De Masi zum Prozessauftakt: Wirecard war "Geldwäscheanlage"

    Interview

    Prozess gegen Vorstand Braun:De Masi: Wirecard war "Geldwäscheanlage"

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    Wie konnte es zum Wirecard-Skandal kommen? Und was haben Bafin und Wirtschaftsprüfer falsch gemacht? Dazu geben die Experten Fabio De Masi und Konrad Duffy Einschätzungen im ZDF.

    • Fabio De Masi (parteilos, früher Die Linke) war der erste Politiker in Deutschland, der vor Wirecard gewarnt hatte. Im Untersuchungsausschuss spielte der Finanzexperte eine führende Rolle.
    • Konrad Duffy ist Experte für Finanzkriminalität bei Finanzwende e.V., einem Verein, der sich für faire Finanzmärkte einsetzt. Früher war er bei der Deutschen Bank bei der Bekämpfung von Geldwäsche im Einsatz.
    Nach dem Prozessauftakt gegen den Wirecard-Vorstandschef Markus Braun erklären, die beiden, wie es zu einem der größten Finanzskandale in Deutschland kommen konnte und welche Fehler Finanzaufsicht und Wirtschaftsprüfer gemacht haben.

    War Wirecard ein gigantischer Geldwäschekonzern?

    "So scheint es in Teilen", sagt Finanzkriminalitätsexperte Konrad Duffy. Das Geschäft, das maßgeblich auf den Partnern in Asien aufgebaut sei, scheine teilweise nur dafür da zu sein, "um Geld rauszuschleusen". Der Prozess müsse nun klären, ob die Hauptfunktion des Unternehmens Betrug war.
    "Das Problem ist, glaube ich, dass unsere Behörden nicht so aufgestellt sind, wie sie sein müssten", erklärt Fabio De Masi. Zum Beispiel bei der Bekämpfung von Geldwäsche. "Wir haben diese Debatten immer wieder, jetzt auch zum Beispiel im Ukraine-Krieg, wenn es um die Yachten von Oligarchen geht und wir manchmal gar nicht wissen, wem die gehören", beklagt er.
    Das rächte sich bei Wirecard. Sein Urteil:

    Wirecard war im Kern eine große Geldwäscheanlage.

    Fabio De Masi, Wirecard-Untersuchungsausschuss

    Was hat die Finanzaufsicht Bafin falsch gemacht?

    "Die Finanzaufsicht Bafin, die hatte überhaupt nur fünf Personen mit Wirtschaftsprüfer-Examen", so De Masi. Das sei so, wie wenn der ADAC nach dem Oktoberfest die Alkoholkontrollen am Auto machen würde und die Polizei sei nicht dafür zuständig. "Das kann natürlich nicht gut gehen, das gibt Interessenskonflikte."
    Die Bafin habe sich "wirklich sehr falsch verhalten in dieser ganzen Sache", sagt auch Duffy. Statt den Hinweisen zu Wirecard nachzugehen, habe die Bafin Anzeige gegen den Finanzjournalisten Dan McCrum von der Financial Times eingereicht, der über eben jene Hinweise berichtet und den Skandal letztlich aufgedeckt hatte.

    Man hätte hier den Hinweisen gegen den Konzern nachgehen müssen, anstatt sich so schützend davorzustellen. Das ist wirklich unglaublich.

    Konrad Duffy, Experte für Finanzkriminalität

    Welche Rolle spielt es, dass Wirecard-Manager Jan Marsalek untergetaucht ist?

    "Mein Eindruck ist, dass viele Leute, auch in den Sicherheitsbehörden doch recht zufrieden sind, wenn Herr Marsalek wegbleibt", so die Einschätzung von De Masi.

    Auch für Herrn Braun ist das übrigens ganz sinnvoll, weil dann kann er vor Gericht zu tun, als sei er einfach nur der dümmste CEO Deutschlands gewesen und auch Opfer von Jan Marsalek.

    Fabio De Masi, Wirecard-Untersuchungsausschuss

    Braun sei aus seiner Sicht "der Kopf der Bande" gewesen. Aber es sei Aufgabe von Gerichten, das nachzuweisen, so De Masi.

    Können Wirtschaftsprüfer weitermachen wie bisher?

    "Die Reformen sind auf halber Strecke stehen geblieben", bedauert Konrad Duffy. Zwar seien Haftungsgrenzen erhöht worden und es habe Reformen gegeben. Doch die Marktmacht der großen Prüfungsgesellschaften sei ungebrochen.
    Duffy plädiert daher für ein Vier-Augen-Prinzip: Jedes Unternehmen solle von zwei verschiedenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften unter die Lupe genommen werden.

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