Soziale Medien: Immer mehr Erpressungen durch Nacktbilder

    Soziale Medien:Immer mehr Erpressungen durch Nacktbilder

    von Magdalena Stefely
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    Mehrere Bundesländer melden Rekordzahlen: Besonders Männer sind Opfer von Erpressung durch intime Aufnahmen - teils mit gefälschten Bildern.

    Scamming - Symbolfoto
    Tatort Internet: Die Erpressung mit Nacktbildern in den Sozialen Medien nimmt rasant zu.
    Quelle: Colourbox.de

    Sextortion heißt eine immer häufiger angewendete Masche von Kriminellen in den Sozialen Netzwerken wie Telegram, Snapchat, Instagram und Facebook. Der Begriff setzt sich aus den englischen Wörtern "Sex" und "Erpressung" zusammen.
    Täterinnen und Täter gewinnen dabei das Vertrauen ihrer Opfer, damit diese ihnen Nacktaufnahmen zuschicken, um dann Geld zu erpressen. Meist organisiert und im Ausland agierend, zielt Sextortion hauptsächlich auf Männer ab, betrifft aber auch Frauen.

    Immer mehr Fälle von "Sextortion"

    Eine Sonderrecherche des Landeskriminalamtes in Mecklenburg-Vorpommern zeigt rasant steigende Fallzahlen von Erpressungen mittels Nacktbildern in den sozialen Medien. 2021 waren es dort 100 Fälle, 2022 mit 210 mehr als doppelt so viele und 2023 bereits 203, heißt es auf Anfrage von funk, dem jungen Angebot von ARD und ZDF.
    Dementsprechend wird dieses Jahr von einem neuen Höchststand ausgegangen. In Bayern wurden im vergangenen Jahr 328 Erpressungen auf sexueller Grundlage "mit dem Tatmittel Internet" gezählt - ebenfalls die höchste Zahl seit jeher.
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    Auch die Fälle von Kinderpornografie sind zuletzt rasant gestiegen:
    Das LKA Niedersachsen verzeichnete 2021 69 "Erpressungen auf sexueller Grundlage" und 2022 so viele wie noch nie mit 109. Wie viele davon sich auf Erpressungen mittels Nacktbildern speziell über soziale Medien belaufen, kann laut dem LKA in Hannover nicht gefiltert werden.
    Die tatsächlichen Fälle dürften jedoch um einiges höher ausfallen, da von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen wird und Auslandstaten, beziehungsweise Taten mit einem unbekannten Handlungsort, in die Polizeiliche Kriminalstatistik nicht einfließen.

    Alex wurde mit gefälschten Bildern erpresst

    Der 24-Jährige Alex (Name geändert) hat sich nach Erpressung mit Nacktbildern bei funk gemeldet. Kurios an seinem Fall: Er hat nie Nacktbilder verschickt. Die Bilder wurden bearbeitet. Er ist von einer Frau auf Instagram angeschrieben worden, die vermeintlich neu in der Stadt ist und neue Leute kennenlernen will.
    Irgendwann wechseln sie zu Snapchat, wo sie ihm unangekündigt Nacktbilder schickt und welche zurückverlangt. Weil Alex nicht mitmacht, schickt sie ihm gefälschte Chat-Screenshots mit Bildern von ihm. Dazu Screenshots von Profilen von Menschen, die ihm nahestehen und die Bilder bekommen sollen. Außer: Er sende 300 Euro über den Anbieter PayPal.
    Fotos und Videos lassen sich inzwischen leicht fälschen - eine Gefahr für Privatpersonen, Prominente und Politiker:
    "Offenbar wollten die ja auch echte Nacktbilder von mir. Als ich die nicht schicken wollte, haben sie unseren Chat und die Fotos einfach gefaket. Aber eigentlich geht es ihnen ja nicht darum, die Bilder zu veröffentlichen, sondern das Geld zu bekommen", sagt Alex.

    Deshalb versuchen sie zuerst dein Vertrauen zu gewinnen und setzen dich dann extrem unter Druck. (…) Ich hatte richtig Angst und bin in Panik geraten.

    Alex, 24 Jahre

    Er wird durchgehend angeschrieben und angerufen. Am anderen Ende des Telefons sei eine männliche Stimme zu hören, erzählt der 24-Jährige. Alex überweist nicht, löscht seine Accounts zwei Tage lang und entkommt so der Erpressung. Seine Screenshots vom Erpressungsdialog zeigen, wie sehr er unter Druck gesetzt wurde.
    Montage Screenshots in einem Fall von "Sextortion"
    Privater Chat von Alex: Erpressungsnachrichten auf Instagram und Snapchat.
    Quelle: ZDF/Privat

    Fälle zur Anzeige bringen

    Die Polizei empfiehlt, auf keinen Fall Geld zu überweisen. Die Erpressung höre nach der Zahlung meist nicht auf. Der Kontakt solle sofort abgebrochen und auf weitere Nachrichten nicht mehr geantwortet werden.
    Chatverläufe und Nachrichten sollen mittels Screenshots gesichert werden und auf jeden Fall Anzeige bei der Polizei erstattet werden.
    Betroffene können sich außerdem an die Plattform wenden und die Löschung des Bildmaterials veranlassen. Nicht angemessene Inhalte können über eigens hierfür eingerichtete Buttons gemeldet werden.

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