Immer mehr Menschen investieren in ETFs.
Quelle: dpa
Vergangenes Jahr gab es in Deutschland mit fast 13 Millionen Menschen so viele Aktiensparer wie nie. Laut Deutschem Aktieninstitut ist die Zahl der Anleger zuletzt sprunghaft angestiegen, die auf MSCI-börsengehandelte Fonds, sogenannte
ETFs, setzen. Diese bilden Aktienindizes wie den beliebten, international ausgerichteten MSCI World ab.
Doch zuletzt ist er in die Kritik geraten. Er sei nicht breit genug gestreut, heißt es, und deshalb sichere er gar nicht so gut fürs Alter ab wie angenommen. Genau dafür soll er eigentlich stehen: für eine recht risikoarme Geldanlage durch eine möglichst breite Streuung von Unternehmen und Ländern.
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Was ist ein ETF?
Ein ETF (exchange-traded fund) ist ein Indexfonds, der den Wert eines Index, also eines Börsenbarometers, eins zu eins abbildet. Dabei richtet sich der Anlagefokus etwa auf Aktien, Anleihen, Immobilien oder Rohstoffe. Spezialthemen wie Dividendenstrategien, Infrastruktur oder Nachhaltigkeit sind ebenfalls möglich. Zu den weltweit größten Indexanbietern zählen MSCI, FTSE, Stoxx und S&P.
Wie bei allen Investmentfonds handelt es sich bei ETFs um Sondervermögen. Das heißt, bei einer Insolvenz der Fondsgesellschaft ist das Geld der Anleger gesetzlich geschützt.
Wie unterscheiden sich ETFs von traditionellen Investmentfonds?
Die Grundidee von ETFs ist es, den Gesamtmarkt abzubilden. Wer zum Beispiel nur die Wertentwicklung aller 40 im
deutschen Leitindex Dax gelisteten Aktien widerspiegeln will, erwirbt einen Dax-ETF. In diesem Fall spricht man von passivem Investieren. Traditionelle Investmentfonds hingegen legen aktiv an: Fondsmanager greifen bewusst ein und suchen aus. Dabei agieren sie zum Teil losgelöst von einzelnen Indizes. Wichtig ist immer - ob bei ETFs oder anderen Anlageklassen: nicht alles auf eine Karte setzen!
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ETFs werden börsentäglich gehandelt. Damit sind sie liquider als klassische Fonds. Denn im Vergleich zu traditionellen Investmentfonds können ETFs nicht nur einmal täglich, sondern während der regulären Handelszeiten an der Börse zurückgegeben werden. Der Vorteil ist: Sie lassen sich leichter und zu einem günstigeren Preis zu Geld machen. Es gibt mittlerweile auch Mischformen zwischen diesen beiden Anlagephilosophien.
Eignen sich ETFs für Vermögensaufbau oder Altersvorsorge?
Grundsätzlich ja. Denn langfristig bieten sie hohe Renditechancen. Vor allem international breitgestreute, aktienbasierte Produkte sind eine gute Ergänzung zu anderen Anlagen wie Anleihen, Immobilien oder Edelmetallen.
Zusätzlich zu Tages- oder Festgeld können Aktien-ETFs ein wichtiger Bestandteil für die Geldanlage sein. Als Einstieg für "Wertpapier-Neulinge" eignen sie sich gut, da sie große Unternehmen der Welt vereinen. Die Verlustrisiken im Fall der Fälle sind somit auf viele Schultern verteilt. Für den Start eines langfristigen Vermögensaufbaus dank ETF wird nur ein Wertpapierdepot gebraucht.
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Wie sieht es mit den Kosten aus?
Gegenüber aktiv gemanagten Fonds haben ETFs einen strukturellen Kostenvorteil, denn es werden weniger Aktien ge- oder verkauft. Wichtig: Es muss keine teure Recherche von Fondsmanagern von Anlegern bezahlt werden. Dadurch sind die Gesamtkosten in der Regel niedrig.
Laut Verbraucherzentrale fallen normalerweise weniger als 0,5 Prozent im Jahr als Verwaltungsgebühr an. Aktiv gemanagte Aktienfonds verlangten im Schnitt gut 1,5 Prozent. Gleichwohl gibt es bei ETFs gewisse Kostenunterschiede je nach Fondsanbieter, Anlageschwerpunkt und Fondsgröße.
Warum gibt es Kritik?
Kritiker bemängeln die genaue Zusammensetzung der einzelnen Indizes. Problematisch wird es, wenn nur ein Welt-ETF bespart wird. Dann wird alles auf eine Karte gesetzt und das kann schiefgehen.
Der MSCI World etwa berücksichtigt nur Industrieländer und keine der zum Teil boomenden Schwellenländer. Dieser ETF bildet zu einem hohen Anteil US-Unternehmen ab. Das heißt, der US-Markt wird sehr stark gewichtet. Das Risiko hängt also am meisten von der wirtschaftlichen Entwicklung der USA ab. Nicht ohne Grund: die USA sind die stärkste Volkswirtschaft der Welt. Die größten und wirtschaftlich stärksten Unternehmen der Vereinigten Staaten investieren aber weltweit, insofern stehen sie doch auf mehreren Standbeinen.
Hinzu kommt: Der MSCI World orientiert sich am Marktwert der Aktien. Die Papiere von US-Unternehmen dominieren, damit aber auch die viel vertretenen, stark schwankungsanfälligen Technologiewerte. Die Wirtschaftskraft einzelner Länder hingegen fällt als möglicher Gewichtungsfaktor unter den Tisch. Deshalb blicken viele immer kritischer auf diesen Index.
Anleger, die mit dem MSCI World als Index unzufrieden sind, können ETFs auf andere Börsenbarometer wählen oder auch sich ein individuelles Portfolio aus einzelnen Fonds zusammenstellen.
Wie hat sich der MSCI World entwickelt?
Der MSCI World geriet im schwachen Börsenjahr 2022 mit einem Verlust von 19,5 Prozent stärker unter Druck als der Dax oder der US-Leitindex Dow Jones Industrial. Seit Jahresbeginn hat er sich aber besser geschlagen als die beiden Indizes.
Für Anleger dürfte die längerfristige Sicht entscheidender sein als die kurzfristigen Schwankungen. Nicht nur laut Deutschem Aktieninstitut hat sich in den vergangenen 50 Jahren ein breitgestreutes, langfristiges und regelmäßiges Sparen in Aktien ausgezahlt. Wer etwa monatlich einen festen Betrag in Aktien des MSCI World gespart hat, profitiert von der Kursentwicklung und den Dividenden von Unternehmen aus über 20 Industrieländern. So konnte man beispielsweise bei einer Spardauer von 20 Jahren eine durchschnittliche Rendite von 8,6 Prozent im Jahr auf das angelegte Geld erwirtschaften.
ETFs sind bei Kleinanlegern beliebt. Doch wie soll man als Otto Normalverbraucher bei den ganzen Fachbegriffen den Durchblick behalten? Börsenkauderwelsch übersetzt.
von Matthias Nick