Interview
Wahlkommission:Georgien: Stimmen werden teils neu ausgezählt
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Zehntausende haben am Montag gegen den Ausgang der Wahl in Georgien demonstriert. Die Wahlkommission lässt nun die Stimmzettel in mehreren Wahllokalen neu auszählen.
Nach dem umstrittenen Ausgang der Parlamentswahl in Georgien hat die zentrale Wahlkommission angekündigt, die Stimmzettel in mehreren Wahllokalen neu auszählen lassen zu wollen. Die erneute Auszählung soll nach ZDF-Informationen bereits heute stattfinden.
Die Behörde werde eine Neuauszählung der Stimmzettel "in fünf zufällig ausgewählten Wahllokalen in jedem Wahlbezirk vornehmen", hieß es in einer Erklärung. Darüber hinaus bittet die Wahlkommission die georgische Staatsanwaltschaft um eine Überprüfung der Aussagen über Wahlbetrug.
Präsidentin fordert internationale Überprüfung
Die pro-europäische Opposition hatte der Regierungspartei nach der Wahl am Wochenende Betrug vorgeworfen. Am Montagabend waren zehntausende Menschen zu Protesten gegen das offizielle Wahlergebnis auf die Straße gegangen.
Die georgische Präsidentin Salome Surabischwili, die der Opposition nahesteht, äußerte ebenfalls heftige Kritik: "Diese Wahl wurde gestohlen." Von der Wahlkommission und deren Ankündigung, das Ergebnis teilweise neu auszuzählen, erwarte sie nichts. Diese sei voreingenommen und fest in den Händen der Regierungspartei. International könne aber starker Druck auf die Behörden ausgeübt werden, einer umfassenden Überprüfung der Ergebnisse zuzustimmen.
ZDF-Reporter: Wirkt wie "Schachzug der offiziellen Wahlkommission"
Die erneute Auszählung der Stimmzettel wirke "auf den ersten Blick wie ein Schachzug der offiziellen Wahlkommission, um den Vorwürfen der Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen", erklärt ZDF-Reporter Felix Klauser in Tiflis.
Denn der Vorwurf der pro-europäischen Präsidentin und Opposition beziehe sich gar nicht darauf, dass es bei der Auszählung selbst zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Vielmehr werde beklagt, dass schon im Vorfeld der eigentlichen Stimmabgabe Einfluss genommen wurde. Beispielsweise seien Wähler unter Druck gesetzt und Stimmen gekauft worden.
Es erscheint daher fraglich, dass es bei der neuen Auszählung tatsächlich zu einem neuen Wahlergebnis kommt. All das könnte der Regierungspartei Georgischer Traum durchaus in die Karten spielen.
Felix Klauser, ZDF-Reporter
ZDF-Korrespondent Armin Coerper ergänzt: "Die Regierung kann damit behaupten, dass sie auch die aus Brüssel angemahnte Aufklärung ernst nimmt." Besonders Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn, spiele das in die Hände:
Sein Unterstützungsbesuch wurde sowohl von den EU-Vertretern als auch von der georgischen Opposition kritisiert. Heute kann Orban nach Brüssel Vollzug vermelden: Seht her, ich habe die Regierung zum Einlenken gebracht.
Armin Coerper, ZDF-Korrespondent
Nach der Wahl vom vergangenen Samstag hatte die Wahlleitung die Regierungspartei Georgischer Traum mit einer Mehrheit von knapp 54 Prozent zur Siegerin erklärt.
Quelle: dpa
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Quelle: AFP, dpa
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