30 Jahre Eurotunnel: Welche Folgen hatte der Brexit?

    30 Jahre Eurotunnel:Englands Nabelschnur zur EU

    Wolf-Christian Ulrich
    von Wolf-Christian Ulrich
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    Der Eurotunnel ist ein Friedensprojekt, aber auch die wirtschaftliche Verbindung zwischen Großbritannien und der EU. Doch seit dem Brexit ist weniger los im Unterwasser-Tunnel.

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    Einst war er Symbol der europäischen Integration: der Eurotunnel.06.05.2024 | 1:16 min
    Heute vor 30 Jahren wurde der Eurotunnel eröffnet. Er sollte den Handel zwischen Großbritannien und dem europäischen Festland einfacher und schneller machen. Pünktlich zum 30. Jahrestag der Einweihung hat die britische Regierung neue Importregeln in Kraft gesetzt, die den Warentransport Zeit und Geld kosten: Lebensmittel und Pflanzen vom Kontinent kosten in Großbritannien jetzt oft mehr, vor allem in kleinen Geschäften.

    Tunnel der Herzen

    Der Eurotunnel ist aber nicht nur Wirtschaftsader, sondern für viele Reisende auch unglaublich praktisch, wenn nicht gar eine Herzensangelegenheit. Ohne den Eurotunnel hätte es zum Beispiel die Liebe zwischen Bryony Hoskins und ihren Ehemann Antoine nicht gegeben: Sie trafen sich, weil er Ingenieur beim Eurostar-Zug war. Jetzt führen sie eine Pendel-Ehe zwischen London und Paris. Zwei Stunden und 20 Minuten von Herz zu Herz.
    "Ich erinnere mich noch, wie sich die Queen und Präsident Mitterand getroffen hatten," sagt Antoine über den 6. Mai 1994. "Das war eine große Sache!" An jenem trüben 6. Mai exakt vor 30 Jahren eröffneten die beiden Staatsoberhäupter den Eurotunnel zum Klang der Europahymne "Freude schöner Götterfunken".
    Fotomontage: Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson mit blauem Helm hängt an einem Seil über dem Ärmelkanal und hält britische Flaggen in den Händen, daneben ein das gelbe auslandsjournal-Logo
    Mit Lügen, Feindbildern und radikalen Ideen haben die Populisten die Briten vom Brexit überzeugt. Vier Jahre später ist die Bilanz in Großbritannien düster und das Volk gespalten. 30.01.2024 | 12:33 min

    Eurotunnel: Erste Pläne schon im 19. Jahrhundert

    Erste Pläne für einen Tunnel gab es bereits im 19. Jahrhundert: Mit der Kutsche unter dem Ärmelkanal, so die Idee. Historikerin Alison Carrol hat diese Pläne alle studiert. Es gab durchaus nicht nur technische Bedenken, sagt sie. "Von britischer Seite gab es da Vorbehalte. Man fürchtete das Risiko einer Invasion durch den Tunnel. Aber auch, die britische Lebensart zu verlieren. Die Franzosen hatten solche Sorgen nicht."

    Die Diskussion über diese Pläne war auch eine Diskussion über die Beziehungen zwischen Großbritannien und Europa, fast wie eine Therapie!

    Alison Carrol, Historikerin Brunel University

    Ende der 1980er nimmt das Meisterwerk der Ingenieure Gestalt an: 14.000 Arbeiter bauen den bis dahin längsten Untersee-Tunnel der Welt. Der hilft dem Handel - bis heute durchqueren ihn täglich 3.353 Lkw. Wegen des Brexit weniger als früher.
    König Charles III.
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    Brexit hat Folgen auch im Eurotunnel

    Seit Brexit und Corona reisen auch weniger Menschen mit dem Eurostar-Zug - und die brauchen mehr Geduld. "Na es braucht jetzt ein bisschen mehr Zeit für die Pass- und die Zollkontrolle, aber sonst geht es schnell," berichtet der regelmäßige Eurostar-Passagier Antoine André.
    Die Betreiberfirma Getlink zählte 2023 knapp elf Millionen Zugpassagiere - etwa halb so viele wie noch 2019. Und dennoch berichtet auch das britische Fernsehen an diesem 6. Mai über die feierliche Eröffnung vor 30 Jahren. Auch heute regnet es mal wieder im Süden des Landes. Und für viele Briten ist der Tunnel nicht nur der schnelle Weg zum Geschäftstermin - sondern auch das Tor zu sonnigeren Gefilden.
    Wolf-Christian Ulrich ist Korrespondent im Studio London.

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