Öffentlicher Dienst: Keine Einigung - doch es wird teuer

    Öffentlicher Dienst:Weiter keine Einigung - doch es wird teuer

    ZDF-Reporter Frank Bethamnn mit Mikro vor der Fraankfurter Börse.
    von Frank Bethmann
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    Noch gibt es keinen Tarifabschluss, aber klar ist: Auf Bund und Kommunen kommen Milliarden an Kostensteigerungen zu. Bürgern drohen Gebührenerhöhungen und verkürzte Öffnungszeiten.

    Ein Gepäckwagen bestückt mit Westen und Fahnen verschiedener Gewerkschaften steht vor dem Terminal 2 des Münchner Flughafens.
    Die Vorstellung der Gewerkschaften und der Arbeitgeberseite gehen bei den Tarifverhandlungen weit auseinander.
    Quelle: dpa

    Auch in der dritten Verhandlungsrunde konnten sich Gewerkschaften und Arbeitgeberseite nicht auf einen für beiden Seiten akzeptablen Abschluss einigen. Nun hat man die Schlichtung eingeleitet und damit auch Friedenpflicht vereinbart.
    Doch unabhängig von der Frage, auf was man sich letztendlich verständigt, und wie berechtigt die Forderungen der Arbeitnehmer sind angesichts deutlich gestiegener Lebenshaltungskosten und einer Lohnzurückhaltung in den vergangenen Jahren: Auf die Kämmerer der Städte und Gemeinden kommen gewaltige Mehrkosten zu. Einen zweistelligen Milliardenbetrag bedeute das zuletzt gemachte Angebot bereits jetzt, lässt Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes die Öffentlichkeit wissen.

    Schwierige Situation: Mehr Personal, höhere Löhne

    Manch ein Kommunalpolitiker bekommt angesichts dieser Zahlen, die gerade verhandelt werden, graue Haare. Die Personalkosten, einer der größten Ausgabenblöcke einer jeden Kommune, werden deutlich steigen. Für eine Stadt wie Ludwigshafen, die bereits einen gewaltigen Schuldenberg vor sich herschiebt, kaum noch zu finanzieren, sagt Stadtkämmerer Andreas Schwarz im Gespräch mit Wiso:

    Die Stadt Ludwigshafen hat mehrere Sparrunden hinter sich. Das ist das Bild der berühmten ausgelutschten Zitrone

    Andreas Schwarz, Stadtkämmerer Ludwigshafen

    "Die Kommunen befinden sich in einer schwierigen Situation", findet Hagen Lesch, Tarifexperte beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft. "Sie sollen mehr Personal einstellen, mehr investieren und höhere Löhne bezahlen."

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    FAQ

    Spielraum für Neuverschuldungen wird enger

    Erschwerend kommt hinzu, dass ein wichtiges Hintertürchen, welches häufig genug in der Vergangenheit genutzt wurde, für viele Kommunen inzwischen versperrt ist. "Das Schuldenmachen ist nicht mehr umsonst", legt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der niederländischen Großbank ING, den Finger in die Wunde der Haushälter.
    Anzeige am Bahnhof auf der alle Zugfahrten ausfallen.
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    Nun ist zwar Kommune nicht gleich Kommune, unter den zahlreichen Gemeinden in Deutschland befinden sich auch etliche wohlhabendere - beispielsweise dort, wo sich Unternehmen angesiedelt haben, die ordentlich Gewerbesteuer zahlen. Doch die Mehrheit hat zu kämpfen, wie der Blick auf die Verbindlichkeiten der Kommunen insgesamt zeigt. Die sind 2022 auf inzwischen über 140 Milliarden Euro gestiegen.

    Der Spielraum für Neuverschuldungen wird jedenfalls enger.

    Carsten Brzeski, Volkswirt

    Es drohen höhere Müllgebühren oder geschlossene Schwimmbäder

    Was also tun? Auf diese Frage kann Andreas Schwarz, der in Ludwigshafen in diesem Jahr mit unglaublichen 1,4 Milliarden Euro planen muss, nur desillusioniert antworten: "Wir werden gezwungen sein, Entgelte zu erhöhen."

    Da wo Gebühren kalkuliert werden, wird es natürlich auch direkt die Gebühren betreffen. Das heißt die Müllgebühren werden teurer.

    Andreas Schwarz, Stadtkämmerer Ludwigshafen

    Auch in anderen Gemeinden mit ähnlichen Problemen müssen sich die Bürger darauf einstellen, dass es teurer wird. So drohen höhere Kosten für die Stadtreinigung, für das Ausleihen von Büchern in der Stadtbibliothek oder für den Besuch im Schwimmbad. Auch möglich, dass städtische Einrichtungen nur noch an bestimmten Tagen geöffnet oder ganz geschlossen werden, um Kosten zu sparen.
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    Nicht zuletzt werden klamme Stadtkämmerer über Kürzungen nachdenken müssen - dort wo die Mittel eh schon knapp sind, in den Krankenhäusern, bei der Polizei, in den Schulen oder Kindergärten.

    Steuer-Mehreinnahmen reichen nicht

    Allzu klamm seien die Kommunen gar nicht, halten die Gewerkschafter entgegen. Die Steuereinnahmen sind zuletzt um neun Milliarden Euro gestiegen. "Sie sind nicht so drastisch nach unten gegangen, wie wir befürchtet haben", räumt Gerd Landsberg vom Städte- und Gemeindebund im Interview mit dem Deutschlandfunk ein. "Aber unsere Ausgaben steigen auch ohne Ende." Er nennt zwei Beispiele: "Wir sollen den Klimaschutz voranbringen. Wir sollen die Flüchtlinge unterbringen."
    Tarifexperte Lesch schätzt daher: "Diese Einnahmen bieten gewisse Möglichkeiten der Gegenfinanzierung, aber sie werden nicht ausreichen." Daher schließt Ökonom Brzeski nicht aus: "Auch Steuern, die Kommunen und Gemeinden erheben können, drohen angehoben zu werden. Möglicherweise werden sich auch neue Steuern überlegt."

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