales, Frankreich, Dänemark sowie Norwegen und Schweden, die beide nicht für die WM qualifiziert sind. Frankreichs Kapitän Hugo Lloris hatte frühzeitig angekündigt, die Binde nicht zu tragen. 
    Die FIFA hatte erst am Freitag eigene neue Kapitänsbinden vorgestellt - zwei Tage vor dem Eröffnungsspiel. "Die teilnehmenden Mannschaften erhalten während der Spiele über die Armbinden der Mannschaftskapitäne die Möglichkeit, Botschaften zu übermitteln", teilte der Weltverband mit. Die Botschaften hat die FIFA laut Mitteilung gemeinsam mit drei Organisationen der Vereinten Nationen erdacht.

    Amnesty: FIFA-Drohung wegen "One Love"-Armbinde grotesk

    Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Drohung des Weltfußballverbands FIFA mit Sanktionen gegen Spieler als "grotesk" bezeichnet. Der Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, Markus N. Beeko, erklärte am Montag:

    Die FIFA fährt schweres Geschütz gegen einzelne Spieler auf, um nationale Fußballverbände daran zu hindern, sich für Menschenrechte auszusprechen.

    Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland

    "Das ist grotesk und ein weiterer Beleg dafür, dass die FIFA ihre eigenen Werte und Verantwortlichkeiten mit Füßen tritt", sagte Beeko weiter. Die FIFA habe sich "zu den Menschenrechten bekannt und dazu gehört auch das Recht, zu lieben, wen man möchte, ohne Angst vor Verfolgung und Diskriminierung".
    Diesem Bekenntnis folgten aber keine Taten, kritisierte Beeko. "Stattdessen geht der Verband gegen Spieler vor, die auf dieses Versäumnis reagieren und ihre Solidarität bekunden wollen." Beeko nannte dies einen "Schlag ins Gesicht aller Menschen, die sich für die Rechte der LGBTI+ Community einsetzen".
    Quelle: SID, dpa, AFP
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