Kampf gegen Inflation: EZB erhöht Leitzins erneut

    Kampf gegen Inflation:EZB erhöht Leitzins erneut

    Stephanie Barrett über mögliche Konsequenzen der neuen Geldpolitik.
    von Stephanie Barrett
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    Die europäische Zentralbank bleibt auf Kurs und hebt den Leitzins um 0,5 auf 3 Prozent an - wie lange steigen die Zinsen noch - und was bedeutet das für die Inflation?

    Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen erneut angehoben. Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) beschloss am Donnerstag eine weitere Anhebung um 0,5 Prozentpunkte, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte.
    Seit dem vergangenen Sommer hat die EZB die Zinsen nun zum fünften Mal angehoben. Von heute an liegt der Satz, zu dem Banken sich Geld bei der EZB leihen können bei 3 Prozent. Im März werde eine weitere Erhöhung um 0,5 Prozentpunkte folgen.

    Inflation schwächt ab - die Kreditkosten nicht

    Die gute Nachricht vorweg: In den meisten Währungsräumen ist die Inflation auf dem Rückzug, und damit scheint die Strategie der Notenbanken aufzugehen. Die schlechte: Für Verbraucher und Firmen steigen Kreditkosten vorerst weiter an.
    Leitzins der EZB
    ZDFheute Infografik
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    Während die amerikanische Notenbank Fed bei den Zinsen den Fuß vom Gas nimmt und am Mittwochabend nur einen kleinen Zinsschritt von 0,25 auf 4,75 Prozent verkündete, stemmt sich die EZB vermutlich noch bis in den Sommer hinein mit kräftigen Zinsschritten gegen die Inflation. Obwohl sich die Teuerung im Euroraum mit aktuell 8,5 Prozent deutlich abflacht, ist sie noch meilenweit entfernt vom Zwei-Prozent-Ziel der EZB.
    Die US-Notenbank Fed hat den Leitzins erneut angehoben:
    Das spüren nicht nur Verbraucher an der Kasse, auch die Baubranche kämpft mit immens steigenden Kosten für Materialien: Zement, Fliesen, Stabstahl und Betonstahlmatten verteuerten sich vergangenes Jahr um bis zu 40 Prozent.
    Mit den günstigen Zinsen war dies noch verkraftbar, doch seit die Bauzinsen stetig steigen, verteuern sich auch die Refinanzierungskosten. Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia stoppt deshalb sämtliche Neubauprojekte in diesem Jahr.

    ifo-Institut erwartet weitere Zinserhöhungen

    "Die Inflation ist im Laufe des Jahres 2022 von Energie und Nahrungsmitteln auf viele Produkte übergesprungen und hat damit an Breite gewonnen. Es besteht die Gefahr, dass sich die Inflation verfestigt, was den Handlungsdruck für die EZB erhöht", so ifo-Inflationsexperte Sascha Möhrle.
    Das ifo-Institut rechnet deshalb in den kommenden Monaten mit weiteren Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank.

    Bislang keine Entwarnung bei Inflation

    Die Inflation bleibt also vorerst ein lästiger Dauergast, wie auch das statistische Bundesamt bestätigt: Von 109 Waren und Dienstleistungen, die in den Verbraucherpreisindex fließen, verteuerten sich 28 um mehr als zehn Prozent.
    Liegt es auf dem Konto, verliert das eigene Geld gerade schnell an Wert. Investieren kann sinnvoll sein. ZDFheute live über Anlagemöglichkeiten.
    Neben den Kostentreibern Nummer eins, wie Energie (+ 24,4 Prozent) und Nahrungsmittel (+20,7 Prozent), stiegen auch die Preise für Pauschalreisen, Flugtickets (+15,1 Prozent) oder auch Schreibwaren (+13 Prozent) überdurchschnittlich. Die Zinserhöhungen entfalten ihre preisdämpfende Wirkung in vielen Bereichen erst zeitverzögert.
    Auch das Thema Lohn-Preisspirale ist nicht vom Tisch: Die aktuellen Tarifverhandlungen könnten die Inflation durchaus befeuern, denn auf breiter Front fordern Gewerkschaften für die Beschäftigten zweistellige Lohnerhöhungen. Das gab es in den 70er Jahren schon einmal: 15 Prozent forderte die ÖTV damals für den öffentlichen Dienst und erkämpfte nach drei Streiktagen elf Prozent höhere Gehälter. Dieser Tarifabschluss gilt vielen Beobachtern als Beispiel für den Beginn einer Lohn-Preis-Spirale.

    Nachfrage nach Krediten sinkt

    In der Wirtschaft ist die dämpfende Wirkung der steigenden Zinsen bereits angekommen: Firmen und Verbraucher fragen seit Oktober deutlich weniger Darlehen nach als ein Jahr zuvor - Geldinstitute zeigen sich zugeknöpfter, scheuen Risiken und verschärften die Vergabestandards für Kredite. Diese Entwicklung dürfte laut EZB auch im ersten Quartal dieses Jahres anhalten.
    Einerseits gut, weil so Nachfrage und Preise gebremst werden. Allerdings hat die preisdämpfende Beruhigung der Wirtschaftsaktivität auch eine negative Kehrseite: Dringend benötigte Investitionen für die Modernisierung der Unternehmen werden aufgeschoben.

    Eurokurs profitiert von Zinserhöhungen - und macht Energie billiger

    Bei Verbrauchern kommen die Vorteile steigender Zinsen indes nur schleppend an: Sparer müssen sich derzeit mit mickrigen zwei Prozent für Bargeldeinlagen abfinden, dabei geizen vor allem die Großbanken mit Zinsen. Das bedeutet, noch immer frisst die Inflation einen erheblichen Teil vom Ersparten auf.
    Doch es gibt Anzeichen der Hoffnung: Den Euro beflügeln die steigenden Zinsen nämlich, aktuell klettert er auf 1,10 US-Dollar. Auch das wirkt dämpfend auf die Energiepreise, weil fossile Energien in Dollar abgerechnet werden.
    Vorbei ist die Inflation also längst nicht, doch wenn wir Glück haben, spielt sie Ende 2023 eine weniger wichtige Rolle. Am kommenden Montag verkündet das statistische Bundesamt, wie sich die Inflation zu Jahresbeginn entwickelt hat.

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