Was Viessmanns Wärmepumpen-Deal in den USA bedeutet

    FAQ

    Verkauf an US-Konzern:Was Viessmanns Wärmepumpen-Deal bedeutet

    Stephanie Barrett über mögliche Konsequenzen der neuen Geldpolitik.
    von Stephanie Barrett
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    Wärmepumpen sind seit dem neuen Heizungsgesetz in aller Munde. Wieso verkauft Hersteller Viessmann die lukrative Sparte plötzlich? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Deal.

    Viessmann
    Viessmann verkauft Wärmepumpen-Geschäft an US-Konzern Carrier Global: Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Milliardendeal.
    Quelle: dpa

    Bis 2045 strebt die Bundesregierung die Klimaneutralität aller Gebäude in Deutschland an. Deshalb regelt die Regierung ab 1. Januar 2024 in einem auch international beispiellosen Gesetz den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme.
    Kurz: Wärmepumpen sollen in Deutschland längerfristig Öl- und Gasheizungen ersetzen. In Zahlen übersetzt bedeutet das:
    • Kosten: Für den Wärmepumpen-Kauf, deren Installation und kleinere Umbauten werden in Privathaushalten 30.000 Euro fällig, wobei die Wärmepumpe aktuell circa 15.000 Euro kostet.
    • Umfang: Im Gebäude-Energie-Gesetz geht die Bundesregierung von jährlich 500.000 zu installierenden Geräten aus. Allein bis zum Jahr 2030 sollen 5 Millionen Wärmepumpen installiert werden.
    • Markt: Bei einem Planziel von 15.000 Euro pro Wärmepumpe winkt ein Marktvolumen von 75 Milliarden Euro in den kommenden sieben Jahren.

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    FAQ

    Wie entwickelt sich der Wärmepumpen-Markt?

    Ein riesiger Bedarf, der für deutsche Unternehmen allein schwer zu stemmen sein dürfte. Hier kommen nun preiswertere asiatische Massenanbieter zum Zug.
    Viele asiatische Anbieter sind seit Jahrzehnten auf den Bau von Klimaanlagen spezialisiert, die Wärmepumpen technisch ähneln. Mit der Entscheidung der Bundesregierung, alles auf die Wärmepumpe zu setzen, werden die Karten auf dem Markt für Heizungsanlagen neu gemischt.
    Hersteller richten ihre Exportstrategien neu aus: Denn in Deutschland winken bis zu 40 Prozent staatlicher Förderung pro Wärmepumpe. Die deutsche Heizungsbranche ist bisher in Europa technisch führend in der Sparte Gas- und Ölheizungen. Dem hatten asiatische Wettbewerber bislang nichts entgegenzusetzen. Mit der Wärmepumpe wird der Markt nun neu gemischt. Nach Einschätzung von Experten dürften Wärmepumpen künftig vor allem außerhalb Deutschlands gebaut werden.
     Fahnen mit dem Viessmann-Logo wehen vor dem Viessmann-Werk.
    Als Hersteller für Heizungstechnikprodukte produziert Viessmann Wärmepumpen. Nun will das hessische Unternehmen seine Klimatechniksparte an einen US-Konzern verkaufen.26.04.2023 | 1:41 min

    Warum ist das Ausland für Heizungshersteller attraktiver?

    Bereits vor dem Verkauf der Viessmann-Klimasparte sei zunehmend im europäischen Ausland investiert worden, wie eine Analyse der Münchner Unternehmensberatung "S&B Strategy" zum Thema ergab. Beispiele seien Werke von Bosch und Viessmann in Polen sowie Vaillant in der Slowakei.
    Dort lockten schnellere Genehmigungsverfahren, geringe Energiepreise und niedrigere Lohnkosten. Asiatische Hersteller produzierten heute schon wettbewerbsfähiger. Insbesondere für kleinere Heizungshersteller werde das Marktumfeld langfristig schwieriger. Immerhin: Für Kunden bringe der Wettbewerb allerdings langfristig niedrigere Preise.

