Atomic Heart: Was hinter der Kritik am Videospiel steckt

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    Videospiel: UdSSR als Supermacht:Das steckt hinter der Kritik an Atomic Heart

    Katharina Schuster
    von Katharina Schuster
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    Das Videospiel "Atomic Heart" wurde in der Gaming-Szene lange erwartet. Jetzt ist es auf dem Markt und es gibt Kritik. Das ukrainische Digitalministerium fordert gar den Boykott.

    Screenshot aus Atomic Heart
    In "Atomic Heart" kämpfen Spielende für Frieden in der Sowjetunion und gegen Roboter.
    Quelle: PR

    Sowjet-Kitsch, Lenin-Statuen, anti-ukrainische "Easter Eggs": Ausgerechnet am 21. Februar, fast ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, ist "Atomic Heart" erschienen. Ein sowjet-nostalgisches Online-Shooter-Spiel, in dem die Sowjetunion in einer alternativen Realität zur Supermacht wird.
    Für den stellvertretenden ukrainischen Digitalminister grenzt das Spiel an "russische Propaganda". Er fordert einen Boykott. Gamern machen versteckte anti-ukrainische Botschaften zu schaffen. Ein Überblick.

    Darum geht es in dem Videospiel "Atomic Heart"

    Atomic Heart spielt in einer alternativen Realität in den 1950er Jahren. Die Sowjetunion (UdSSR) hat eine chemische Substanz entdeckt, mit der sie zur Supermacht wird. Der Staat gewinnt den Zweiten Weltkrieg früh und Roboter bringen zunächst Wohlstand. Die Sowjetunion ist zur führenden Technologie-Nation aufgestiegen und hat sogar den Mond und den Mars kolonisiert.
    Überall grüßen humanoide Roboter, es gibt riesige Propagandastatuen und Wandbilder, die dem sowjetischen Realismus entspringen. Dazu Labore, Hydro-Gärten und schwebende Städte aus glänzendem Metall.
    Doch dann wendet sich das Blatt und die Roboter kämpfen gegen die Menschheit. Die Spieler*innen versuchen als KGB-Agent*innen, den Frieden wiederherzustellen.
    Spielszene aus dem Shooter-Spiel Atomic Heart
    In dem Shooter-Spiel kämpfen Spielende als Agent*innen gegen die Roboter.
    Quelle: mundfish

    Welche Vorwürfe das ukrainische Digitalministerium hat

    Alexander Bornyakov, der stellvertretende ukrainische Digitalminister, rief in einem Interview mit dem Spielemagazin "PCGamesN" zu einem Boykott des Spiels auf. "Wir fordern, die Verbreitung dieses Spiels in anderen Ländern aufgrund seiner Toxizität, der potenziellen Sammlung von Nutzerdaten und der Möglichkeit, sie an Dritte in Russland zu übertragen, zu stoppen", sagt er.
    Er behauptet, dass Mundfish in einer veralteten Datenschutzerklärung, "die Erhebung von Nutzerdaten und die mögliche Weitergabe dieser Daten an russische staatliche Behörden, insbesondere an das Finanzamt und die FSB (Anm. d. Red.: russischer Sicherheitsdienst)" einräume.
    Außerdem kritisiert Bornyakov, dass die Entwickler*innen des Spiels den russischen Angriffskrieg nicht öffentlich verurteilen. Am Ende unterstellt er sowohl Mundfish als auch dessen Investoren, den Krieg in der Ukraine zu unterstützen.

