Gesucht: Konzepte gegen den Lkw-Stellplatzmangel

    Tausende Parkplätze fehlen:Gesucht: Konzepte gegen Lkw-Stellplatzmangel

    von Jasmin Astaki-Bardeh
    |

    Der größte Stress für Lkw-Fahrer: die Parkplatzsuche. Tausende Stellflächen fehlen an den Autobahnen. Erprobt werden auch digitale Lösungen - doch die allein reichen nicht.

    Thüringen, Gotha: Lastkraftwagen stehen auf einem Parkplatz. Archivbild
    Zu wenig Parkplatz: Lastwagen stehen auf der Raststätte Gotha. (Archivbild)
    Quelle: dpa

    "Alles rappelvoll", erinnert sich Frank Buchholz an die allabendliche Parkplatz-Misere. Vier Jahrzehnte lang hat der Berliner Kraftfahrer erlebt, wie es immer dichter wurde - und er wie viele andere auch zum Vertriebenen.

    Viele Firmen, wo Ladung entladen oder beladen wird, wollen uns dort nicht über Nacht stehen haben.

    Frank Buchholz, Lkw-Fahrer

    Dann müsse man weiter ziehen, bis man einen Stellplatz findet - oft im Halteverbot.

     Logistikboom trifft Lkw-Parkplatzmangel

    Die Logistikbranche boomt wie nie. Doch die Verkehrsinfrastruktur ist auf dem Stand uralter Zeiten - als Online-Shopping noch ein Fremdwort war. Im Bundesverkehrsministerium ist die Rede von 23.000 fehlenden Lkw-Parkplätzen. Wie brisant die Lage ist, hat jüngst eine Studie des ADAC gezeigt.
    Es braucht dringend Lösungen. Das weiß Oliver Luksic (FDP), der als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium für dieses Thema zuständig ist. An Geld für neue Parkflächen mangele es nicht, sagt er ZDFheute: "Lkw-Verkehr wird nicht abnehmen." Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer "sind systemrelevant, ihre Wertschätzung ist enorm wichtig".

    Lage beim Parken von Lkw "kriminell"

    Aber derzeit seien sie wegen der Parksituation ernsthaft gefährdet, warnt die Opposition. Insbesondere in den Abendstunden und nachts sei die Lage geradezu "kriminell“, sagt Thomas Bareiß (CDU), verkehrspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag.

    Die Ampel muss die Verfahren zum Ausbau daher dringend beschleunigen.

    Thomas Bareiß, verkehrspolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion

    "Dabei müssen auch neue digitale Konzepte wie das Kolonnenparken mitgedacht werden", so Bareiß.
    Mehrere LKW hintereinander
    Wie kann Lkw-Fahren umweltfreundlicher werden? 28.04.2022 | 6:56 min

    Mehr Parkplätze und intelligente Scansysteme als Lösung

    Zwei Lösungen sieht man im Bundesverkehrsministerium. Erst einmal das Schaffen weiterer Flächen mithilfe von Bürokratieabbau: Es müssten "passende Orte für den Ausbau von Stellplätzen gefunden und das deutsche Planungsrecht entschlackt werden“, so Luksic. Außerdem setze er auf "digitale Lösungen, um bestehende Plätze bestmöglich zu nutzen“.
    An der A3 in Medenbach läuft ein Pilotprojekt: An Laternenmasten erkennen intelligente Scansysteme freie Parkflächen, um das direkt an die Fahrer weiterzuleiten. 

    Mittels eines Rotationslaserscanners werden sämtliche Bereiche einer Rastanlage in Echtzeit erfasst

    Gerd Riegelhuth, zuständiger Geschäftsbereichsleiter für Verkehrsmanagement der Autobahn GmbH

    "Neben gekennzeichneten Stellplätzen erkenne die Anlage auch parkende Lkw auf Fahrgassen", erklärt Gerd Riegelhuth von der Autobahn GmbH.

    Fachleute begeistert von Modellversuch an A3

    Hessen, Medenbach: Mit Solarpanelen betrieben wird eine Sensorik-Anlage zur Erfassung freier Stellflächen an der Rastanlage Medenbach an der A3.
    An der Rastanlage Medenbach wird mit Solarpanelen eine Sensorik-Anlage zur Erfassung freier Stellflächen betrieben.
    Quelle: Boris Roessler/dpa

    Fachleute begeistert dieser Modellversuch. Dirk Engelhardt, der Logistik in Berlin lehrt und Vorstandssprecher des Bundesverbands für Güterverkehr und Logistik (BGL) ist, sieht darin eine echte Chance gegen die Parkplatznot. Wenn die Daten in eine Cloud gingen, wäre das ein wichtiger Schritt Richtung "intelligenter Verkehrstechniken“. Fahrer könnten sie via Handy nutzen.

    Idealerweise werden diese Informationen zukünftig auch in Navigationssysteme und Speditionssoftware integriert.

    Dirk Engelhardt, Professor für Logistik in Berlin und Vorstandssprecher des Bundesverbands für Güterverkehr und Logistik (BGL)

    Zusätzlich könnten Lkw durch Verkehrsfunk oder elektronische Anzeigetafeln über nächstgelegene Parkplatzverfügbarkeiten informiert werden.

    Verlagerung auf Schiene ein "Wunschdenken"

    Sicherlich seien digitale Formate hilfreich und reduzierten zwar "nervenaufreibende Sucherei" nach einem Parkplatz, sagen Fachleute vom Karlsruher Institut und Technologieforschung (KIT). "Aber es entsteht dadurch ja kein einziger zusätzlicher Parkplatz", sagt Peter Vortisch, der Verkehrsmanagement lehrt. Nur die Auslastung werde gesteigert, aber die liege "ja schon jetzt bei über 100 Prozent".
    Sein Kollege Thomas Koch bringt es so auf den Punkt: "Mit Abstand die wichtigste Maßnahme ist die schnelle Schaffung von zusätzlichen Parkflächen. Ob dies in der Fläche oder in Form eines Parkhauses erfolgt, ist dem Grunde nach nicht entscheidend."
    Wunschdenken sei es, die Transporte von der Straße auf die Schiene zu verlagern, sagt Koch. "In der nächsten Dekade wird uns das Problem erhalten bleiben."

    Auch Lkw-Fahrer werden knapp

    Die Zeit drängt also. Auch, weil das Fahr-Personal knapp wird - immer weniger Nachwuchs interessiert sich für den Beruf. Branchenverbände fürchten schon in zwei Jahren "erhebliche Ausfälle“. Deutschlands logistische Versorgung scheint in Gefahr. 
    Die Parkplatz-Not lösen können wird wohl nur eine Mischung von Maßnahmen: Bau neuer Flächen, Parking-Apps und auch die Nutzung von Firmen-Parkplätzen. 
    Jasmin Astaki-Bardeh ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Baden-Württemberg.