    Was bedeutet der Viessmann-Verkauf?

    Viessmann ist deutscher Markenführer im Bereich Wärmepumpen und galt als kerngesund. Gerade hatte das Unternehmen eine Milliarde Euro in den Aufbau einer Wärmepumpenproduktion investiert.
    Das Unternehmen ahnte wohl aber, dass es dem Angriff asiatischer Billiganbieter allein nicht würde standhalten können. Nun verkauft das Familienunternehmen aus einer Position der Stärke heraus, wie der Firmenchef betont:

    Durch den Zusammenschluss entsteht ein schnell wachsender Innovationsführer in einem hart umkämpften Markt.

    Max Viessman, Konzernchef "Viessmann"

    • Technik und Fachkräfte: Viessmann garantiert dem US-Unternehmen neben Technologie auch Marktzugang über 75.000 Installateure in 25 Ländern, denn der Einbau von Wärmepumpen ist personalintensiv und Fachkräfte sind Mangelware.
    • Kündigungsschutz für Personal: Im Gegenzug einigten sich beide Seiten auf langfristige Garantien: So seien betriebsbedingte Kündigungen für die nächsten drei Jahre ausgeschlossen, wichtige Produktions- und Entwicklungsstandorte für fünf Jahre abgesichert und der Hauptsitz Allendorf an der Eder bleibt in den nächsten zehn Jahren gesetzt.
    • Prämie: An die Mitarbeiter der Sparte sollen 106 Millionen Euro Sonderprämie für 106 Erfolgsjahre Viessmann ausgeschüttet werden.
    • US-Konzern Carrier Global: Viessmann wird auch einen Sitz im Verwaltungsrat des US-Unternehmens Carrier Global einnehmen. Das US-Unternehmen Carrier - selbst ein 120 Jahre altes Traditionsunternehmen aus Florida - gilt als Erfinder der modernen Klimaanlage. Der Konzern beschäftigt 52.000 Mitarbeiter und verfügt in Europa über Produktionsstandorte in Frankreich und Spanien.

    Führt das neue Heizungsgesetz zum Ausverkauf deutscher Hochtechnologie?

    Gut möglich, dass auch anderen deutschen Wärmepumpenherstellern in den nächsten Wochen Übernahmeangebote von asiatischen Produzenten ins Haus flattern. Denn die deutsche Heizungsindustrie war bislang auch eng verzahnt mit dem installierenden Handwerk.
    Auf deutschen Geräten geschult und ausgebildet, empfahlen deutsche Handwerker auch eher Anlagen von Viesmann, Vaillant oder Stiebel. Jetzt tragen Installateure den hohen Kosten zunehmend Rechnung und nehmen auch günstigere Geräte aus Asien ins Sortiment.

    Parallelen zur deutschen Solartechnologie?

    Bei vielen weckt die aktuelle Entwicklung Erinnerungen an die deutsche Förderung von Solarstrom im vergangenen Jahrzehnt: Die deutsche Politik lenkte Dutzende Milliarden Subventionen in die Solarindustrie, daraufhin schossen Solarfabriken wie Pilze aus dem häufig ostdeutschen Boden. Deutsche Hersteller, wie Solarworld, Solon und Q-Cells waren Börsenstars.
    Auch damals schaute die Welt gespannt auf Deutschlands grüne Revolution. Doch davon ist nur noch wenig übrig, die Produktion wanderte nach China ab und die blühenden Solar-Landschaften verdorrten. Denn den Preiskampf um die wenigen Solarkunden gewannen damals die chinesischen Hersteller, weil die chinesische Regierung ihrerseits Unternehmen massiv mit Subventionen pushten und auf billige Massenproduktion trimmte.
    Die deutschen Firmen rutschten in die Pleite und 100.000 Arbeitsplätze gingen verloren. Seitdem ist Deutschland abhängig von chinesischer Solartechnik, wer sich eine Solaranlage aufs Dach schraubt, kommt an chinesischer Technik nicht vorbei.

    Wärmepumpen-Bauer
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    von Mischa Ehrhardt
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