Diesel-Prozess: Ex-Audi-Chef Stadler zu Geständnis bereit

    Deal im Diesel-Prozess:Stadler gesteht - in zwei Wochen

    Peter Aumeier
    von Peter Aumeier
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    Seit 2020 läuft der Prozess um Motormanipulationen bei Audi. Jetzt kündigt der Hauptangeklagte Stadler an, in zwei Wochen ein Geständnis ablegen zu wollen.

     Rupert Stadler, ehemaliger Vorstandsvorsitzender des deutschen Automobilherstellers Audi, nimmt an seinem Prozess vor dem Landgericht teil.
    Bisher hat Rupert Stadler sämtliche Vorwürfe im Prozess um den Dieselskandal abgewiesen. Nach mehr als 160 Prozesstagen bot er nun ein Geständnis an.03.05.2023 | 1:19 min
    Der Prozesstag dauert gerade einmal ein paar Minuten, als Rupert Stadler, Hauptangeklagter im Audi-Prozess, mit einem schlichten "Ja" das Ende des Prozesses einläutet. "Ja" zu einem Deal - also einer Verständigung zwischen dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und ihm. Und damit auch die Ankündigung, dass er gestehen wird. Nicht heute, aber in zwei Wochen.

    Neben Bewährung 1,1 Millionen Euro an gemeinnützige Organisationen

    Denn nur mit einem Geständnis kann es Stadler abwenden, dass er im Prozess um manipulierte Abgaswerte bei Dieselautos zu einer Haftstrafe verurteilt wird. Wie sich das anfühlt, hat Stadler bereits erlebt: 2018 war er wegen des Vorwurfs, er habe die Ermittlungen in der Abgasaffäre behindern wollen, in Untersuchungshaft gekommen.
    Teil der Verständigung ist auch, dass Stadler dem Vorschlag der Strafkammer zufolge rund 1,1 Millionen Euro an gemeinnützige Organisationen spenden muss. Zudem wird Stadler noch rund eine Million Euro an Prozesskosten zu begleichen haben. Kernvorwurf gegen Stadler ist, den Verkauf von manipulierten Diesel-Fahrzeugen nicht gestoppt zu haben, nachdem er von den unzulässigen Abschalteinrichtungen erfahren hat. Der frühere Audi-Chef soll die Manipulationen aber nicht verantwortet haben.
    Abgase aus dem Auspuff eines Dieselfahrzeugs.
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    Auch Mitangeklagte einigen sich mit Gericht

    Vorausgegangen war ein zähes Ringen in den vorangegangenen Prozesstagen. In der vergangenen Woche hatten die beiden Mitangeklagten - Wolfgang Hatz, ehemaliger Chef der Audi-Motorenentwicklung und Porsche-Vorstand und ein weiterer leitender Ingenieur - zugegeben, die Software-Manipulationen in Auftrag gegeben zu haben. Sie hatten damit ebenfalls einem Deal zugestimmt.
    Für die beiden Ingenieure heißt das zwar, dass sie Geldstrafen bekommen, im Falle von Hatz eine Summe von 400.000 Euro. Aber die ihnen drohenden Haftstrafen sollen zu Bewährungsstrafen umgewandelt werden. Konkret also: keine Haft.
    Bereits vor Ostern hatte der mitangeklagte Ingenieur Henning L. ein Geständnis abgelegt, das Verfahren gegen ihn war gegen eine Geldauflage von 25.000 Euro eingestellt worden. Er hatte als Kronzeuge die Mitangeklagten schwer belastet.

    Bereits Millionenzahlungen an VW

    Mit weiteren zivilrechtlichen Ansprüchen haben die Angeklagten Stadler und Hatz wohl nicht mehr zu rechnen. Denn gezahlt haben beide Ex-Manager bereits: Volkswagen hatte sich Mitte 2021 mit Stadler auf eine Schadenersatz-Zahlung in Höhe von 4,1 Millionen verständigt. Bei Hatz waren es 1,5 Millionen Euro gewesen. Der frühere Volkswagen-Konzernchef Martin Winterkorn hatte 11,2 Millionen Euro zahlen müssen.
    VW hatte seinen früheren Spitzenverdienern vorgeworfen, sie hätten Sorgfaltspflichten fahrlässig vernachlässigt. Die Abgasaffäre hat den VW-Konzern insgesamt mehr als 30 Milliarden Euro an Strafen und Schadenersatzzahlungen für getäuschte Kunden gekostet.

    Kritiker: Deal wird Vorwürfen nicht gerecht

    Prozessbeobachter hatten in der Vergangenheit moniert, dass bei dem zu erwartenden Urteil keiner der Angeklagten eine Haftstrafe verbüßen müsse. Auch wenn ein Deal in der Strafprozessordnung ausdrücklich vorgesehen sei, stelle sich die Frage, ob Gerechtigkeit verhandelbar sei, so der Vorwurf. Ein Gerichtssprecher hingegen weist darauf hin, dass man nach zweieinhalb Jahren Prozessdauer sehr genau wisse, wie die Taten und Hergänge zu bewerten und zu beurteilen seien.
    Nachdem zu erwartenden Geständnis von Stadler in zwei Wochen wird der Prozess noch rund zehn bis 15 weitere Verhandlungstage dauern. So müssen noch Protokolle offiziell zu den Akten genommen und die Plädoyers gehalten werden. Im Juni könnte es dann zu einem Urteil kommen - zwei Jahre und neun Monate nach Beginn des Prozesses.
    Peter Aumeier ist Redakteur im ZDF-Studio München

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