Geht Winterurlaub nachhaltig? Die Debatte ist in vollem Gange. Jetzt spricht Bergsteiger-Legende Reinhold Messner.
Es ist vielleicht die Ski-Saison, die vieles verändern könnte in den Alpen. In keinem Gebirge der Welt ist die Dichte der Skigebiete so groß. Deshalb zeigt sich auch an wenigen Stellen so drastisch, wie der Klimawandel Berge, Schnee, Sport und Urlaub verändert. Reinhold Messner kämpft seit Jahrzehnten für einen respektvollen Tourismus in den Alpen.
Wir besuchen ihn für die Dokumentation "Alpendämmerung" (am 01.03.2023 im ZDF) in Südtirol, am Fuße des majestätischen Ortlers. Sein Museum dort zeigt Messners Mantra: Reduktion. Mit wenigen Hilfsmitteln höchste Gipfel erklimmen. Diese Reduktion aufs Wesentliche fordert Messner seit langem auch im Tourismus.
Reinhold Messner ist eine Bergsteiger-Legende. Heute kämpft er für einen nachhaltigen Tourismus in der Region. Ein Gespräch über die Reduktion auf das Wesentliche.
Eine bessere Verteilung der Touristen muss her
"Auf eine weitere Erschließung der Hochgebirgsregion für das reine Freizeitvergnügen, Skifahren, Wandern, Biken und Klettern muss verzichtet werden", schrieb er vor 20 Jahren in "Rettet die Alpen". Stimmt immer noch, so Messner jetzt im Gespräch. "Wir können nicht weiter einfach jeden Hügel mit Hotels oder touristischer Infrastruktur verbauen, weil diese Landschaft sonst früher oder später einfach weg ist."
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Es müsse eine bessere Verteilung der Touristen geben, damit es für kleine Betriebe auch in weniger belebten Tälern eine Perspektive gebe. Die erhielten dort die Landwirtschaft, die Landschaftspflege, das Flair der Alpen aufrecht - und stünden ohne Touristen vor dem Aus. Stattdessen erleben die Alpen eine Konzentration auf große, zunehmend teure Ski-Zentren.
Skifahren auf ein paar Resten Kunstschnee inmitten grüner Landschaft. Macht das wirklich noch Spaß und was sind Alternativen?
An- und Abreise der Urlauber ist größtes Problem
In der Tat mangelt es nicht an Initiativen für Nachhaltigkeit und Klimaschutz, aber grundsätzliche Veränderungen lassen auf sich warten. Vor allem, was die An- und Abreise der Winterurlauber betrifft. Dabei ist die hauptsächlich für den CO2-Fußabdruck im Ski-Urlaub verantwortlich.
Die Alpen so wie wir sie kennen, wird es wohl nicht mehr allzu lange geben. Der Grund: Klimawandel und auftauender Permafrost setzen ihnen zu.
Ein längerer Aufenthalt ist der Schlüssel zum sauberen Tourismus, hören wir immer wieder: Länger bleiben statt zweimal reisen. Doch der Trend geht zum Kurztrip.
Veränderungen brauchen zu lange
Mit einem Gesamtkonzept für Veränderungen tue man sich vielerorts noch schwer, auch in Österreich, sagt Markus Pillmayer, Tourismusforscher an der München University of Applied Sciences. Der Wintertourismus in Österreich sei lange auf erfolgreicher Welle geschwommen. Man erkenne aber jetzt viel zu langsam, wie radikal sich die Dinge änderten.
Geschäftsmodelle müssen sich anpassen
Dabei ändern sich die Trends. Statt Ski Alpin werden Schneewanderungen, Spa, Ski-Touren, Rodeln und Erlebnisse in niederen Lagen beliebter.
Längst ein beliebter Urlaubstrend - auch im Winter: Camping.
Durch den Klimawandel werde es bei einigen Unternehmen zu Umsatzeinbußen kommen, meint Pillmayer. Die Akteure seien gefordert, ihr Geschäftsmodell kritisch in Augenschein zu nehmen.
Messner: "Der Mensch hat ein Recht auf Urlaub"
Reinhold Messner lenkt den Blick von den Gastgebern zurück auf die Urlauber. Die Gäste müssten sich mehr auf die Natur in den Alpen einlassen. Zu jeder Jahreszeit. In den Alpen zu wandern, sei das Gesündeste, was es gibt. "Ein Gleichgewicht zu finden, dass man die Gäste aufnimmt und dabei die ökologischen Fragen sauber löst - das ist noch zu machen", meint Messner.
Der Klimawandel verleiht Europas größtem Naherholungsgebiet ein neues Gesicht: schmelzende Gletscher, immer öfter grauer Schotter statt weiße Gipfel. Höchste Zeit zu überlegen, wie man dieser Veränderung begegnet.
Wolf-Christian Ulrich ist Korrespondent und arbeitet im ZDF-Studio Wien.
- Mensch Messner!
Reinhold Messner hat als Erster den Mount Everest ohne Sauerstoffzufuhr bestiegen; sein Leben auf vielen Achttausendern riskiert. Auch mit fast 80 Jahren kommt er nicht zur Ruhe.