    Gamer finden anti-ukrainische "Easter Eggs" im Spiel

    Einige Spieler*innen wollen anti-ukrainische "Easter Eggs", also versteckte Anspielungen, in Atomic Heart gefunden haben. Auf Twitter berichtet ein Gamer unter anderem von fliegenden Drohnen, an denen Blumentöpfe mit Geranien befestigt sind.
    Das russische Wort für "Geranien" wird als Bezeichnung für iranische Kampfdrohnen verwendet, die Russland im Ukraine-Krieg einsetzt. Es handelt sich dabei um Kamikaze-Drohnen aus iranischer Produktion, die die Bezeichnung "Geran-2" tragen. Außerdem steht "Geran" nicht nur für die Blumen, sondern das Wort (auf Russisch ausgesprochen te-geran) deutet auch auf die iranische Hauptstadt Teheran hin, also auch damit wird gespielt.
    Tweet des Gamers
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    Andere Gamer kritisieren den Zeitpunkt der Veröffentlichung. Nach mehreren Verschiebungen kam das Spiel nun am 21. Februar offiziell auf den Markt - ausgerechnet an dem Datum, an dem Russland die besetzten ukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk im letzten Jahr zu sogenannten Volksrepubliken erklärte. Und: Nur wenige Tage vor dem Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar 2022.
    Aber: Dass hinter diesen Punkten eine Intention oder Botschaft der Macher*innen steckt, kann nicht belegt werden. Mundfish hat sich dazu bisher nicht geäußert. 
    Spielszene aus dem Shooter-Spiel Atomic Heart
    Im Spiel "Atomic Heart" ist die Sowjetunion nie untergegangen.
    Quelle: mundfish

    Was wir zu Mundfish und einer möglichen Verbindung zu Russland wissen

    1) Auf der offiziellen Website von Mundfish ist zu lesen, dass das Studio im Jahr 2017 auf Zypern gegründet wurde. Diese Information hat Mundfish nach Recherchen von ZDFheute aber erst Ende 2022 auf der Website ergänzt. Ob der Gründungsort des Studios wirklich Zypern war, wird bezweifelt.
    ZDFheute konnte das nicht unabhängig prüfen. Zumindest existiert ein Youtube-Video des offiziellen Kanals "Atomic Heart", bei dem Gamedesigner Richard Levelord Gray durchs Studio führt und bei 3:27 Minuten als Standort des Studios "Moskau" explizit erwähnt.
    2) Zwei der vier Gründungsmitglieder von Mundfish, nämlich CEO Robert Bagratuni und Art-Director Artem Galeev, haben laut LinkedIn vor ihren Jobs bei Mundfish bei Firmen in Russland gearbeitet.  
    3) Atomic Heart wird in Russland auf VKPlay vertrieben, das wie auf der Website des Konzerns zu lesen, Teil von VKontakte ist, Russlands wichtigster Social-Media-Plattform. VKontakte wird laut "Moscow Times" vom russischen Staatskonzern Gazprom kontrolliert.
    4) Als Investoren nennt Mundfish auf seiner Website neben dem chinesischen Unternehmen "Tencent" auch den russischen Spieleentwickler "Gajin Entertainment" und "GEM Capital". "GEM Capital" wird von Anatoliy Paliy geleitet, der zuvor für das russische Staatsunternehmen Gazprom gearbeitet haben soll.
    5) Weitergabe von Nutzer*innen-Daten an den Kreml: Dieser Vorwurf kann nicht überprüft werden. Die von dem stellvertretenden ukrainischen Digitalminister erwähnte Datenschutzerklärung wies Mundfish gegenüber "Gamesradar" als veraltet zurück und löschte das Dokument inzwischen.

    Studio dementiert Verbindungen zur russischen Politik

    Mundfish gab in Folge der Vorwürfe eine öffentliche Erklärung auf Twitter ab. Dort heißt es recht vage formuliert, dass Mundfish ein Entwicklerstudio sei mit einem internationalen Team und "unbestreitbar eine Pro-Friedensorganisation gegen Gewalt gegen Menschen ist".
    Und: "Wir äußern uns nicht zu Politik oder Religion", so das Entwicklerstudio.
    Tweet von Mundfish
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    Der australische Komponist Mick Gordon, der den Soundtrack zum Spiel komponierte, gab auf Twitter bekannt, dass er sein Honorar an das Rote Kreuz spenden will, um Opfern in der Ukraine zu helfen. 
    Tweet von Mick Gordon
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    Nach "Hogwarts Legacy" ist "Atomic Heart" also das nächste Spiel, dessen Veröffentlichung in diesem Jahr mit reichlich Kontroversen einhergeht.

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