Weihnachten wird für viele Familien spärlicher als sonst ausfallen. Ein Kinderpsychologe erklärt, worauf Eltern in der Kommunikation mit ihren Kindern achten können.
ZDFheute: Der Heilige Abend gilt für viele als der wichtigste Tag im Jahr. Ändert sich das dieses Jahr angesichts der vielen Krisen?
Tobias Szuwart: Viele Menschen haben mit Weihnachten eigentlich ein großes Problem und damit eine Menge Stress. Die Sehnsucht nach Perfektion und Harmonie ist groß, gleichzeitig gibt es oft ungeklärte Konflikte in den Familien, die bei solchen Festen hochkochen. Deshalb ist auch die psychische Belastung vieler Menschen in dieser Zeit besonders groß. Das merken alle meine Kollegen in ihren Praxen.
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ZDFheute: In vielen Haushalten wir das Weihnachtsfest nicht so üppig wie sonst ausfallen. Wie erkläre ich das meinen Kindern?
Tobias Szuwart: Was helfen einmal im Jahr Weihnachtsbaum, Skiurlaub, Berge von Geschenken, wenn das ganze Jahr über das Familienleben von Zeitmangel, Stress und Konflikten geprägt ist? Es ist also ratsam, das ganze Jahr über in die Beziehung zu seinen Kindern zu investieren - zeitlich und emotional.
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Wenige stimmige Geschenke aussuchen, die echt Wünsche erfüllen, an denen die Kinder lange Freude haben und sich dabei wirklich gesehen fühlen, sind besser als Berge von wahllosen Geschenken aus einem schlechten Gewissen heraus und vollgestopfte Kinderzimmer. Das hat dann auch nichts mehr mit Genuss zu tun, sondern erschlägt jede Kreativität der Kinder.
ZDFheute: Aber wie vermitteln Eltern diesen plötzlichen Verzicht an ihre Kinder?
Szuwart: Insbesondere in materieller Art seinen Kindern bei dieser Erfahrung der Enttäuschung zur Seite zu stehen, sie zu trösten, den Rücken zu stärken und Mut zu machen gegenüber anderen ist dabei sehr wichtig. Damit sind aber keine intellektuellen Debatten mit den Kindern gemeint, sondern echter Trost, Mut und Verantwortungsbewusstsein für die Zukunft.
ZDFheute: Bereite ich die Kinder im Vorfeld darauf in irgendeiner Form vor?
Szuwart: Es ist eine Frage der Kultur, wie man das in der Familie lebt. Ich denke aber, dass es natürlich gut wäre, dies im Vorfeld zu tun. Ich sollte darauf achten, dass ich das Weihnachtsfest von der Erwartungshaltung aus anders aufbaue - auch, was die Geschenke angeht.
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ZDFheute: Jetzt geht es ja nicht nur um Geschenke, sondern um Verzicht auf mehreren Ebenen. Vielleicht leuchtet der Baum dieses Jahr weniger, das Wohnzimmer ist kälter als sonst und das Festessen etwas spärlicher als üblich.
Tobias Szuwart: Es ist wichtig, als Elternteil diesen Verzicht nicht zu hoch zu hängen, nicht zu emotionalisieren. Man kann sagen: wir machen dieses Jahr jetzt mal was anderes. Und es ist eher die Frage, inwieweit man in der Lage ist, seine Kinder emotional zu beruhigen.
Und eben nicht auf dieses Drama einzusteigen, sondern versuchen, diese Haltung, diesen Verzicht mit einem guten Gewissen zu verbinden. Denn meine innere Haltung überträgt sich automatisch auf die meiner Kinder.
FAQ- So wird das Weihnachtsfest gemütlich
Der Lichterschmuck gedimmt, die Geschenke weniger üppig - wenn sie denn rechtzeitig ankommen - Weihnachten in Krisenzeiten: Warum es vielleicht doch ganz heimelig werden kann.
von Julia LöschZDFheute: Corona, Krieg, Inflation, Energiekrise - wieviel Themen halten Kinder aus?
Szuwart: Das hängt natürlich stark vom Alter ab. Ein fünfjähriges Kind werden Sie mit der ganz großen Gemengelage natürlich überfordern - das ist vollkommen klar.
ZDFheute: Wieviel bekommen Kinder denn überhaupt mit?
Szuwart: Kinder kriegen mehr mit, als wir denken. Jetzt aber zu glauben, meine Kinder vor den schlimmen Dingen abschirmen zu können, ist auch fatal. Das wird nicht funktionieren. Es ist eher die Frage, ob man das Ganze dramatisiert und dabei selbst in Panik gerät - oder versucht, diese Themen ruhig und ohne die Fassung dabei zu verlieren zu kommunizieren.
ZDFheute: Welche Rolle nehmen Eltern dann am besten ein? Die Kinder vor diesen Themen lieber schützen oder miteinbeziehen?
Szuwart: Kinder haben ein Gefühl für Stimmungen, es geht nicht darum, die Information zu unterbinden, sondern eine gewisse Stimmung zu halten. Wenn Sie selbst in Panik sind, dann wird sich das auch auf Ihr zweijähriges Kind übertragen. Das wird nicht gut gehen, die Kinder merken das. Das kennen wir schon aus der Säuglingsforschung - das fängt schon im Mutterleib an.