"Reichsbürger"-Razzia: So gefährlich waren die Umsturzpläne

    Nach Razzia bei "Reichsbürgern":BGH: So konkret war die Gefahr

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    Im Dezember gingen Ermittler mit einer Großrazzia gegen "Reichsbürger" vor, die Umsturzpläne gehabt haben sollen. Jetzt äußert sich der BGH, wie konkret die Gefahr tatsächlich war.

    Bei einer Razzia gegen sogenannte «Reichsbürger» führen vermummte Polizisten Heinrich XIII Prinz Reuß zu einem Polizeifahrzeug.
    Bei einer Razzia gegen sogenannte Reichsbürger im vergangenen Dezember wurd auch Heinrich XIII. Prinz Reuß verhaftet.
    Quelle: Boris Roessler/dpa

    Mutmaßliche Führungsmitglieder der "Reichsbürger"-Gruppierung, die bei einer Großrazzia im Dezember aufgeflogen war, sollen Pläne für einen gewaltsamen Sturm auf den Bundestag gehabt haben. Dafür seien sie "bereits in konkrete Vorbereitungshandlungen eingetreten", heißt es in einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH).
    Ein Kommando von bis zu 16 Personen habe Regierungsmitglieder und Abgeordnete in Handschellen abführen sollen, schreiben die Richter unter Verweis auf den Ermittlungsstand.
    Einer der in Untersuchungshaft sitzenden Beschuldigten hatte demnach in Berlin schon die Örtlichkeiten ausgekundschaftet, Fotos gemacht und eine Namensliste von Politikern, Journalisten und anderen Personen des öffentlichen Lebens erstellt.

    Ehemalige AfD-Abgeordnete war an Umsturzplänen beteiligt

    Die ebenfalls festgenommene frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann habe "verschiedene Mitglieder der Vereinigung über Anwesenheitszeiten von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern" informiert. Außerdem habe sie geplant, das Reichstagsgebäude gemeinsam mit einem anderen Beschuldigten zu betreten.
    Bei der Razzia am 7. Dezember waren 25 Männer und Frauen festgenommen worden, von denen zuletzt noch 23 in U-Haft waren. Die Bundesanwaltschaft führt in dem Komplex inzwischen 61 Personen als Beschuldigte. Sie sieht in der Gruppe eine Terrorvereinigung, die das politische System in Deutschland stürzen wollte.

    Reichsbürger wollten bewaffnet in Bundestag eindringen

    Nach früheren Angaben der Bundesanwaltschaft soll die Gruppe "spätestens seit Ende November des Jahres 2021 mit sich seitdem immer weiter in ihrer Intensität steigernden Vorbereitungen begonnen" haben.
    Zentrales Gremium war demnach ein "Rat", der mit unterschiedlichen Ressorts einem Regierungskabinett nachempfunden war. Daneben soll ein "militärischer Arm" für die geplante Machtübernahme mit Waffengewalt zuständig gewesen sein.
    Die Bundesanwaltschaft hatte im Dezember auch mitgeteilt, dass der Verdacht bestehe, dass "einzelne Mitglieder der Vereinigung konkrete Vorbereitungen getroffen haben, mit einer kleinen bewaffneten Gruppe gewaltsam in den Deutschen Bundestag einzudringen". Die Einzelheiten seien noch aufzuklären.

    Munition, Gewehrmagazine und Nachtsichtgeräte

    Laut BGH führte diese Planungen "der engste Führungszirkel", zunächst zwei Männer. Die bis zu 16 Personen hätten sich vornehmlich aus aktiven oder ehemaligen Angehörigen von Spezialeinheiten der Bundeswehr oder der Polizei zusammensetzen sollen.
    Dafür hätten die Männer schon Kontakt zu mehreren Angehörigen des Kommandos Spezialkräfte (KSK) aufgenommen. Einer der Männer soll sich unter anderem Munition, Gewehrmagazine und Nachtsichtgeräte besorgt haben.
    In Berlin soll er Fotos von Absperrgittern am Paul-Löbe-Haus, vom Eingang der U-Bahn-Station "Bundestag" und vom Schloss Bellevue gemacht haben, also vom Sitz des Bundespräsidenten. Das Paul-Löbe-Haus beherbergt die Ausschüsse des Bundestages und liegt nur wenige Meter vom Reichstagsgebäude entfernt.

    Gefahr durch Reichsbürger war "erheblich"

    Spätestens am 25. November 2021 sollen die Männer drei weitere Beschuldigte in ihre Pläne eingeweiht haben, die diese dann gefördert hätten. Die BGH-Strafrichter sprechen von "konkreten vielfältigen Vorbereitungshandlungen" und ziehen daraus den Schluss: "Die von der in Rede stehenden Gruppierung ausgehende Gefahr ist erheblich."
    Anlass für die Ausführungen des für Staatsschutz-Delikte zuständigen Strafsenats des BGH war die Beschwerde eines Mannes, der angibt, bei den Durchsuchungen von den Ermittlern mit seinem Bruder verwechselt worden zu sein. Die Richter verwarfen seine Beschwerde Ende März.
    Der Bundestag hatte Anfang März seine Zugangsregeln verschärft, auch als Reaktion auf die Ermittlungen des Generalbundesanwalts.
    Quelle: dpa

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