Laienrichter gesucht: So wird man Schöffe

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    Wahlen stehen an:Laienrichter gesucht: So wird man Schöffe

    Samuel Kirsch
    von Samuel Kirsch
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    Schöffen entscheiden vor Gericht mit, ob ein Angeklagter schuldig ist – mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter. Aktuell werden 60.000 neue Schöffen gesucht.

    Auf dem Bild ist ein Richterhammer und eine Grafik zu sehen, in der die Voraussetzungen für Schöffen festgehalten sind.
    Das Landgericht Gießen sucht neue Schöffen. Sie sitzen mit auf der Richterbank, brauchen aber keine juristische Ausbildung. Jeder deutsche Staatsangehörige zwischen 25 und 69 Jahren kann sich bewerben.02.03.2023 | 2:03 min
    Es ist ein Ehrenamt, das man im Normalfall nicht ablehnen kann – und eines mit viel Verantwortung. Schöffen bringen Volksmeinung in Gerichtsverfahren ein und entscheiden mit über Schuld und Strafe.

    Welche Aufgaben haben Schöffen?

    Schöffen sind ehrenamtliche Richterinnen und Richter. Jeweils zu zweit wirken sie an bestimmten Strafprozessen vor den Amts- und Landgerichten mit. Dabei kann es um schwerwiegende Straftaten bis hin zu Mord gehen.
    Aufgabe der Schöffen ist es, sich in der Gerichtsverhandlung ein unvoreingenommenes Bild zu machen und mitzuentscheiden, ob die angeklagte Person sich schuldig gemacht hat und welche Strafe angemessen ist – mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter.
    Das heißt: Entscheidet das Gericht in einer Besetzung von zwei Schöffen und einem Berufsrichter – wie es am Amtsgericht der Normalfall ist – können die Schöffen den Berufsrichter oder die Berufsrichterin überstimmen.
    Ein Richterhammer liegt auf Gesetzbüchern. Symbolbild.
    In Deutschland werden intensiv Freiwillige für das Schöffenamt gesucht. Als Laien auf der Richterbank vertreten sie das Volk im Gerichtssaal und haben dabei das gleiche Stimmrecht wie Berufsrichter.09.02.2023 | 2:51 min

    Wie wird man Schöffe?

    Wer sich für einen Platz auf der Richterbank interessiert, kann sich bei der eigenen Gemeinde bewerben. Jede Kommune stellt eine Vorschlagsliste mit Kandidatinnen und Kandidaten für ihren Amtsgerichtbezirk auf. Diese wird dann an das Amtsgericht weitergegeben. Dort wählt ein Ausschuss die Schöffen für eine Amtszeit von fünf Jahren.
    Auch Hilfsschöffen, die einspringen, wenn die eigentlichen Schöffen ausfallen, werden gewählt.

    Kann ich verpflichtet werden?

    Grundsätzlich ja. Gerade Großstädte suchen händeringend nach Kandidatinnen und Kandidaten. Sollten sich nicht genügend Interessenten finden, können sie Einwohner auch ungefragt auf die Vorschlagsliste setzen. Wer als Schöffe gewählt wird, muss das Amt antreten. Ausnahmen bestehen lediglich für bestimmte Berufsgruppen, etwa für Ärzte, Krankenschwestern und Hebammen.
    Ablehnen darf außerdem, wer durch die Tätigkeit als Schöffe in wirtschaftliche Not geraten würde – beispielsweise als Selbstständiger in einem Betrieb- oder die Pflege von Angehörigen nicht mehr leisten könnte. Schöffen bekommen Verhandlungstermine zugelost und sind verpflichtet, daran teilzunehmen.
    Denn ohne sie kann eine Verhandlung nicht stattfinden. Nur im Ausnahmefall, etwa bei Krankheit, kann ein Schöffe entbunden werden.

    Welche Voraussetzungen müssen Schöffen mitbringen?

    Wer Schöffe werden will, muss zum Stichtag 1.1.2024 mindestens 25 und darf höchstens 69 Jahre alt sein. Er oder sie muss in der Gemeinde des Amtsgerichtsbezirks wohnen und die deutsche Staatsbürgerschaft innehaben. Außerdem sind ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache Voraussetzung.
    Nicht als Schöffe gewählt werden kann, gegen wen ein Ermittlungsverfahren wegen schwererer Straftaten läuft oder wer mit einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten vorbestraft ist. Außerdem müssen Schöffen gesundheitlich geeignet sein und dürfen keine Insolvenz angemeldet haben.
    Eine Amtszeitenbegrenzung für Schöffen gibt es nicht. Bis zum Erreichen der Altersgrenze ist also auch eine Wiederwahl möglich.

    Muss der Arbeitgeber Schöffen freistellen?

    Ja, Arbeitgeber sind verpflichtet, Schöffen für die Gerichtsverhandlungen freizustellen. Sie müssen dann für die Fehlzeit aber auch keinen Lohn zahlen. Den Verdienstausfall übernimmt bis zu einer gewissen Höhe der Staat.

    Wird man als Schöffe bezahlt?

    Schöffen erhalten eine Aufwandsentschädigung von sieben Euro pro Stunde. Außerdem zahlt der Staat die Fahrtkosten und übernimmt beispielsweise die Kosten für einen Babysitter.

    Wie aufwendig ist das Schöffenamt?

    Der Zeitaufwand ist schwierig abzuschätzen. Zwar erhält jeder Schöffe für ein Geschäftsjahr vorab die vorgesehenen Verhandlungstage. Doch gerade bei den Landgerichten gibt es in größeren Verfahren häufig Fortsetzungstermine, an denen die Schöffen dann ebenfalls teilnehmen müssen.
    Vorbereitungszeit für die Verhandlungstermine müssen Schöffen nicht einplanen, denn erst unmittelbar vor der Verhandlung erfahren sie, um was es geht. Sie sollen sich im Gerichtssaal einen eigenen Eindruck verschaffen, ohne Informationen aus den Akten.

    Bis wann kann ich mich bewerben?

    Die Bewerbungsfristen unterscheiden sich von Kommune zu Kommune, die meisten Städte und Gemeinden nehmen Bewerbungen bis Ende März entgegen. Die Auswahl findet dann im Laufe des Jahres statt. Vereidigt werden die neuen Schöffen in ihrer ersten Verhandlung im Jahr 2024.
    Samuel Kirsch ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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