Erinnerungstag: So gedenkt der Profifußball den NS-Opfern

    Erinnerungstag:So gedenkt der Fußball den NS-Opfern

    von Ralf Lorenzen
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    In Stadien und anderswo erinnert das Bündnis "NieWieder" seit 20 Jahren an die NS-Opfer im Fußball. In diesem Jahr steht der Kampf gegen den Antisemitismus im Mittelpunkt.

    Tribüne des SC Freiburg zeigen ein Banner mit KEIN VERGEBEN KEIN VERGESSEN mit einem Davidstern
    Die Bundesliga-Klubs setzen an diesem Wochenende ein Zeichen gegen Antisemitismus.
    Quelle: imago/Steinsiek

    An diesem Wochenende werden in den Fußball-Arenen der 1. und 2. Bundesliga vor Spielbeginn zwischen Vereinshymen und Stadionpop wieder leise und nachdenkliche Töne aus den Lautsprechern klingen. In den letzten zwanzig Jahren haben sich immer mehr Vereine dem Erinnerungstag im deutschen Fußball angeschlossen.
    Mit Stadiondurchsagen und Aktionen erinnern sie an den Spieltagen um den 27. Januar, dem Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslager Auschwitz, an die NS-Opfer in der Fußballerfamilie.
    Schienen, die zum Eingang des Lagers Auschwitz führen
    Nachdem 1933 Hitler an die Macht kommt, werden Juden entrechtet und gedemütigt. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verschärft sich das Vorgehen gegen die Juden. Am Ende steht der systematische Völkermord an Millionen Menschen.24.01.2019 | 7:02 min

    Gründung in der Versöhnungskirche

    Ins Leben gerufen wurde die Initiative "NieWieder - Erinnerungstag im deutschen Fußball" 2004 von einigen Engagierten in der Evangelischen Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau. Zu ihnen gehörten die "Löwen-Fans gegen rechts" – sowie die Beschäftigung mit der Rolle von Fußballvereinen im Nationalsozialisten überhaupt meist von den Fankurven ausging.
    "Als Demokrat und Fußballfreund war mir klar, dass der deutsche Fußball mit dem Erinnerungstag einen Teil seiner gesellschaftlichen Verantwortung einlösen kann", sagt Eberhard Schulz, der damalige Diakon der Versöhnungskirche und bis Mitte letzten Jahres Sprecher von NieWieder, gegenüber ZDFheute.

    Zahlreiche Aktionen in vielen Städten

    Eine Verantwortung, die auch darin besteht, dass der DFB schon im April 1933 weit vor den Nürnberger Rassengesetzen in vorauseilendem Gehorsam erklärt hatte, dass "Juden und Marxisten in führenden Stellungen der Vereine nicht mehr tragbar" seien. Heute sind bei NieWieder neben Faninitiativen, Fanprojekten und einem breiten zivilgesellschaftlichen Verbund auch Makkabi Deutschland, DFL, DFB und der DOSB engagiert.
    annovers Fans zeigen ein Spruchband mit der Aufschrift "Nie wieder Antisemitismus!".
    Hannovers Fans zeigen ein Spruchband mit der Aufschrift "Nie wieder Antisemitismus!".
    Quelle: dpa/Pförtner

    "Die Stärke der Bewegung ist, dass jeder Verein erreicht wird", sagt Schulz. "Am Erinnerungstag ziehen Verbände und die Fans an einem Strang." Neben den Stadiondurchsagen organisieren die Mitglieder des Bündnisses in zahlreichen Städten Diskussionen, Lesungen und Vorträge. Dabei geht es immer auch um die Gegenwart, den "aktiven Einsatz gegen Antisemitismus und alle Formen der Menschenfeindlichkeit", wie es auf der Homepage des Bündnisses heißt.
    "Der Erinnerungstag im deutschen Fußball ist inzwischen ein fester Bestandteil unseres Spielkalenders und setzt jedes Jahr ein klares, starkes Zeichen", sagt DFL-Geschäftsführer Steffen Merkel.

    Veränderte Themenstellung nach dem Angriff der Hamas

    Nach dem Angriff der Hamas in Israel am 7. Oktober und der sich anschließenden starken Zunahme antisemitischer Vorfälle beschloss das Kernteam des NieWieder-Bündnisses, das Thema Antisemitismus zum zentralen Thema des diesjährigen Erinnerungstages zu machen.
    Makkabi-Chef Alon Meyer zu Gast in der Sendung von Markus Lanz.
    Der Präsident des jüdischen Sportverbands Makkabi erneuert die Vorwürfe gegen den FC Bayern im Umgang mit Antisemitismus. Darüber hinaus erzählt er von der Angst seiner Mitglieder.30.11.2023 | 44:35 min
    "Es kann und darf nicht sein, dass Antisemitismus folgenlos und unwidersprochen ausgelebt werden kann, sei es durch körperliche Angriffe auf Jüdinnen und Juden oder durch Attacken und Bedrohungen jüdischer Institutionen, Privatwohnungen und Sportvereine", heißt es in dem vom Bündnis vorgeschlagenen Text für die Stadiondurchsage. "Wir dürfen den enthemmten Antisemitismus auf anti-israelischen Demonstrationen und im Netz nicht hinnehmen, bei dem offen die Auslöschung Israels und des jüdischen Lebens im Gesamten gefordert wird."

    Auftakt in Osnabrück, zentrale Veranstaltung in Hamburg

    Ursprünglich war für die diesjährige Kampagne das Schwerpunkt-Thema "Zwangsarbeit in der NS-Zeit" geplant. Mehrere Initiativen erforschen die lokalen Bezüge ihrer Klubs zu diesem Thema und organisieren Veranstaltungen dazu. Die Gedenkstätten Gestapokeller und Augustaschacht in und bei Osnabrück arbeiten mit zahlreichen Kooperationspartnern an einer digitalen Landkarte.
    Diese zeigt zahlreiche Sportstätten in Deutschland und Österreich, die in der NS-Zeit zu Zwangsarbeitslagern umfunktioniert wurden. Unter dem Projekt-Titel „Von einem Ort des Jubels zu einem Ort des Unrechts“ läutete das von Fans und Mitarbeitern des VfL Osnabrück bestehendeBündnis “Tradition lebt von Erinnerung” den diesjährigen Erinnerungstag am 14. Januar mit einer feierlichen Veranstaltung ein.
    Zur zentralen Veranstaltung unter dem Titel: "Antisemitismus heute (Sport)" lädt das "NieWieder"-Bündnis gemeinsam mit dem Fanladen des FC St. Pauli am 28.1. um 13 Uhr in den Ballsaal Süd des Millerntor-Stadions ein.

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