Klima und Verkehr: Darauf hat sich die Ampel geeinigt

    Klima, Verkehr und Umwelt:Darauf hat sich die Ampel geeinigt

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    Die Spitzenpolitiker von SPD, Grünen und FDP haben nach langen Verhandlungen eine Einigung erzielt. SPD-Parteichef Lars Klingbeil sprach am Dienstag von einem Bündel an Maßnahmen.

    Fast drei Tage Ringen hinter verschlossenen Türen. Am Ende habe sich das alles gelohnt, verkündeten die Spitzen der Ampel-Koalition am Dienstagabend. "Wir haben echte Durchbrüche erzielt, wirkliche Paradigmenwechsel und deshalb spricht das Ergebnis einfach für sich", sagte FDP-Chef Christian Lindner nach dem Verhandlungsmarathon des Koalitionsausschusses in Berlin. Wenn das immer so laufe, "dann sollten wir zukünftig jeden Monat drei Tage in Klausur gehen".
    Unter dem Strich standen am Dienstagabend eine Reihe teils überraschender Beschlüsse zum Klimaschutz und Verkehr fest. Eine Rechtfertigung für den schier endlosen Koalitionsstreit hatten die Koalitionäre auch parat: Die Ampel-Regierung trage hier sozusagen im Kleinen die Konflikte der Gesellschaft aus. Das lange Gerangel klingt nun wie etwas Wünschenswertes.
    Ergebnisse und Stimmungen nach dem Ampel-Krach
    ZDF-Reporterin Nicole Diekmann berichtet über die Beschlüsse des Koalitionsausschusses 29.03.2023 | 4:31 min
    Deutschland solle modernisiert werden, Infrastrukturprojekte sollten schneller vorankommen, die erneuerbaren Energien zügiger ausgebaut werden. Damit löse sich die Koalition von ihrer Agenda des vergangenen Jahres, mit den Folgen des russischen Kriegs in der Ukraine klarzukommen und wende den Blick nach vorn. Grünen-Chefin Ricarda Lang versprach, die Ampel gehe jetzt Strukturreformen an, "um dieses Land voranzubringen".

    Deutliche Stärkung der Bahn

    Die Ampel will "erhebliche Mittel" in die Modernisierung und Erweiterung des Schienennetzes stecken. Bei der Deutschen Bahn gebe es einen Investitionsbedarf bis 2027 von rund 45 Milliarden Euro.
    Dieser soll unter anderem durch Einnahmen aus der Lkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen gedeckt werden. Bereits im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP eine Reform der Lkw-Maut vereinbart, deren Einnahmen bisher nur in Fernstraßen gehen.
    Bei der Nutzungsgebühr soll nun zum 1. Januar 2024 ein CO2-Aufschlag von 200 Euro je Tonne eingeführt werden. Für Bahn-Vielfahrer soll das 49-Euro-Ticket ohne Aufpreis in die Bahncard 100 integriert werden, so dass diese in allen Städten auch für den Nahverkehr genutzt werden kann.

    Schnellerer Ausbau auch von Autobahnen

    Darüber hatte die Koalition zuvor heftig gestritten: Die FDP wollte nicht nur Bahnstrecken, sondern auch Autobahnen schneller ausbauen, um Staus bei mehr Güterverkehr zu verhindern. Nun soll eine eng begrenzte Zahl von besonders wichtigen Autobahn-Projekten eine Sonderstellung bekommen. Das soll diese Projekte beschleunigen, unter anderem durch nicht weniger aufwendige Umweltschutzprüfungen. Lindner sprach von 144 Projekten.
    Die FDP habe sich bei den Verhandlungen in großen Teilen durchgesetzt, sagt Hauptstadt-Korrespondentin Nicole Diekmann. Es gebe aber auch klare Punkte für die Grünen.

    Heizungsaustausch soll gefördert werden

    Die Ampel-Koalition will den Einbau klimafreundlicherer Heizungen angehen - dabei soll es einen sozialen Ausgleich geben. "Man kann sagen: Niemand wird im Stich gelassen", betonte Lang. Details nannten die Koalitionäre zunächst nicht. Das Geld soll laut Lindner aus dem Klima- und Transformationsfonds, einem Geldtopf außerhalb des regulären Bundeshaushalts kommen. Heizungen, die derzeit fossile Energieträger nutzen, sollen laut Lindner weiter betrieben werden können, wenn sie mit klimafreundlichen Gasen betrieben werden.

    Paradigmenwechsel beim Naturschutz

    Bei Eingriffen in Natur und Landschaft, beispielsweise durch den Bau von Windrädern oder Straßen, soll künftig Geld als Kompensation gezahlt werden können. "Damit können die Vorhabenträger Infrastrukturprojekte einfacher und schneller planen", erklärte die Ampel. Über die Mittel sollen dann größere und zusammenhängendere Flächen gekauft werden, um eine Renaturierung und den Naturschutz zu stärken - ein Aspekt, den auch viele Umweltorganisationen für sinnvoll halten.

    Neuregelung bei Klimaschutzvorgaben

    Die Ampel will mehr Flexibilität bei der Erreichung der deutschen Klimaziele ermöglichen. Bisher wird der jährliche Ausstoß an Treibhausgasen für Wirtschaftsbereiche wie Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft sowie Abfallwirtschaft erhoben. Überschreitet ein Bereich die vereinbarte Jahresmenge, müssen die Ministerien sogenannte Sofortprogramme für mehr Klimaschutz vorlegen.

    Keine Haushaltswirkung

    Die Beschlüsse wirken sich laut Lindner nicht direkt auf den Bundeshaushalt für das kommende Jahr aus. So solle die Stärkung der Bahn-Infrastruktur über die Lkw-Maut finanziert werden und die Förderprogramme für Heizungen aus dem Klimafonds.
    Der Streit um den Etat für 2024 und die Folgejahre ist demnach noch nicht gelöst. Er sei beim Koalitionsausschuss nur kurz angerissen worden, sagte Lindner. Auch zur Finanzierung und Gestaltung der ab 2025 geplanten Kindergrundsicherung äußerten sich die Koalitionäre nicht. In dem Programm sollen staatliche Leistungen für Familien wie Kindergeld und Kinderzuschlag zusammengefasst werden. Umstritten ist, ob auch Sätze erhöht werden.
    Quelle: dpa

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