Altherrenliga oder echte Alternative für ambitionierte Profis? Die Major League Soccer boomt nach dem Wechsel von Lionel Messi in die USA. Aber ist die Entwicklung nachhaltig?
14.03.2024 | 16:25 min
Florida hat seit langem den Ruf, ein Rentnerparadies zu sein - nicht nur US-Bürger, auch zehntausende Auswanderer aus aller Welt kommen im fortgeschrittenen Lebensalter in den Sonnensaat und tragen zum höchsten Altersdurchschnitt der USA bei. Seit kurzem kommt noch eine neue Zielgruppe dazu - nicht ganz so betagt, aber ebenfalls am Ende der aktiven Laufbahn.
Erinnerungen an Cosmos New York
Mit Lionel Messi (36), Jordi Alba (34), Sergio Busquets (35) und Luis Suarez (37) sind gleich vier ehemalige Spieler aus der Großen Zeit des FC Barcelona zu Inter Miami in die Major League Soccer (MLS) gewechselt.
Wenn man Klub-Besitzer David Beckham dazuzählt, erinnert diese Anreihung glanzvoller Namen sehr an die Anfänge des Profi-Fußballs in den USA.
Franz Beckenbauer,
Pele, Carlos Alberto und Giorgio Chinaglia heuerten Ende der 1970er Jahre bei Cosmos New York an.
Franz Beckenbauer wurde als erster deutscher Fußballer nicht nur über den Sport wahrgenommen - in den USA wurde aus ihm dann ein Weltmann.
Fußball-WM 2026 in den USA
Wie ihre Vorgänger sollen Messi und Co. als Zugpferde für die gesamte Liga fungieren. "Wenn du so einen Weltstar oder mehrere Weltstars in der Liga hast, hilft es natürlich wahnsinnig", sagt MLS-Podcasterin Anne Meyer in der Sendung
Bolzplatz. "Gerade unter dem Aspekt, dass die
WM in zwei Jahren im eigenen Land ist, wird das noch mal den nötigen Push geben."
Vorher finden noch die Copa America (2024) sowie die FIFA Klub-WM und der Gold-Cup (2026) in den USA statt. "Es ist das perfekte Timing, dass Inter Miami jetzt so vielen Fans auch national zeigt: Football spielst du nicht mit einem Ei, sondern mit einem Ball", sagt Bolzplatz-Moderator Manu Thiele.
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Miami mit Messi deutlich attraktiver
Die Zuschauerzahlen sprechen dafür, dass das Konzept aufgeht. Mit Messi zog Miami bei seinen Auswärtsspielen im Schnitt 40.581 Zuschauer an, davor waren es lediglich 22.916. Selbst hierzulande sieht man mitunter pinke oder schwarze Miami-Trikots mit der Nummer 10.
Aber auch das gab es schon einmal vor 40 Jahren, als riesige Investition zu einer Scheinblüte im US-Fußball führten. Immer mehr Investoren wollten von dem Boom profitieren und holten Altstars aus Europa. Es entstand eine aufgeblähte "Operettenliga" ohne tragfähige Basis, die langsam auseinanderbrach.
MLS im Schnitt jünger als Top-Ligen in Europa
Die heutige MLS hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, ist langsamer gewachsen und kann vor allem auf ein eigenes Nachwuchssystem zurückgreifen. "Wir haben einige Spieler gesehen, die bereits auf die höchsten Ebenen in Europa exportiert wurden", sagt Evan Weston, MLS-Kommentator aus Orlando.
"Alphonso Davies von Bayern München ist ein Produkt der MLS-Akademie." Der Altersdurchschnitt der MLS liegt mit 25,6 unter dem der vier Topligen in Europa.
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Wie nachhaltig ist die Entwicklung bei Inter Miami?
Inter Miami geht nun wieder den anderen Weg und hat seinen eigenen Schnitt durch die Neueinkäufe auf 30,2 Jahre erhöht. Möglich waren die Transfers nur, weil die in den US-Profiligen übliche Gehaltsobergrenze in der MLS Ausnahmen für drei Spieler zulässt. Bei Messi, der in Saudi-Arabien wohl deutlich mehr verdienen könnte, kommen noch Beteiligungen an Trikotverkäufen und TV-Abos dazu.
Sportlich zahlt sich das Investment für Miami aktuell aus: Nach bislang vier absolvierten Partien ist das Team aus Florida in der Tabelle oben mit dabei. Aber wie nachhaltig ist das Konstrukt?
Miamis Weg ein Beispiel für die ganze Liga?
"Ich bin sehr gespannt, wie es auf die auf die Strecke aussieht, ob alle verletzungsfrei bleiben", sagt der Ex-Bundesliga-Spieler und heutige Chicago-Profi Rafael Czichos. "Wenn du solche Spieler im Kader hast, bedeutet das natürlich auch, dass die Kaderbreite darunter leidet. Wir wollen mal sehen, wie es am Ende der Saison aussieht, ob die Kräfte da noch mithalten und ob die Jungs dann immer noch bereit sind, die Meter zu machen."
Von der Antwort auf diese Frage wird es wohl abhängen, ob auch andere US-Klubs wieder verstärkt auf Alt-Stars setzen - oder sich weiter auf die Qualität ihrer Nachwuchsförderung verlassen und die Stars künftig selbst machen.
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