Kontroverse um Vier-Tage-Woche: BDA skeptisch - DGB offen

    Zum Tag der Arbeit:Kontroverse um Vier-Tage-Woche

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    Die Vier-Tage-Woche ist für Arbeitnehmer oft erstrebenswert. Für Arbeitgeber ist sie hingegen vielfach noch ein Tabu. Zum 1. Mai ist die Debatte in Deutschland neu entbrannt.

    Bäckerei mit neuem Spätschicht-Betrieb für eine 4-Tage-Woche
    Nur vier Tage arbeiten, aber dasselbe verdienen. Ein Modell, das immer mehr Unternehmen testen. In München hat ein Bäcker sogar eine „Spätschicht“ eingeführt und damit Azubis angelockt.29.04.2023 | 5:06 min
    Zum Tag der Arbeit am 1. Mai ist die Debatte über die Vier-Tage-Woche wieder voll entbrannt. Die Arbeitgeber warnten nach einem Vorstoß von SPD-Chefin Saskia Esken für eine Einführung samt Lohnausgleich vor Wettbewerbsnachteilen für die deutsche Wirtschaft. Union und FDP befürchteten ihrerseits eine Verschärfung des Fachkräftemangels.

    Deutlich weniger Arbeit bei vollem Lohnausgleich - wirtschaftlich ist das eine Milchmädchenrechnung.

    Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands BDA

    "Nur mit mehr Bock auf Arbeit und Innovationen werden wir unseren Sozialstaat und den Klimaschutz auf Dauer finanzieren können", sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands BDA, Steffen Kampeter, der "Bild am Sonntag". Offen zeigte sich Kampeter hingegen für Vier-Tage-Wochen bei gleichbleibender Stundenzahl.

    SPD-Chefin: Vier-Tage-Woche vorstellbar

    Sie könne sich eine Vier-Tage-Woche mit Lohnausgleich "gut vorstellen", hatte Esken (SPD) am Samstag gesagt. Sie verwies dabei insbesondere auch auf die Bedürfnisse von Eltern und Studien, nach denen Menschen bei einer Vier-Tage-Woche effektiver arbeiteten.
    Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Hermann Gröhe (CDU), warnte, eine Vier-Tage-Woche werde Deutschlands Wirtschaft schaden. "In Zeiten von Fachkräftemangel die Arbeitszeit zu verkürzen und die Arbeit zu verteuern, würde der Wettbewerbsfähigkeit einen Bärendienst erweisen", sagte er dem "Tagesspiegel".

    Auf dem Weg wirtschaftlicher Vernunft zeigt sich die SPD-Chefin einmal mehr als Geisterfahrerin.

    Hermann Gröhe, Unionsfraktionsvize

    FDP sorgt sich um Wettbewerbsfähigkeit

    Ähnlich äußerte sich die FDP. "In Hinblick auf den eklatanten Fachkräftemangel ist der Vorschlag einer Vier-Tage-Woche unverständlich", sagte Fraktionschef Christian Dürr den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Verkürzte Arbeitszeiten würden Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit nicht stärken, sondern schaden."
    Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi, unterstützte im Deutschlandfunk Vorschläge für eine Vier-Tage-Woche grundsätzlich. Sie sah darin aber keine allgemeine Lösung, sondern eine Entscheidung, die in den jeweiligen Branchen getroffen werden müsse.

    IG Metall: In Tarifrunde für Vier-Tage-Woche einstehen

    IG-Metall-Chef Jörg Hofmann bekräftigte, dass seine Gewerkschaft bei den im November beginnenden Tarifverhandlungen in der Stahlindustrie für eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich einstehen will. Er rechne damit, dass mit der Vier-Tage-Woche das Arbeitsvolumen insgesamt gesteigert werde, sagte der Gewerkschaftschef der "Bild am Sonntag".
    "Zuallererst brauchen wir die Viertagewoche für Berufe, in denen kein Homeoffice möglich ist", sagte Hofmann. Dies gelte beispielsweise auf Baustellen, bei Schichtarbeit und in der Stahlindustrie: "Ein Hochofen muss durchlaufen. Wer mal früh, mal spät, mal nachts arbeiten muss, für den sind drei Tage Wochenende sehr entlastend."
    Arbeit: Kommt die Vier-Tage-Woche?
    Vier Tage die Woche arbeiten bei voller Bezahlung? Eine Schreinerei auf der Reichenau macht vor, wie genau dieses Arbeitsmodell zum Erfolg führen kann.12.07.2022 | 3:25 min

    Mercedes-Chef Källenius: Ärmel hochkrempeln

    Mercedes-Vorstandschef Ola Källenius lehnte die Forderungen nach einer Vier-Tage-Woche samt Lohnausgleich strikt ab. "Wenn unsere erste Priorität ist, bei vollem Lohnausgleich weniger zu arbeiten, gewinnen wir international kein Spiel mehr", sagte Källenius der "Bild am Sonntag". "Unsere Industrie befindet sich in einer Jahrhundert-Transformation. Da müssen wir die Ärmel hochkrempeln. Sonst verlieren die deutschen Autohersteller ihren Spitzenplatz auf der Welt."
    Quelle: AFP

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