Staatsakt: Steinmeier ruft zum Schutz der Demokratie auf

    Staatsakt 75 Jahre Grundgesetz:Steinmeier ruft zum Schutz der Demokratie auf

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    Vor 75 Jahren wurde in Bonn das Grundgesetz verkündet. In Berlin wird aus diesem Anlass ein Staatsakt gefeiert. Sehen Sie die Feierlichkeiten hier noch mal in voller Länge.

    Grundgesetz
    Bundespräsident Steinmeier hat das Grundgesetz als „Modell für das friedliche Zusammenleben in einer Gesellschaft der Verschiedenen“ bezeichnet. 23.05.2024 | 100:43 min
    Mit einem Staatsakt zwischen Reichstagsgebäude und Kanzleramt feiern die Spitzen von Staat und Gesellschaft in Berlin das Inkrafttreten des Grundgesetzes vor 75 Jahren. Der 23. Mai 1949 markiert zugleich das Gründungsdatum der Bundesrepublik Deutschland.
    Erinnert werden soll auch an die Friedliche Revolution in der DDR, die sich in diesem Jahr zum 35. Mal jährt. Sie führte letztlich dazu, dass das anfangs nur für Westdeutschland geltende Grundgesetz zur Verfassung für ganz Deutschland wurde.

    Steinmeier: Grundgesetz und Demokratie verteidigen

    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der den Staatsakt angeordnet hat, hielt die zentrale Rede. Darin rief er alle Deutschen dazu auf, Freiheit und Demokratie zu verteidigen. Selbstbehauptung ist die Aufgabe unserer Zeit", sagte er. Die Demokratie in Deutschland sei unter Druck geraten. Sie sei zwar geglückt, aber nicht auf ewig garantiert.
    "Gerade jetzt erstarken auch bei uns Kräfte, die sie schwächen und aushöhlen wollen, die ihre Institutionen verachten und ihre Repräsentanten beschimpfen und verunglimpfen", warnte das Staatsoberhaupt und mahnte:

    Wir alle tragen Verantwortung für eine politische Kultur, die demokratieverträglich ist.

    Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident

    Das bedeute, allem entschieden entgegenzutreten, was Gewalt vorbereite: Menschenverachtung, Hetze gegen Minderheiten, Hass. "All das hat in einer Demokratie nichts zu suchen!" Gewalt im politischen Meinungskampf gehöre mit aller Entschiedenheit geächtet.
    Archiv: Leipzig, 13.05.2024: 75 Jahre Grundgesetz
    Am 23. Mai feiert die Bundesrepublik Deutschland ihr 75. Jubiläum, denn am 23. Mai 1949 trat das Grundgesetz in Kraft. Doch wie zeitgemäß ist das Grundgesetz heute noch?21.05.2024 | 2:34 min

    Steinmeier: Grundgesetz als Auftrag

    Beim Schutz der Demokratie komme es auf die politischen Institutionen und auf die Bürgerinnen und Bürger zugleich an. "Das Grundgesetz garantiert Freiheit, und es erwartet Verantwortung", sagte Steinmeier. Es sei keine Bilanz, sondern ein Auftrag. "Unser Grundgesetz sagt nicht, was wir sind. Es zeigt uns, was wir sein können." Darin stecke eine Aufforderung für die Zukunft, die "Mut, Tatkraft und den offenen Blick für die Realität" verlange.
    "Wir müssen erkennen, dass wir in einer radikal veränderten Realität leben", so Steinmeier. "Nach Jahrzehnten von mehr Wohlstand, mehr Demokratie, mehr Europa, mehr Frieden, dem Glück der Deutschen Einheit erleben wir jetzt einen epochalen Bruch." Mit Russlands Angriff auf die Ukraine sei der Krieg nach Europa zurückgekehrt. Zudem seien Gewissheiten, die das Leben der Menschen geprägt hätten, weniger geworden.

