Niederlande beenden Erdgas-Förderung - trotz hoher Vorkommen

    Trotz hoher Vorkommen:Niederlande drehen Gasförderung den Hahn ab

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    Obwohl noch Milliarden Kubikmeter Gas unterhalb der Niederlande liegen, beendet das Land die Förderung. Das Milliardengeschäft hatte zuletzt für schwere Schäden gesorgt.

    Erdgasförderung in den Niederlanden
    Vor mehr als 60 Jahren wurde im Nordosten des Landes Erdgas entdeckt. Eines der größten Felder Europas. Nun wird der Gashahn zugedreht.
    Quelle: imago

    Nach etwa 60 Jahren stoppen die Niederlande die Förderung von Erdgas in Groningen. Die Produktion aus den Gasfeldern in der nordöstlichen Provinz werde zum 1. Oktober eingestellt, teilte der zuständige Staatssekretär Hans Vijlbrief am Freitag in Den Haag mit.
    Es ist ein historischer Schritt, auch wenn die Entscheidung erwartet worden war. Grund sind die großen Schäden durch zahlreiche Erdbeben. "Wir drehen den Hahn echt zu", erklärte der Staatssekretär. Zunächst werde das Gasfeld aber als Notreserve für Engpässe erhalten bleiben. Ab Oktober 2024 würden die Förderanlagen abgebrochen. Die Probleme der Bürger seien zwar noch nicht gelöst, räumte der Staatssekretär ein, aber:

    Die Quelle des Elends ist ab Oktober geschlossen.

    Hans Vijlbrief, Staatssekretär

    Die Bürgerinitiative Groninger Bodem Beweging begrüßte die Entscheidung als "schönen ersten Schritt".

    Noch immer 450 Milliarden Kubikmeter Erdgas vorhanden

    Die Gasvorkommen in der Region nahe Niedersachsen gehörten zu den größten Europas. Seit 1963 wurde dort Gas gefördert. In dem Feld befinden sich schätzungsweise noch 450 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Das entspricht in etwa dem Gasverbrauch des Landes von zehn Jahren.
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    Die Regierung hatte bereits 2018 angekündigt, die Gasproduktion zu beenden. Doch im Zuge der Energiekrise als Folge des Kriegs in der Ukraine war die Produktion verlängert worden. Nach Angaben der Regierung ist die Energieversorgung gesichert und sind die Gasspeicher gut gefüllt.

    Gas-Förderung: Wie die Goldgrube zum Alptraum wurde

    Das Erdgasfeld war 1959 entdeckt worden und machte die Niederlande nach Norwegen zum größten Erdgasproduzenten Europas. In 60 Jahren wurden mehr als 2.300 Milliarden Kubikmeter gefördert, davon etwa die Hälfte für den Export, auch nach Deutschland. Der Staat verdiente gut daran: mehr als 360 Milliarden Euro, die beteiligten Öl-Gesellschaften Shell und Exxon Mobil rund 66 Milliarden Euro.
    Die Gasförderung war von einem anfänglichen Segen allerdings zum Alptraum geworden. Die Produktion führte über die Jahre zu rund 1.600 Erdbeben. Zehntausende Gebäude wurden schwer beschädigt, rund 100.000 Menschen waren betroffen. In den letzten Jahren herrschte vor allem Wut und Verzweiflung bei den Bürgern, die nach Jahren noch immer nicht entschädigt wurden.
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    Eine parlamentarische Untersuchungskommission kam in diesem Frühjahr zu dem vernichtenden Urteil: Der Staat und die Ölkonzerne Shell und Exxon Mobil hatten die Sicherheit der Bürger jahrzehntelang systematisch missachtet.

    Geld war wichtiger als Sicherheit und Gesundheit.

    Parlamentarische Untersuchungskommission

    Regierung und Ölkonzerne räumten Fehler ein. Im April sagte die Regierung den geschädigten Regionen 22 Milliarden Euro Entschädigung zu.
    Quelle: dpa

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