Klimaforscher alarmiert: Ozeane derzeit so warm wie noch nie
Klimaforscher sind alarmiert:Ozeane ungewöhnlich stark erhitzt
|
Die Ozeane sind gerade besonders warm. Das könnte an einem ganz normalen Wetterphänomen liegen. Oder ein Zeichen für einen Anstieg der Erderwärmung sein.
Wellen brechen am Strand
Quelle: imago
Die Wissenschaft ist alarmiert: Die Weltmeere haben sich in den vergangenen Wochen plötzlich ungewöhnlich stark erhitzt. Die Werte liegen deutlich über den Rekordmarken. Forschende versuchen nun herauszufinden, was das bedeutet und ob die Entwicklung auf einen Anstieg der Erderwärmung im Zusammenhang mit dem Klimawandel hindeutet.
Manche führen die höheren Meerestemperaturen auf ein wärmebringendes "El-Niño"-Wetterphänomen zurück, das sich in möglicherweise großer Stärke zusammenbraut, sowie einen Rückstoß nach drei Jahren des kühlenden Gegenstücks "La Niña".
Hohe Temperaturen könnten noch übertroffen werden
Beides verstärkt die ständige globale Erwärmung, die das Wetter in größerer Tiefe erhitzt. Falls die Annahme zutrifft, könnten die Rekord-Temperaturen der Ozeane in diesem Monat von vielen weiteren übertroffen werden.
Das Klimaphänomen La Niña beeinflusste in den vergangenen Jahren das Wetter weltweit.11.11.2020 | 0:45 min
Laut der renommierten Plattform Climate Reanalyzer der University of Maine stieg die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Weltmeere seit Anfang März um fast zwei Zehntel Grad Celsius.
Das mag wenig klingen. Doch für die Ozeane weltweit, die 71 Prozent der Erdoberfläche bedecken, ist der Anstieg in der Kürze der Zeit "riesig", wie der Klimawissenschaftler Kris Karnauskas von der University of Colorado sagt:
El Niño bringt haushohe Wellen, sintflutartige Regenfälle, orkanartige Stürme aber auch verheerende Hitze und extrem Dürren mit sich. Wo kommt das Phänomen her, und betrifft es uns in Deutschland überhaupt?10.01.2019 | 4:10 min
Klimaforscher sehen ungewöhnliches Muster in Erwärmung
Fachleute tauschen sich untereinander und in Sozialen Medien über die Daten aus. Klimaforschende, darunter Gregory C. Johnson von der US- Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA, sind überzeugt, dass "El Niño" nicht der alleinige Grund für die Erhitzung der Meere ist. Unter anderem passten Erwärmungen im nördlichen Pazifik nahe Alaska sowie vor der Küste Spaniens nicht ins Bild, erklärt der Ozeanograf.
La Niña ist die kalte Phase eines Zyklus im östlichen Pazifik.
Übersetzt heißt "la niña" auf Deutsch "Mädchen".
Die oberen Wasserschichten des tropischen Ostpazifiks kühlen sich dabei anomal stark ab.
Das aktuelle La-Niña-Ereignis wird sehr wahrscheinlich mindestens bis Ende dieses Jahres anhalten, so ein aktueller Bericht der Weltorganisation für Meteorologie.
Das könnte schwere Folgen unter anderem für Nordamerika und das Horn von Afrika haben.
La Niña ist das Gegenstück der warmen Phase El Niño.
El Niño beschreibt eine großflächige temporäre Erwärmung der oberen Wasserschichten des tropischen Ostpazifiks.
Der Name bedeutet "Junge" oder auch "Christkind", da dieses Phänomen in Peru in der Regel zur Weihnachtszeit einsetzt.
El Niño wurde ursprünglich an der Westküste Südamerikas entdeckt. Es kann aber weltweit Auswirkungen haben.
Das Naturereignis tritt alle drei bis vier Jahre auf.
Quellen: Deutscher Wetterdienst, Science Media Center
Ähnlich äußert sich Klimawissenschaftler Gabe Vecchi von der Princeton University. "Das ist ein ungewöhnliches Muster", sagt er. "Das ist ein Extremereignis im globalen Ausmaß", das nicht nur auf "El Niño" zurückzuführen sei.
Ungewöhnliche Erwärmung am Äquator
Um zunächst zu erkennen, wo der plötzliche Anstieg am höchsten ist, zog Experte Karnauskas von den Anomalien bei den Temperaturen an der Meeresoberfläche die durchschnittlichen Temperaturanomalien in den vorherigen Monaten ab.
Der EU-Klimawandeldienst Copernicus stellt den 'European State of the Climate'-Reports mit Daten und Fakten zum Fortschritt der Erderwärmung vor.20.04.2023 | 6:12 min
Das Ergebnis: Die weltweite Erwärmung ging zu einem großen Teil auf einen langen Streifen quer durch den Äquator von Südamerika nach Afrika zurück, der sowohl den Pazifik als auch den Indischen Ozean umfasst. Dieses Gebiet erwärmte sich innerhalb von nur zehn bis 14 Tagen um vier Zehntel Grad, was höchst ungewöhnlich sei, sagt Karnauskas.
Rätselhafter Anstieg im Indischen Ozean
In Teilen der Gegend ist eindeutig ein stärker werdender "El Niño" im Anmarsch, was sich in den kommenden Monaten wissenschaftlich bestätigen könnte, wie der Forscher erklärt.
Wie hat sich das Klima bereits verändert? Wie viel CO2 haben die Länder seit 1990 eingespart? Die wichtigsten Zahlen im KlimaRadar von ZDFheute.
von Moritz Zajonz
Grafiken
Doch die Region im Indischen Ozean sei anders: Entweder könne es sich um einen zufällig gleichzeitigen, unabhängigen Anstieg handeln oder mit einem möglichen Super-"El-Niño" in Verbindung stehen. "Wir starten schon auf einem stark erhöhten Niveau, einem Ausgangswert von wirklich warmen globalen Meerestemperaturen, darunter im tropischen Pazifik und im Indischen Ozean", sagt Karnauskas.
Zusätzlich zur Aufheizung der Tiefsee hat die Welt an der Oberfläche infolge von "La Niña" drei Jahre lang eine außergewöhnliche Abkühlung erlebt. Diese funktionierte nach Angaben von Forschenden wie ein Deckel auf einem wärmer werdenden Topf - und nun ist dieser Deckel weg.