Berlinale 2024:Teddy Award - Raum für queere Filme
von Nils Schneider, Berlin
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Beim Teddy Award wird ein Beitrag aus Hongkong zum besten Film gekürt - auch der Dokumentarfilm über die Künstlerin "Peaches" wird ausgezeichnet. Es gibt aber auch Buhrufe.
Teddy Award: Bester Dokumentarfilm wurde "Teaches of Peaches".
Quelle: dpa
"All shall be well" - Alles wird gut sein: ein hoffnungsvoller Titel des Siegerfilms des Teddy Award auf der Berlinale 2024. Regisseur Ray Yeung porträtiert darin zwei lesbische Frauen in ihren 60ern in Hongkong. Eine Altersgruppe, die auch in der queeren Community eher wenig Beachtung findet. Als eine von beiden stirbt, muss die andere um die gemeinsame Wohnung bangen. Spät muss sie sich noch einmal emanzipieren. Der Regisseur ist sichtlich stolz und dankbar:
Applaus und Buhrufe: Jury äußert sich zu Gaza-Krieg
Bevor der erste Teddy verliehen wird, liest ein Mitglied der fünfköpfigen internationalen Jury ein Statement zum Gaza-Krieg vor. Darin erklärt sich die Jury solidarisch mit den Palästinensern, forderten einen Waffenstillstand und die Freilassung der israelischen Geiseln. Kein Wort zum Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel.
Die Mehrheit des Publikums enthält sich jeglicher Reaktion. Ein Teil applaudiert, andere äußern ihren Unmut mit Buh-Rufen. Wenige Personen verlassen die Veranstaltung. Die Stimmung im Saal ist danach nicht mehr so euphorisch und feierlich.
"Teaches of Peaches" - eine Ikone der Musik abseits des Mainstreams
Im besten Dokumentarfilm geht es um die Sängerin Peaches und um die Entstehung ihres ersten Albums im Jahr 2000, mit viel Archivmaterial aber auch aktuellen Bildern. Regisseurin Judy Landkammer und Regisseur Philipp Fussenegger haben die Künstlerin lange begleitet. Peaches ist eine Ikone des Underground. Ihre Bühnenshows waren eine Mischung aus Punk-Konzert und Sexshow.
Peaches lebt in Berlin und ist bei der Preisverleihung dabei. Sie bezeichnet sich auf der Bühne als progressive Jüdin und versucht, versöhnliche Worte zu finden. Sie sagt: "Danke für all die Stimmen, die gesprochen haben. Ich denke, am Ende geht es immer um Menschenrechte."
Wer seinen Namen nicht kennt, ist zu jung: Lothar Lambert
Der deutsche Regisseur Lothar Lambert bekommt den Special Teddy Award für sein Lebenswerk.Wer seinen Namen nicht kennt, so sagt der Gastgeber des Abends, Brix Schaumburg, zeige nur, wie jung er oder sie sei.
Der 79-jährige Lothar Lambert hat in den 1970er und 80er Jahren mit seinen Filmen für Aufsehen gesorgt. Er hat damals schon Menschen porträtiert, die queer waren, bevor dieses Wort überhaupt bekannt war. Menschen, die anders lebten und liebten. Oder die am Rande der Gesellschaft ausharrten, wie Einwanderer, Schwarze Menschen, Arme. Sehr humorvoll nimmt er den Preis entgegen:
Der wichtigste und älteste queere Filmpreis weltweit
Der Teddy Award ist der queere Filmpreis der Berlinale. Mit ihm werden bereits zum 38. Mal Filme und Personen ausgezeichnet, die Themen der gesellschaftlichen Vielfalt behandeln und damit einen Beitrag für Toleranz, Akzeptanz und Gleichstellung liefern. Der Preis und die Preisverleihung ist auch ein sicherer Ort für queere Menschen und ihre Themen. Für Menschen, die in ihren Heimatländern verfolgt, unterdrückt, diskriminiert, sogar getötet werden, weil sie leben und lieben wollen, wie sie es wollen.
Zu den prominentesten Preisträgern und Preisträgerinnen gehören Regisseur Pedro Almodóvar und Gus Van Sant. Oder die Schauspieler Tilda Swinton, James Franco und Helmut Berger.
Weitere Preise in diesem Jahr gingen an "Grandmamauntsistercat" als bester Kurzfilm. Regie führte Zuza Banasinska aus Polen. Der Preis der Jury ging an das gesamte Ensemble des Films "Crossing".
Nils Schneider ist Redakteur im ZDF-Landesstudio Berlin.