Batterie beim E-Auto wechseln: Volle Reichweite in Minuten

    Batterie wechseln statt laden:E-Auto: Volle Reichweite in wenigen Minuten

    von Mario Shabaviz und Kai Dietrich
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    Reinfahren, Akku tauschen, Rausfahren - frische Reichweite in wenigen Minuten. Seit Herbst 2022 bietet NIO aus China auch bei uns diese E-Autos an. Müssen die Deutschen nachziehen?

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    Chinas E-Auto-Marke NIO bietet neben dem klassischen Laden auch den schnellen Akku-Tausch an: An speziellen "Power Swap Stations" vollautomatisch, in wenigen Minuten. Was bringt der Akku-Tausch und wie teuer ist er?04.09.2023 | 4:51 min
    Viel Reichweite in ganz kurzer Zeit "auffüllen": Dabei sind bislang E-Autos den Verbrenner-Fahrzeugen immer unterlegen. Denn Tanken ist Minutensache. Seit vorigen Herbst aber setzt Chinas E-Auto-Marke NIO hierzulande seine Fahrzeuge ab, die neben dem klassischen Laden auch den schnellen Akku-Tausch anbieten. An speziellen "Power Swap Stations" und vollautomatisch, in wenigen Minuten. Müssen bald auch alle anderen Hersteller diese Wechsel-Technik drauf haben?

    Batterietausch so schnell wie Tanken

    Ralph Kranz, General Manager NIO Deutschland, ist vom Konzept überzeugt: "Sie können das Auto aufladen, sie können aber auch an unseren Batterietauschstationen die Batterie tauschen und das innerhalb von fünf Minuten."
    Genau das war auch das Hauptargument für Autofahrer Volkhard Zentgraf bei der Entscheidung für einen ET7 von NIO. Und: Man könne elektrisch auf Langstrecke gehen und müsse dabei keine großen Pausen fürs Nachladen einplanen. Für Zentgraf ist auch nicht unwichtig, dass sogar Upgrades nicht ausgeschlossen seien, wenn neue Batterietypen kommen.
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    Über 360.000 Autos weltweit verkauft

    Bei einem eigenen Versuch haben wir knapp sieben Minuten gebraucht - mit Ein- und Ausparken. Schneller geht Tanken auch kaum. Dieser Komfort hat seinen Preis: Ab rund 48.000 Euro gibt es den kleineren ET5, den ET7 ab rund 60.000 Euro. Hinzu kommt eine monatliche Miet-Rate für den Akku ab 170 Euro.
    Der Verkaufserfolg in Deutschland ist bislang übersichtlich: Seit Verkaufsstart im vorigen Herbst hat NIO etwa 1.000 seiner E-Autos in Deutschland verkauft. Zumeist in der umkämpften Oberklasse. Weltweit aber wurden bislang schon über 360.000 Autos der Marke ausgeliefert. Müssen also die deutschen Hersteller nachziehen?
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    Experte sieht kleinen Wettbewerbsvorteil

    Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Center Automotive Research Duisburg zufolge ist das Unternehmen aus China nicht nur mit der Batteriewechselstation, sondern im gesamten Softwarebereich sehr, sehr weit vorn sei, ebenso in der Batterietechnik. Die deutschen Hersteller müssten sich in Acht nehmen, um den Anschluss an die Chinesen nicht zu verlieren.
    Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management Bergisch Gladbach sieht das ähnlich. Allerdings sieht er speziell im Akku-Wechselsystem nur einen kleinen Wettbewerbsvorteil, der die deutschen Hersteller nicht abhängen würde. Denn das Akku-Wechsel-System sei wahrscheinlich nicht der richtige Weg, um sich global richtig aufzustellen. Sondern die Schnellladefähigkeit der Batterien, also in zehn Minuten 200 bis 250 Kilometer nachladen zu können.

    Einer Umfrage der Wirtschaftsberatung Deloitte im Herbst 2022 zufolge sind die wichtigsten Argumente für den Kauf eines E-Autos für deutsche Verbraucher niedrigere Treibstoffkosten, gefolgt von Sorgen wegen des Klimawandels und Förderprogrammen durch die Regierung.

    Dagegen sprächen vor allem fehlende Reichweite, gefolgt von fehlender öffentlichen Ladeinfrastruktur, der zu langen Ladezeit und nicht vorhandener Lademöglichkeit im eigenen Zuhause. Ein Viertel der Befragten erwartet der Erhebung zufolge mindestens 500 Kilometer Reichweite, ein weiteres Drittel mindestens 600 Kilometer. Dagegen steht allerdings, dass die tägliche Fahrleistung im Schnitt nur bei rund 36 bis 37 Kilometern liegt, also eine Distanz, die für die meisten, die täglich das Auto benutzen, locker ohne tägliches Laden zu schaffen ist.

    Trotzdem: NIO setzt auf Ausbau der Swap Stations. Das System ist laut NIO vor allem für Fahrten auf langen Strecken gedacht. Aus den bislang sieben aktiven Tauschstationen sollen hierzulande bis Jahresende 20 werden, in ganz Europa 50.
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    Laden bald so schnell wie Tanken?

    Noch ist der Akku-Tausch die schnellste Lösung für viel elektrische Reichweite in kurzer Zeit. Aber auch das Ladetempo wird immer schneller. Und wenn Laden mal so schnell wie Tanken geht, macht das Akku-Tauschen a la NIO dann noch Sinn?
    Für Stefan Bratzel eher nicht. Er verweist auf den chinesischen Akkuhersteller CATL, der gerade angekündigt habe, ab nächstem Jahr mit einem neuen Akku Schnelllademöglichkeiten in zehn Minuten von zehn bis 80 Prozent anzubieten.

    Das ist praktisch so schnell wie das Tanken. Dann lohnt sich eigentlich ein Batterie- beziehungsweise Akku-Wechsel-System eher nicht und wird wahrscheinlich eher eine Nische bleiben.

    Stefan Bratzel, Center of Automotive Management Bergisch Gladbach

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    FAQ
    Mario Shabaviz und Kai Dietrich sind Redakteure des ZDF-Magazins WISO.

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