    Wir leben in einer neuen Unübersichtlichkeit. Pandemie, Inflation, Wirtschaftskrise, die Folgen des Klimawandels, der Terror der Hamas, der Krieg im Nahen Osten und die humanitäre Katastrophe dort - eine Krise folgt auf die nächste.

    Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident

    Das Grundgesetz war entstanden, nachdem die Militärgouverneure der Westmächte am 1. Juli 1948 die elf Ministerpräsidenten der westdeutschen Länder beauftragt hatten, eine "verfassungsgebende Versammlung" einzuberufen. Wichtige Vorarbeiten leistete im August 1948 der Verfassungskonvent auf der Insel Herrenchiemsee.

    Vom 1. September 1948 an erarbeitete der Parlamentarische Rat in Bonn das Grundgesetz, das am 8. Mai 1949 verabschiedet und am 23. Mai vom Vorsitzenden des Parlamentarischen Rates, Konrad Adenauer, verkündet wurde.

    Seit der Wiedervereinigung 1990 gilt das Grundgesetz für ganz Deutschland. Im Einigungsvertrag vom 31. August 1990 beschlossen die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, dass die ostdeutschen Länder dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beitreten.

    Quelle: dpa, ZDF

    Ehrgeiz statt Rückzug von der Wirklichkeit

    Sich keine Nachrichten mehr anzuschauen, möge dabei menschlich verständlich sein. "Aber ein Rückzug von der Wirklichkeit ist keine Lösung!", sagte Steinmeier. Es kämen raue und härtere Jahre auf die Menschen in Deutschland zu. "Die Antwort darauf können und dürfen nicht Kleinmut oder Selbstzweifel sein. Es wäre ganz falsch, den Kopf in den Sand zu stecken oder von einer bequemeren Vergangenheit zu träumen." Ebenso falsch wäre es, "täglich den Untergang unseres Landes zu beschwören". All das lähme und bringe nicht weiter:

    Wir müssen uns jetzt behaupten - mit Realismus und Ehrgeiz.

    Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident

    Deutschland müsse mehr tun für seine Sicherheit. "Wir müssen in unsere Verteidigung investieren und unser Bündnis stärken." Dafür brauche es finanzielle Mittel und eine starke Gesellschaft, die bereit sei, Bedrohungen der Freiheit entgegenzutreten, und Zusammenhalt beweise. "Deshalb sollten wir die Debatte über Formen des Wehrdienstes und anderer Dienste für unser Gemeinwesen nicht scheuen, sondern führen und zusammenführen."
    Entstehung Grundgesetzt CC
    Acht Monate dauerte die Ausarbeitung. Ziel: eine rechtliche Grundlage für ein friedliches und gerechtes Leben aller. Unterzeichnet wurde es am 23. Mai 1949. Die BRD war gegründet.20.05.2024 | 2:12 min

    Polizei mit Hubschrauber, Booten und Spezialeinheiten im Einsatz

    Der große Staatsakt ist in der Berliner Innenstadt von zahlreichen Polizisten abgesichert worden. Insgesamt seien dafür rund um das Regierungsviertel rund 1.000 Polizisten im Einsatz, sagte eine Sprecherin. Auf der Spree war die Wasserschutzpolizei mit Booten unterwegs. Die Polizei setzte einen Hubschrauber für Übersichtsaufnahmen aus der Luft ein. Beteiligt waren auch das Bundeskriminalamt (BKA) sowie Spezialeinsatzkommandos (SEK) vom Berliner Landeskriminalamt und aus Niedersachsen.
    Unterstützung für die Polizei kam aus weiteren Bundesländern wie Bayern, Hamburg und Sachsen-Anhalt. Viele Straßen wurden für den Verkehr gesperrt. Autofahrer mussten mit Behinderungen rechnen. Die Lage sei am Morgen sehr ruhig und entspannt, so die Polizeisprecherin.
    Quelle: dpa, KNA, ZDF

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