Stromnetze am Limit: Lösungsansätze für die Energiewende

    Stromnetze am Limit :Vier Lösungsansätze für die Energiewende

    Jan Schneider
    von Jan Schneider
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    Strom aus Erneuerbaren Energiequellen und der steigende Verbrauch durch Wärmepumpen und E-Autos können das Stromnetz ans Limit bringen. Vier Lösungsansätze für die Energiewende.

    Solaranlage in Geesthacht
    Die vielen neuen Solaranlagen stellen die Stromnetzbetreiber vor große Herausforderungen.
    Quelle: Imago

    Die Herausforderungen, die in den kommenden Jahren auf die Stromnetze in Deutschland zukommen, sind immens. Experten rechnen mit nötigen Investitionen in Höhe von weit über 100 Milliarden Euro bis 2045, um die Verteilernetze mit der Energiewende Schritt halten zu lassen.
    Zum einen wird die Last, die an die Verteilnetze angeschlossen wird, stark zunehmen, vor allem durch Wärmepumpen und die Elektromobilität. Andererseits werden auch immer mehr Erzeugungsanlagen installiert: private und gewerbliche Photovoltaikanlagen, aber auch Windparks.



    Dr. Christoph Maurer von der Energieberatungsfirma Consentec rechnet bis zum Jahr 2045 mit Schwankungen bei der Einspeisung Erneuerbarer Energien ins Stromnetz von bis zu 200 Gigawatt von einem auf den anderen Tag, zum Beispiel aufgrund von Wetteränderungen. Gleichzeitig können sich solche Änderungen auch auf den Stromverbrauch auswirken, weil zum Beispiel mehr geheizt wird mit Wärmepumpen.

    All das wird eine erhebliche Herausforderungen sein, aber es ist nicht unlösbar.

    Dr. Christoph Maurer, Energieexperte, Consentec GmbH

    Welche Lösungsansätze gibt es für diese Herausforderungen?

    Flexible Stromtarife und Netzentgelte

    Für Energieexperte Maurer ist ein Schlüssel zur Entlastung der Stromnetze eine Veränderung beim Stromverbrauch. Das könnte zum Beispiel über flexible Stromtarife und Netzentgelte erreicht werden. In einem Beispielszenario sähe das ungefähr so aus:
    • Elektroautos werden häufig am Abend geladen. Wenn aber immer mehr Elektroautos zur gleichen Zeit am Abend geladen werden sollen, kann das die Verteilnetze überfordern. Die Energieversorger können gegensteuern, indem Sie flexible Tarife anbieten: Wenn der Strom etwa ab 21 Uhr günstiger wird, können Autobesitzer überlegen, ihr E-Auto etwas später erst zu laden - oder idealer Weise um die Mittagszeit, wenn sehr viel Strom eingespeist wird. Damit wird der Strombedarf über eine größere Zeitspanne gestreckt.
    Eine entscheidende Rolle dabei spielt auch die Digitalisierung sowie smarte Stromzähler und Ladegeräte: Die holen sich die Information selbstständig aus dem Internet, wann Strom besonders günstig ist und starten dann zum Beispiel automatisch den Ladevorgang für das Auto oder schalten die Waschmaschine ein.

    Intelligente Netze sind zwingende Voraussetzung für eine dekarbonisierte Energiewelt und ermöglichen eine bessere Integration Erneuerbarer Energien und dezentraler Verbraucher ins Energienetz sowie eine effizientere Umsetzung der Energiewende.

    Marvin Macke, Sprecher von E.on

    Geldscheine im Elektrostecker
    Worauf Sie bei der Tarifsuche achten sollten.17.07.2023 | 6:51 min

    In großer Not müssen Geräte gedrosselt werden

    Die Bundesnetzagentur arbeitet aktuell an einer Reform des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG). Darin soll verankert werden, dass Energieversorger "steuerbare Versuchseinrichtungen", also zum Beispiel Wallboxen oder Wärmepumpen, drosseln dürfen, um die Stabilität der Verteilnetze zu gewährleisten. Sollte also akut zu wenig Strom im Netz vorhanden sein, könnte ein Elektroauto nur noch mit gedrosselter Leistung geladen werden. Laut Bundesnetzagentur sollen aber immer mindestens 4,2 KW Strom fließen.
    Sowohl die Bundesnetzagentur als auch die Energieversorger sehen die Drosselungen als letztes Mittel, was möglichst selten eingesetzt werden soll:

    Unser Ziel ist es immer, steuernde Eingriffe von Seiten der Netzbetreiber auf das Mindeste zu begrenzen.

    Marvin Macke, Sprecher von E.on

    Stromspeicher als Netz-Puffer

    Gerade um die Mittagszeit kann es aber auch vorkommen, dass nicht zu wenig, sondern zu viel Strom in die Netze fließt. Beispiel Bayern, das Bundesland mit der meisten installierten PV-Leistung:
    • Aktuell sind dort mehr als 19 Gigawatt (GW) Photovoltaikanlagenleistung (ca. 800.000 Anlagen) an die Stromnetze angeschlossen. Bis 2040 sollen es über 80 GW PV-Leistung sein. Zu Spitzenlastzeiten werden laut dem Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft aber nur rund 13 GW benötigt, an schönen Ferienwochenenden nur fünf bis sechs GW. Damit erzeugen alleine die Photovoltaikanlagen an sonnigen Mittagsstunden insbesondere im Sommerhalbjahr mehr Strom als in Bayern verbraucht wird. An den Strombörsen wird Strom dann zu Negativpreisen gehandelt, die Anlagen produzieren den Strom also teilweise am Bedarf vorbei.
    Um dem entgegenzuwirken, wird derzeit der größte Batteriespeicher Europas in Bayern geplant. Der Speicher in Förderstedt soll nach seiner Fertigstellung im Jahr 2025 rund 600 Megawattstunden Strom speichern können. Theoretisch könnten damit 31.250 Haushalte für 24 Stunden mit Strom versorgt werden.
    Neben Batteriespeichern wird aber auch an anderen Wegen geforscht, Strom besser zu speichern, etwa durch Elektrolyse-Geräte: Sie sollen in Häusern mit PV-Anlagen überschüssigen Strom in Wasserstoff umwandeln, um die Energie zu einem späteren Zeitpunkt zu nutzen.
    Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts bergen auf dem Bodensee vor Überlingen einen grünen Kugelspeicher.
    Wie kann überschüssiger Solar- oder Windstrom gespeichert werden? Die Lösung könnten hohle Betonkugeln am Meeresboden sein. Erste Tests im Bodensee liefen vielversprechend. 27.03.2017 | 2:45 min

    PV-Anlagen nicht auf die maximale Leistung ausrichten

    Eine Möglichkeit, die Stromnetze zu entlasten, beginnt schon bei der Planung neuer Photovoltaikanlagen. In der Regel wird empfohlen, Solarmodule in Richtung Süden auszurichten, da die Sonneneinstrahlung auf diese Weise am höchsten ist. Das hat zur Folge, dass über die Mittagsstunden sehr viel Strom produziert wird, in den Randzeiten, wenn die Sonne im Osten oder Westen steht aber weniger. Es kann daher durchaus sinnvoll sein, Module nach Ost und West auszurichten, um die Stromproduktion weiter über den Tag zu strecken.
    Es ist auch eine Überlegung wert, PV-Module nicht auf die Nutzung im Sommer zu optimieren, sondern auf die Sonneneinfallswinkel im Winter.
    Quelle: Mit Material von dpa

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