Neue Studie: Ötzi sah anders aus als bisher gedacht

    Neue Studie zum Gletschermann:Ötzi sah wohl anders aus als bisher gedacht

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    Anatolische Vorfahren, starker Haarausfall und dunkle Haut. Der Gletschermann Ötzi sah laut einer neuen Studie wohl doch anders aus als bisher angenommen.

    Gletschermann "Ötzi"
    Der Steinzeitmensch "Ötzi" sah neuen Erkenntnissen zufolge wohl doch anders aus als bisher angenommen.
    Quelle: dpa

    Glatze, dunkle Augen und sehr dunkle Haut: Eine Genomanalyse verrät, wie der Gletschermann Ötzi zu Lebzeiten aussah.
    Die Ahnenlinie des Mannes, der um 3250 vor Christus in den Tiroler Alpen lebte, reicht demnach direkt zurück zu jenen ersten Bauern, die vor etwa 8.000 bis 9.000 Jahren aus dem Nahen Osten nach Europa kamen. Das berichtet ein Forschungsteam aus Deutschland, Italien und Österreich im Fachblatt "Cell Genomics".
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    Ötzis Vorfahren kamen wohl direkt aus Anatolien

    Bereits 2012 wurde Ötzis Genom entschlüsselt. Die nun viel exaktere Rekonstruktion zeigt, dass das Genom von Ötzi zu mehr als 91 Prozent von anatolischen Zuwanderern stammt.
    Diese frühen Ackerbauern kamen ab vor etwa 9.000 Jahren aus dem Nahen Osten und brachten die bis dahin unbekannte Landwirtschaft nach Europa. Die übrigen knapp neun Prozent des Genoms stammen von europäischen Wildbeutern.
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    Die Alpengletscher, in denen Ötzi gefunden wurde, werden weniger:
    Das Forschungsteam schließt daraus, dass Ötzi aus einer relativ isolierten Bevölkerung in den Alpen stammt, die nur wenig Kontakt zu anderen europäischen Gruppen hatte.
    "Wir waren sehr überrascht, im neuen Ötzi-Genom keine Spuren der osteuropäischen Steppenhirten zur finden, auch der Anteil der Jäger- und Sammler-Gene beim Ötzi ist sehr gering", erklärte Max-Planck-Forscher Johannes Krause, Mitautor der Studie.

    Genetisch sieht er so aus, als seien seine Vorfahren direkt aus Anatolien gekommen.

    Johannes Krause, Direktor am Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie

    Dunkle Haut und genetisch bedingter Haarausfall

    Ötzi hatte der Genanalyse zufolge recht dunkle Haut - wesentlich dunkler als der Teint heutiger Südeuropäer. Die Färbung der Mumienhaut geht nach Autorenangaben nicht auf eine Nachdunklung über die Jahrtausende im Eis zurück.
    Auch der Umstand, dass an der Mumie kaum Kopfhaar gefunden wurde, ist offenbar nicht durch diese Lagerung verursacht worden. Stattdessen neigte der ursprünglich dunkeläugige und schwarzhaarige Ötzi genetisch bedingt stark zu Haarausfall und hatte wohl eine fortgeschrittene Glatze.
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    Auch an anderen Orten in Deutschland ist man der Steinzeit auf der Spur:

    Ötzi bleibt im Museum vorerst unverändert

    Die Gletschermumie liegt im Südtiroler Archäologiemuseum, das auch eine Rekonstruktion des lebenden Ötzis mit heller Haut und langem, dichtem Haupthaar enthält. Pressesprecherin Katharina Hersel sagte der dpa:

    Wir werden die Rekonstruktion nicht gleich anpassen.

    Katharina Hersel, Südtiroler Archäologiemuseum

    Und weiter: "Während die Erbanlagen eindeutig analysierbar sind, ist das Forschungsteam jedoch sehr zurückhaltend, was die Wahrscheinlichkeit anbelangt, ob, wann und in welchem Ausmaß sich diese Erbanlagen zu Lebzeiten eines Menschen zeigen."

    Wie Ötzi vermutlich aussah

    Ötzi war 1991 in einem Gletscher in den italienischen Alpen entdeckt worden. Der Fund der gut erhaltenen Mumie war eine archäologische Sensation. Seitdem versuchen die Wissenschaftler mit Hilfe modernster Techniken, seinem Leben und Sterben vor rund 5.300 Jahren auf die Spur zu kommen.
    Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge war der Gletschermann mit etwa 1,60 Metern für die Zeit durchschnittlich groß, wog um die 50 Kilogramm und war etwa 45 Jahre alt, als er mit einem Pfeil ermordet wurde. Letzte Mahlzeit vor seinem Tod war höchstwahrscheinlich getrocknetes Steinbockfleisch.
    Quelle: dpa, AFP

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